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Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit

Von Published On: 30. Juli 2015Kategorien: Allgemein

Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“, heißt es. Diese Floskel soll verdeutlichen, dass im Krieg die Lüge ein wesentliches tool ist, dass Krieg ohne Propaganda, ohne Gehirnwäsche nicht möglich ist. Krieg und Wahrheit sind inkompatibel.

Doch die Aussage stimmt so nicht ganz. Denn die Wahrheit stirbt bereits lange Zeit vor dem Krieg. Ihr Ableben ist Vorraussetzung, dass Krieg überhaupt erst gedacht werden kann. Noch bevor der erste Schuss abgefeuert wird, der erste Springerstiefel feindlichen Boden betritt, liegt die Wahrheit lange schon in Stücken, missbraucht, vollkommen impotent.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs basiert jeder vom US-Imperium geführte Krieg auf Lügen. Die „Mutter aller Lügen“, die als rahmendes Grundgerüst alle anderen gebiert, ist die allumfassende, die alles rechtfertigende Lüge: Der Kampf Gut gegen Böse.

„Entweder seid Ihr mit uns, oder mit den Terroristen.“

Es ist die Geschichte vom USA-geführten Westen als Leuchtfeuer der Freiheit und Demokratie, der sein strahlendes Licht über das Dunkelreich der grausamen Despoten wirft.

Im Vorfeld des Krieges muss stets ein Feindbild kreiert werden. Die Welt muss durch das Schwarz-Weiß-Raster gepresst werden. Der Staatenführer, der den eigenen Interessen zuwiderläuft, muss dämonisiert, zur Inkarnation des Bösen erklärt werden. Ihm muss seine Menschlichkeit abgesprochen werden, sein bloßes Mensch-Sein. Daraufhin fällt es wesentlich leichter, ihn zu töten.

Die Abertausenden Unschuldigen, die zwangsläufig mit ihm in den Tod gehen, werden daraufhin ebenfalls verdinglicht. Sie werden zu gesichtslosem Kollateralschaden degradiert – zu bedauern, ja, aber die Sache dennoch wert.

Es sind die vielzitierten Frauen, Kinder und Alten, zu deren Schutz der Krieg angeblich erst geführt wurde. Im Vorfeld sind sie geheuchelte Rechtfertigung, im Anschluss werden sie zur bloßen Statistik entwürdigt.

Vor jedem Krieg wird uns versichert, er sei das letzte Mittel, alle diplomatischen Möglichkeiten zur Konfliktlösung seien ausgeschöpft. Um der Barbarei Einhalt zu gebieten, müsse zum Krieg als ultimative „Lösung“ gegriffen werden. Das Gute hat die moralische Verpflichtung, gegen das Böse anzutreten. Wir müssen töten, um das Leben zu schützen. Angriff wird zur Selbstverteidigung, Minus wird zu Plus.

Was aber bringt uns jedes Mal aufs Neue dazu, diese Geschichten zu glauben?

Was bringt den in uns schlummernden Pazifisten dazu, den Mord an unschuldigen Zivilisten als notwendiges Übel in Kauf zu nehmen?

Was treibt uns immer wieder in die mörderische Komplizenschaft hinein, lässt uns zur moralischen Legitimation werden, zum Alibi?

Ein US-Schiff unter Beschuss

Eine Sommernacht am 4. August 1964 im Golf von Tonkin. Der Zerstörer USS Maddox patroulliert vor der nordvietnamesischen Küste. In Vietnam wütet ein Bürgerkrieg, der kommunistische Norden kämpft gegen den US-affinen Süden. Washington beobachtet das Treiben genau, denn nach Kalter Krieg-Paranoialogik darf kein weiteres Land dem Kommunismus zufallen und so eine mögliche Kettenreaktion auslösen (Domino-Theorie).

Plötzlich fallen Schüsse, die USS Maddox wird von feindlichen, nordvietnamesischen Torpedo-Booten unter Beschuss genommen. Als die Nachricht vom Angriff auf das US-Schiff die Führung im Weißen Haus erreicht, stürzen sich umgehend die Falken darauf: auf einen solchen Vorwand haben sie nur gewartet. Fünf Stunden später steigen US-Bomber auf.

Zwei Tage dauert es, bis Präsident Johnson die geschichtsträchtige Tonkin-Resolution durch den Kongress peitscht und die USA in den Krieg einsteigt. Ohne formale Kriegserklärung beginnt das US-Militär mit der Bombardierung Nordvietnams und mit der Entsendung von insgesamt mehr als einer halben Million Soldaten. Elf Jahre blutiger Krieg folgen.

Wir alle kennen die Bilder. US-Flugzeuge sprühen Agent Orange und werfen Napalm-Bomben, der vietnamesische Dschungel wird zum Inferno. Fotos von verbrannten Leichen gehen um die Welt. Am Ende sterben 58 Tausend US-Soldaten und bis zu 5 Millionen Vietnamesen, die Mehrheit wie sooft Zivilisten.

Der Angriff der Nordvietnamesen auf das Kriegsschiff USS Maddox war der Auslöser für diesen Krieg, auf ihm beruhen elf lange Jahre Massaker an der Zivilbevölkerung. Das Problem ist nur: er hat nie stattgefunden.

Es gab am 4. August keinen Angriff auf die USS Maddox. Es waren übereifrige Soldaten am Sonar, die Wind und Wellen als Torpedoangriffe missinterpretierten. Die Generäle wussten um die Falschmeldung, die Geheimdienste auch, Präsident Johnson mit ziemlich hoher Sicherheit ebenfalls, was ihn aber nicht davon abhielt, den „Angriff“ auf die Maddox vor Fernsehkameras wieder und wieder vorzubringen.

„You can no more win a war than you can win an earthquake.“
Jeanette Rankin

2003 bestätigt Robert McNamara – Außenminister unter Johnson und Kennedy – die schon lange kursierenden Mutmaßungen, 2005 schließlich kommen mit der Veröffentlichung von zuvor geheimen NSA-Dokumenten die finalen Beweise: der US-Eintritt in den Vietnamkrieg basiert auf Lügen, der Golf von Tonkin-Zwischenfall fand niemals statt. Die US-Führung hatte lediglich nach einem Vorwand gesucht, um den lange vorher geplanten und beschlossenen Kriegseintritt zu rechtfertigen. Militärs geben sogar offen zu, dass die Maddox einzig zur Provokation in den Golf von Tonkin entsandt wurde.

Die USA haben den Krieg in Vietnam verloren, er war eine einzige Blamage für Uncle Sam. „Vietnam“ wurde zum geflügelten Wort für die Niederlage einer Übermacht gegen einen vermeintlich schwachen Feind.

Doch haben die Vietnamesen den Krieg wirklich gewonnen?

Angesichts der Millionen von Toten – ein Achtel der vietnamesischen Bevölkerung wurde ermordet – kann kaum von einem Sieg gesprochen werden. Ebensowenig, wenn wir uns die Folgeschäden des Krieges vergegenwärtigen:

Die USA haben 76,000,000 Liter Chemikalien auf Vietnam niederregnen lassen (Agent Orange) und damit Vegetation und Menschenleben vernichtet. Das im Agent Orange enthaltene Dioxin ist fetotoxisch und ist damit für schwerste Missbildungen bei Neugeborenen verantwortlich.

Japanische und vietnamesische Wissenschaftler haben kürzlich nachgewiesen, dass auch 40 Jahre nach Kriegsende alarmierend hohe Dioxin-Konzentrationen in der Landschaft Vietnams nachweisbar sind. Dioxin bioakkumuliert und ist persistent, soll heißen: ist es einmal aufgenommen, bleibt es über Jahrzehnte im Körper der Opfer und schädigt ihr Erbgut.

Die Folge ist eine noch immer täglich anwachsende Zahl Hunderttausender missgebildeter Kinder, im Stich gelassen und verhöhnt von der US-Justiz. Die Schreibtischtäter im Pentagon und im Weißen Haus haben ein auf Jahrzehnte traumatisiertes Land, eine ethisch-menschliche Katastrophe zu verantworten. In jeder Bedeutung des Wortes sind sie Kriegsverbrecher, denn sie befehligten den größten Einsatz von Massenvernichtungswaffen seit Hiroshima und Nagasaki und den größten Einsatz von Chemiewaffen in der Menschheitsgeschichte.

Der Vietnamkrieg ist ein Schand­fleck dieser Menschheitsgeschichte. Und es war eine Lüge, ein Paradebeispiel für Kriegspropaganda, die den Weg ebnen sollte für dieses beispiellose Verbrechen an der Menschheit.

Ein weinendes Mädchen

Saddam Hussein war ein Menschenschlächter, ohne Zweifel. Das hielt die USA jedoch nicht davon ab, sich ihn in den 80er Jahren als engen Verbündeten zu halten. Saddams Irak war zu der Zeit in einem blutigen Krieg gegen den Iran verwickelt. Der Iran wiederum war seit der Revolution ’79 der Erzfeind der USA. Grund genug also, Saddams Irak massiv zu pushen.

Zum Ende des Iran-Irak-Krieges hat Saddam 4,000 kurdische Dörfer im Nordirak bombardiert und dabei 180,000 Kurden mit Giftgas ermordet. Die US-Regierung deckte Saddam bei diesen Massakern und schob dem Iran die Schuld dafür zu. Die Anlagen und Chemikalien zur Herstellung dieser Massenvernichtungswaffen kamen nebenbei bemerkt zum größten Teil von deutschen Konzernen – vier Jahrzehnte nach Hitler ist Deutschland wieder verantwortlich für Genozid und Massenmord…

 

In den 1980er Jahren war Saddam Hussein enger Verbündeter der USA. Hier beim Handshake mit Donald Rumsfeld.

Im Sommer ’88 wurde der Krieg gegen den Iran beendet. Zwei Jahre später überfiel Saddam dann seinen kleinen Nachbarn Kuwait und besetzte das Land. Kuwait ist anders als der Iran ein Verbündeter der USA. Was bedeutet, dass die USA Saddam zwar dabei unterstützen konnten, Hunderttausende Kurden und Schiiten zu vergasen, wenn er aber auf eigene Faust die verbündete Öl-Monarchie Kuwait besetzt, ist das inakzeptabel.

Washington musste verhindern, dass das ölreiche Land unter irakische Kontrolle kommt. Krieg gegen Saddam zu führen, lässt sich vor der Bevölkerung allerdings nur schwer vermitteln – jahrelang war er Amerikas enger Verbündeter.

Auch führende US-Generäle ahnten, dass der geplante Kriegseintritt lediglich der Absicherung von Ölinteressen diente und weigerten sich, US-Soldaten aus Profitgier in den Kampf gegen Saddam zu schicken.

 

Doch dann kam Nayirah. Nayirah ist ein 15-jähriges kuwaitisches Mädchen, das zur Zeit von Saddams Einmarsch in Kuwait City als Freiwillige im städtischen Krankenhaus arbeitete. Sie sagt vor dem Menschenrechtsausschuss des US-Kongress aus.

Unter Tränen berichtet sie, dass sie mit ihren eigenen Augen ansehen musste, wie irakische Soldaten ins Krankenhaus stürmten, Babys aus ihren Brutkästen rissen und auf dem kalten Boden sterben ließen.

Die Aussage eines Mädchens, das unter Tränen vom brutalen Kindermord berichtet, ist der Dolch im Rücken eines jeden Pazifisten. Wer sich jetzt noch immer gegen einen Einmarsch ausspricht, ist ein Unmensch und sein Herz ist genauso kalt wie die Kacheln, auf denen die kuwaitischen Babys starben.

Nayirahs Aussage wurde ins globale Bewusstsein gebracht. George Bush sen. erwähnte die brutale Geschichte in den kommenden Wochen wieder und wieder, sieben weitere US-Senatoren griffen sie ebenfalls auf und rührten die Kriegstrommel.

Die mediale Dauerpräsenz des barbarischen Kindermörders Saddam trägt auch bald ihre Früchte. Die Bevölkerung ist angefixt, schreit nach Vergeltung, der Kongress stimmt ab, die USA ziehen in den Krieg.

Zigtausende Menschen sterben. Der Irak wird verwüstet. Wie in Vietnam setzen die USA auch im Irak Massenvernichtungswaffen ein. Insgesamt werden 320 Tonnen radioaktive Uranmunition abgeworfen. Und genau wie in Vietnam kommen durch Spätfolgen dieser Kriegsverbrechen Hunderttausende Kinder mit schlimmsten Missbildungen zur Welt – erneut ein zum Himmel schreiendes Unrecht!

(Frieder Wagners preisgekrönte Doku über Uranmunition, Deadly Dust, ist Pflichtmaterial zum Thema US-Kriegsverbrechen.)

Nach Kriegsende stellte sich heraus, dass Nayirahs Aussage frei erfunden war. Saddams Truppen rissen keine Babys aus Brutkästen. Es gab sie nicht, die Hunderten von toten Neugeborenen. Das weinende Mädchen hat nie als Krankenschwester gearbeitet. Alles war gelogen.

Eine Sache entsprach dann aber doch der Wahrheit: Nayirah ist Kuwaiterin. Und nicht nur „irgendeine“ Kuwaiterin. Sie ist die Tochter des damaligen kuwaitischen Botschafters in den USA. Der hat 10 Millionen Dollar in die PR-Firma Hill&Knowlton investiert, um der US-amerikanischen Bevölkerung einen Krieg zur Verteidigung Kuwaits schmackhaft zu machen.

Angesichts der 52 Milliarden Dollar an Reparationen, die der Irak bis heute an Kuwait abstottert, sind die 10 Millionen ein mehr als rentables Investment gewesen.

Erneut war es eine dreiste Lüge, die die USA in den Krieg führten. Ein weinendes Mädchen hat eine ganze Nation verführt und erneut zum Massenmörder werden lassen.

Nayirahs Aussage ging als Brutkastenlüge in die Geschichtsbücher ein und ist eines der Glanzstücke moderner Kriegspropaganda.

Auf der Suche nach Massenvernichtungswaffen

Der Golfkrieg ist vorbei, Saddam lebt. 10 Jahre lang ist er uninteressant für die USA, doch dann macht er eine fatale Entscheidung: er will sein Land vom Dollar-Monopol lösen und irakisches Öl künftig in Euro handeln – sein Todesurteil.

Die Falken im Pentagon planen daher erneut einen Überfall auf den Irak. Und erneut muss ein Grund her, denn kein Soldat würde mehr für billiges Öl in den Krieg ziehen. Die Brutkastenlüge ist aufgedeckt. Washington setzt dieses Mal nicht auf eine emotionale Geschichte, sondern auf harte Fakten, nicht auf ein weinendes Mädchen, sondern auf den Außenminister der Vereingten Staaten.

Am 5. Februar 2003 hielt Colin Powell seine historische Rede zum Bedrohungspotential von Saddam Husseins Irak im UN-Sicherheitsrat.

„Meine sehr geehrten Kollegen, jede Aussage, die ich heute treffe, ist durch Quellen gesichert, solide Quellen. Es sind keine bloßen Behauptungen. Jede Tatsache und jede Schlussfolgerung, die wir heute präsentieren, basieren auf solider Geheimdienstarbeit.“
Colin Powell

Mit diesen vertrauenerweckenden Worten beginnt Powell seinen 76-minütigen Powerpoint-Vortrag, in dem er der Welt seine wasserdichte Argumentation präsentiert, basierend auf einer Vielzahl von Beweisen, die alle nur einen Schluss zuließen: Saddam Hussein muss endgültig von der Weltbühne verschwinden.

 

Colin Powell präsentiert dem UN-Sicherheitsrat ein Fläschchen „Anthrax“.

Die Anschuldigung lautete, Saddam arbeite unentwegt an der Herstellung von biologischen, chemischen und auch nuklearen Massenvernichtungswaffen und stelle damit eine akute Bedrohung des Mittleren Ostens und der westlichen Welt dar.

Powell hämmerte diese Botschaft regelrecht ins globale Bewusstsein: das Wort „weapon“ verwendete er ganze 96 Mal, im Schnitt alle 47 Sekunden. Die diffuse Angst vor Massenvernichtungswaffen wurde seitdem in Dauerschleife in die westlichen Wohnzimmer gebracht.

Die Beweise, die Powell ins Feld führte, waren ein paar nichtssagende Satelittenaufnahmen, abgehörte Telefonate, selbstgebastelte Graphiken von Bombenküchen versteckt in LKWs und ein kleines Fläschchen Anthrax, das er bei sich hatte. Das dazugehörige Foto ging um die Welt.

Das Fläschchen war eine gekonnt platzierte Requisite. Es versteht sich von selbst, dass sich in dem Röhrchen maximal Backpulver befunden haben konnte und Powell kein Anthrax in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mitgebracht hat. Im richtigen Zeitpunkt photographiert und weltweit auf Seite 1 der Zeitungen gesetzt kann ein harmloses Fläschchen allerdings zur gefährlichsten Waffe im Kampf der Bilder werden. Es schüchtert ein, schürt Ängste und vergiftet so das Urteilsvermögen.

Heute wissen wir, dass alles gelogen war. 76 Minuten hat Powell der Welt ins Gesicht gelogen. Es gab sie nicht, die Massenvernichtungswaffen. Und die US-Geheimdienste wussten dies zur Zeit des Einmarschs. Dem Bush-Regime war das egal, es hielt an seinem vorgefertigten Plan zum Überfall auf den Irak fest. Powell’s Rede an die Welt diente einzig und allein dem Marketing dieses Krieges.

Ein kleines Röhrchen mit weiß-gelbem Pulver war ausschlaggebend dafür, dass die Welt tatenlos zusah, wie Bush und Blair in einem illegalen Angriffskrieg den Irak überfielen und den Tod von Hunderttausenden Zivilisten verursachten. Das geschaffene Chaos war der Nährboden für den Aufstieg des Islamischen Staats (IS). Bush und Blair sind damit für die verheerende Lage im Irak von heute unmittelbar verantwortlich, wie der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan in einem Interview mit Russia Today analysiert.

Es macht keinen Unterschied, dass Powell die Lüge später eingeräumt hat. Er ist und bleibt verantwortlich für das Elend, das die USA über den Irak gebracht hat. Seine Lügen haben den Weg zum Massenmord an der irakischen Zivilbevölkerung geebnet. Er ist ein Kriegsverbrecher und gehört als solcher angeklagt, verurteilt und ein Leben lang hinter Gitter.

Aus der Vergangenheit lernen

Die drei beschriebenen Beispiele sind historisch belegte Lügen der USA, um mit ihrer Hilfe ein militärisches Eingreifen zu rechtfertigen:

1964 der Zwischenfall im Golf von Tonkin, Vietnamkrieg

1990 die Brutkastenlüge, Zweiter Golfkrieg

2003 die Lüge über Massenvernichtugnswaffen, Irakkrieg

Diese nachgewiesenen Kriegslügen sollten uns lehren, bei jeder Rechtfertigung für einen Kriegseintritt höchst skeptisch zu sein und die zugrundeliegende Argumentation mehr als kritisch zu beäugen. Notorischen Lügnern blind zu vertrauen, ist wenig ratsam. Das zählt im Privaten, umso mehr sollte es beim Kriegstreiber #1 zählen, der US-Regierung.

Wir finden uns aktuell erneut auf vielen Kriegsschauplätzen wieder, bei denen wir höchstwahrscheinlich wissentlich belogen wurden, um Kriegspolitik zu rechtfertigen. Die Indizienlage wird zusehends erdrückender, es fehlen noch die ultimativen Beweise. Eine Auswahl:

2013 kamen bei einem Angriff mit dem Nervengas Sarin mehr als 1,400 Zivilisten im syrischen Bürgerkrieg qualvoll ums Leben. Die verstörenden Bilder gingen um die Welt. Schnell war der US-Regierung klar, dass Präsident Assad die Angriffe befohlen hat. Präsident Obama rechtfertigte so ein verstärktes Eingreifen des US-Militärs im Versuch, Assad zu stürzen.

Dass Washington auch hier gelogen hat, steht so gut wie fest. Eine Vielzahl der Indizien deutet darauf hin, dass es nicht Assads Truppen, sondern die Oppposition war, die das Sarin eingesetzt hat.

Im Juli 2014 wird die malaysische Passagiermaschine MH17 beschossen und stürzt über der Ukraine ab. Alle 298 Insassen sterben. Der Täter ist auch hier schnell ausgemacht: Putin war es!

MH17 war die Rechtfertigung für ein verstärktes Eingreifen des Westens in den ukrainischen Bürgerkrieg und außerdem für massive Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland. Beweise für Putins Täterschaft wurden nie vorgelegt. Auch hier deutet vieles darauf hin, dass esukrainische Kräfte selbst waren, die die Maschine vom Himmel holten.

 

Der immer mehr zum Kriegspropagandablatt mutierende SPIEGEL benötigt keine Beweise zur Aufklärung von Verbrechen, solange die mutmaßlichen Täter sein kleinkariertes Weltbild widerspiegeln.

9/11 will ich an dieser Stelle gar nicht anreißen. Wer auch immer für den Einsturz der Türme verantwortlich war, wir wissen es nicht. Fest steht jedoch, dass die offizielle Geschichte der Bush-Administration durchsetzt ist von Lügen. 9/11 ist seit 14 Jahren die Rechtfertigung für so ziemlich jedes Kapitalverbrechen der US-Regierung, innen- wie außenpolitisch. 9/11 muss neu aufgerollt werden.

Politiker, die vom Krieg erzählen, lügen.

Kriegslügen sind kein Selbstzweck. Sie verführen uns jedes Mal aufs Neue und bringen den Pazifisten in uns zum Schweigen. Zum Selbstschutz gegenüber Kriegspropaganda, zur Immunisierung, sollte der Fokus nicht allein auf der Verwerflichkeit des Lügners und seinen niederträchtigen Beweggründen verharren, sondern vor allem auf das menschliche Elend gelegt werden, das die Lügen produzieren.

Es sind die Hunderttausenden vom Agent Orange missgebildeten Kinder in Vietnam, die Hunderttausenden von radioaktiver Uranmunition missgebildeten Kinder im Irak und Bosnien, es sind die Abermillionen Kriegswaisen überall auf der Welt, Länder, in denen komplett traumatisierte Generationen heranwachsen, es sind die barbarischsten Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen das Leben an sich – und an deren Anfang steht jedes Mal die Lüge.

Wenn Politiker Krieg als Alternativlosigkeit verkaufen, beschreiben sie damit keine reale Gegebenheit, sie offenbaren nichts als ihre eigene geistige Beschränktheit. Denn sie sind nicht im Stande, in Alternativen zu denken.

Der beste Freund des Kriegstreibers ist die Zeit, denn sie lässt uns vergessen. Politiker können sich des verkümmerten historischen Bewusstseins ihrer Untergebenen sicher sein. Irgendwann kommt ihre Lüge ans Tageslicht, ja, doch bis dahin? Der Schaden ist längst angerichtet, die Toten lange begraben, die nächste Lüge ist schon wieder in Planung, denn die letzte ist längst vergessen.

Was nützt also die Arbeit der Historiker? Es wird keine Verbindung zwischen dem von ihnen geschaffenen historischen Wissen und der Gegenwart hergestellt. Geschichte ist und bleibt eben allzu oft leider genau das – Geschichte. Wenn aus der Vergangenheit keine Handlungsanweisung für die Gegenwart und keine dringliche Warnung für die Zukunft wird, verpufft ihre Wirkung, so als wäre sie nie dagewesen.

Durch das Vergessen all der Kriegstoten werden sie herabgewürdigt zu einem vernachlässigbaren Detail im Laufe der Geschichte. Sie sollten vielmehr eine Mahnung sein, uns den Spiegel vorhalten, uns gegen die Lüge immunisieren, unseren Blick schärfen.

Politiker, die vom Krieg erzählen, lügen. Jedes Mal.

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Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit

Von Published On: 30. Juli 2015Kategorien: Allgemein

Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“, heißt es. Diese Floskel soll verdeutlichen, dass im Krieg die Lüge ein wesentliches tool ist, dass Krieg ohne Propaganda, ohne Gehirnwäsche nicht möglich ist. Krieg und Wahrheit sind inkompatibel.

Doch die Aussage stimmt so nicht ganz. Denn die Wahrheit stirbt bereits lange Zeit vor dem Krieg. Ihr Ableben ist Vorraussetzung, dass Krieg überhaupt erst gedacht werden kann. Noch bevor der erste Schuss abgefeuert wird, der erste Springerstiefel feindlichen Boden betritt, liegt die Wahrheit lange schon in Stücken, missbraucht, vollkommen impotent.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs basiert jeder vom US-Imperium geführte Krieg auf Lügen. Die „Mutter aller Lügen“, die als rahmendes Grundgerüst alle anderen gebiert, ist die allumfassende, die alles rechtfertigende Lüge: Der Kampf Gut gegen Böse.

„Entweder seid Ihr mit uns, oder mit den Terroristen.“

Es ist die Geschichte vom USA-geführten Westen als Leuchtfeuer der Freiheit und Demokratie, der sein strahlendes Licht über das Dunkelreich der grausamen Despoten wirft.

Im Vorfeld des Krieges muss stets ein Feindbild kreiert werden. Die Welt muss durch das Schwarz-Weiß-Raster gepresst werden. Der Staatenführer, der den eigenen Interessen zuwiderläuft, muss dämonisiert, zur Inkarnation des Bösen erklärt werden. Ihm muss seine Menschlichkeit abgesprochen werden, sein bloßes Mensch-Sein. Daraufhin fällt es wesentlich leichter, ihn zu töten.

Die Abertausenden Unschuldigen, die zwangsläufig mit ihm in den Tod gehen, werden daraufhin ebenfalls verdinglicht. Sie werden zu gesichtslosem Kollateralschaden degradiert – zu bedauern, ja, aber die Sache dennoch wert.

Es sind die vielzitierten Frauen, Kinder und Alten, zu deren Schutz der Krieg angeblich erst geführt wurde. Im Vorfeld sind sie geheuchelte Rechtfertigung, im Anschluss werden sie zur bloßen Statistik entwürdigt.

Vor jedem Krieg wird uns versichert, er sei das letzte Mittel, alle diplomatischen Möglichkeiten zur Konfliktlösung seien ausgeschöpft. Um der Barbarei Einhalt zu gebieten, müsse zum Krieg als ultimative „Lösung“ gegriffen werden. Das Gute hat die moralische Verpflichtung, gegen das Böse anzutreten. Wir müssen töten, um das Leben zu schützen. Angriff wird zur Selbstverteidigung, Minus wird zu Plus.

Was aber bringt uns jedes Mal aufs Neue dazu, diese Geschichten zu glauben?

Was bringt den in uns schlummernden Pazifisten dazu, den Mord an unschuldigen Zivilisten als notwendiges Übel in Kauf zu nehmen?

Was treibt uns immer wieder in die mörderische Komplizenschaft hinein, lässt uns zur moralischen Legitimation werden, zum Alibi?

Ein US-Schiff unter Beschuss

Eine Sommernacht am 4. August 1964 im Golf von Tonkin. Der Zerstörer USS Maddox patroulliert vor der nordvietnamesischen Küste. In Vietnam wütet ein Bürgerkrieg, der kommunistische Norden kämpft gegen den US-affinen Süden. Washington beobachtet das Treiben genau, denn nach Kalter Krieg-Paranoialogik darf kein weiteres Land dem Kommunismus zufallen und so eine mögliche Kettenreaktion auslösen (Domino-Theorie).

Plötzlich fallen Schüsse, die USS Maddox wird von feindlichen, nordvietnamesischen Torpedo-Booten unter Beschuss genommen. Als die Nachricht vom Angriff auf das US-Schiff die Führung im Weißen Haus erreicht, stürzen sich umgehend die Falken darauf: auf einen solchen Vorwand haben sie nur gewartet. Fünf Stunden später steigen US-Bomber auf.

Zwei Tage dauert es, bis Präsident Johnson die geschichtsträchtige Tonkin-Resolution durch den Kongress peitscht und die USA in den Krieg einsteigt. Ohne formale Kriegserklärung beginnt das US-Militär mit der Bombardierung Nordvietnams und mit der Entsendung von insgesamt mehr als einer halben Million Soldaten. Elf Jahre blutiger Krieg folgen.

Wir alle kennen die Bilder. US-Flugzeuge sprühen Agent Orange und werfen Napalm-Bomben, der vietnamesische Dschungel wird zum Inferno. Fotos von verbrannten Leichen gehen um die Welt. Am Ende sterben 58 Tausend US-Soldaten und bis zu 5 Millionen Vietnamesen, die Mehrheit wie sooft Zivilisten.

Der Angriff der Nordvietnamesen auf das Kriegsschiff USS Maddox war der Auslöser für diesen Krieg, auf ihm beruhen elf lange Jahre Massaker an der Zivilbevölkerung. Das Problem ist nur: er hat nie stattgefunden.

Es gab am 4. August keinen Angriff auf die USS Maddox. Es waren übereifrige Soldaten am Sonar, die Wind und Wellen als Torpedoangriffe missinterpretierten. Die Generäle wussten um die Falschmeldung, die Geheimdienste auch, Präsident Johnson mit ziemlich hoher Sicherheit ebenfalls, was ihn aber nicht davon abhielt, den „Angriff“ auf die Maddox vor Fernsehkameras wieder und wieder vorzubringen.

„You can no more win a war than you can win an earthquake.“
Jeanette Rankin

2003 bestätigt Robert McNamara – Außenminister unter Johnson und Kennedy – die schon lange kursierenden Mutmaßungen, 2005 schließlich kommen mit der Veröffentlichung von zuvor geheimen NSA-Dokumenten die finalen Beweise: der US-Eintritt in den Vietnamkrieg basiert auf Lügen, der Golf von Tonkin-Zwischenfall fand niemals statt. Die US-Führung hatte lediglich nach einem Vorwand gesucht, um den lange vorher geplanten und beschlossenen Kriegseintritt zu rechtfertigen. Militärs geben sogar offen zu, dass die Maddox einzig zur Provokation in den Golf von Tonkin entsandt wurde.

Die USA haben den Krieg in Vietnam verloren, er war eine einzige Blamage für Uncle Sam. „Vietnam“ wurde zum geflügelten Wort für die Niederlage einer Übermacht gegen einen vermeintlich schwachen Feind.

Doch haben die Vietnamesen den Krieg wirklich gewonnen?

Angesichts der Millionen von Toten – ein Achtel der vietnamesischen Bevölkerung wurde ermordet – kann kaum von einem Sieg gesprochen werden. Ebensowenig, wenn wir uns die Folgeschäden des Krieges vergegenwärtigen:

Die USA haben 76,000,000 Liter Chemikalien auf Vietnam niederregnen lassen (Agent Orange) und damit Vegetation und Menschenleben vernichtet. Das im Agent Orange enthaltene Dioxin ist fetotoxisch und ist damit für schwerste Missbildungen bei Neugeborenen verantwortlich.

Japanische und vietnamesische Wissenschaftler haben kürzlich nachgewiesen, dass auch 40 Jahre nach Kriegsende alarmierend hohe Dioxin-Konzentrationen in der Landschaft Vietnams nachweisbar sind. Dioxin bioakkumuliert und ist persistent, soll heißen: ist es einmal aufgenommen, bleibt es über Jahrzehnte im Körper der Opfer und schädigt ihr Erbgut.

Die Folge ist eine noch immer täglich anwachsende Zahl Hunderttausender missgebildeter Kinder, im Stich gelassen und verhöhnt von der US-Justiz. Die Schreibtischtäter im Pentagon und im Weißen Haus haben ein auf Jahrzehnte traumatisiertes Land, eine ethisch-menschliche Katastrophe zu verantworten. In jeder Bedeutung des Wortes sind sie Kriegsverbrecher, denn sie befehligten den größten Einsatz von Massenvernichtungswaffen seit Hiroshima und Nagasaki und den größten Einsatz von Chemiewaffen in der Menschheitsgeschichte.

Der Vietnamkrieg ist ein Schand­fleck dieser Menschheitsgeschichte. Und es war eine Lüge, ein Paradebeispiel für Kriegspropaganda, die den Weg ebnen sollte für dieses beispiellose Verbrechen an der Menschheit.

Ein weinendes Mädchen

Saddam Hussein war ein Menschenschlächter, ohne Zweifel. Das hielt die USA jedoch nicht davon ab, sich ihn in den 80er Jahren als engen Verbündeten zu halten. Saddams Irak war zu der Zeit in einem blutigen Krieg gegen den Iran verwickelt. Der Iran wiederum war seit der Revolution ’79 der Erzfeind der USA. Grund genug also, Saddams Irak massiv zu pushen.

Zum Ende des Iran-Irak-Krieges hat Saddam 4,000 kurdische Dörfer im Nordirak bombardiert und dabei 180,000 Kurden mit Giftgas ermordet. Die US-Regierung deckte Saddam bei diesen Massakern und schob dem Iran die Schuld dafür zu. Die Anlagen und Chemikalien zur Herstellung dieser Massenvernichtungswaffen kamen nebenbei bemerkt zum größten Teil von deutschen Konzernen – vier Jahrzehnte nach Hitler ist Deutschland wieder verantwortlich für Genozid und Massenmord…

 

In den 1980er Jahren war Saddam Hussein enger Verbündeter der USA. Hier beim Handshake mit Donald Rumsfeld.

Im Sommer ’88 wurde der Krieg gegen den Iran beendet. Zwei Jahre später überfiel Saddam dann seinen kleinen Nachbarn Kuwait und besetzte das Land. Kuwait ist anders als der Iran ein Verbündeter der USA. Was bedeutet, dass die USA Saddam zwar dabei unterstützen konnten, Hunderttausende Kurden und Schiiten zu vergasen, wenn er aber auf eigene Faust die verbündete Öl-Monarchie Kuwait besetzt, ist das inakzeptabel.

Washington musste verhindern, dass das ölreiche Land unter irakische Kontrolle kommt. Krieg gegen Saddam zu führen, lässt sich vor der Bevölkerung allerdings nur schwer vermitteln – jahrelang war er Amerikas enger Verbündeter.

Auch führende US-Generäle ahnten, dass der geplante Kriegseintritt lediglich der Absicherung von Ölinteressen diente und weigerten sich, US-Soldaten aus Profitgier in den Kampf gegen Saddam zu schicken.

 

Doch dann kam Nayirah. Nayirah ist ein 15-jähriges kuwaitisches Mädchen, das zur Zeit von Saddams Einmarsch in Kuwait City als Freiwillige im städtischen Krankenhaus arbeitete. Sie sagt vor dem Menschenrechtsausschuss des US-Kongress aus.

Unter Tränen berichtet sie, dass sie mit ihren eigenen Augen ansehen musste, wie irakische Soldaten ins Krankenhaus stürmten, Babys aus ihren Brutkästen rissen und auf dem kalten Boden sterben ließen.

Die Aussage eines Mädchens, das unter Tränen vom brutalen Kindermord berichtet, ist der Dolch im Rücken eines jeden Pazifisten. Wer sich jetzt noch immer gegen einen Einmarsch ausspricht, ist ein Unmensch und sein Herz ist genauso kalt wie die Kacheln, auf denen die kuwaitischen Babys starben.

Nayirahs Aussage wurde ins globale Bewusstsein gebracht. George Bush sen. erwähnte die brutale Geschichte in den kommenden Wochen wieder und wieder, sieben weitere US-Senatoren griffen sie ebenfalls auf und rührten die Kriegstrommel.

Die mediale Dauerpräsenz des barbarischen Kindermörders Saddam trägt auch bald ihre Früchte. Die Bevölkerung ist angefixt, schreit nach Vergeltung, der Kongress stimmt ab, die USA ziehen in den Krieg.

Zigtausende Menschen sterben. Der Irak wird verwüstet. Wie in Vietnam setzen die USA auch im Irak Massenvernichtungswaffen ein. Insgesamt werden 320 Tonnen radioaktive Uranmunition abgeworfen. Und genau wie in Vietnam kommen durch Spätfolgen dieser Kriegsverbrechen Hunderttausende Kinder mit schlimmsten Missbildungen zur Welt – erneut ein zum Himmel schreiendes Unrecht!

(Frieder Wagners preisgekrönte Doku über Uranmunition, Deadly Dust, ist Pflichtmaterial zum Thema US-Kriegsverbrechen.)

Nach Kriegsende stellte sich heraus, dass Nayirahs Aussage frei erfunden war. Saddams Truppen rissen keine Babys aus Brutkästen. Es gab sie nicht, die Hunderten von toten Neugeborenen. Das weinende Mädchen hat nie als Krankenschwester gearbeitet. Alles war gelogen.

Eine Sache entsprach dann aber doch der Wahrheit: Nayirah ist Kuwaiterin. Und nicht nur „irgendeine“ Kuwaiterin. Sie ist die Tochter des damaligen kuwaitischen Botschafters in den USA. Der hat 10 Millionen Dollar in die PR-Firma Hill&Knowlton investiert, um der US-amerikanischen Bevölkerung einen Krieg zur Verteidigung Kuwaits schmackhaft zu machen.

Angesichts der 52 Milliarden Dollar an Reparationen, die der Irak bis heute an Kuwait abstottert, sind die 10 Millionen ein mehr als rentables Investment gewesen.

Erneut war es eine dreiste Lüge, die die USA in den Krieg führten. Ein weinendes Mädchen hat eine ganze Nation verführt und erneut zum Massenmörder werden lassen.

Nayirahs Aussage ging als Brutkastenlüge in die Geschichtsbücher ein und ist eines der Glanzstücke moderner Kriegspropaganda.

Auf der Suche nach Massenvernichtungswaffen

Der Golfkrieg ist vorbei, Saddam lebt. 10 Jahre lang ist er uninteressant für die USA, doch dann macht er eine fatale Entscheidung: er will sein Land vom Dollar-Monopol lösen und irakisches Öl künftig in Euro handeln – sein Todesurteil.

Die Falken im Pentagon planen daher erneut einen Überfall auf den Irak. Und erneut muss ein Grund her, denn kein Soldat würde mehr für billiges Öl in den Krieg ziehen. Die Brutkastenlüge ist aufgedeckt. Washington setzt dieses Mal nicht auf eine emotionale Geschichte, sondern auf harte Fakten, nicht auf ein weinendes Mädchen, sondern auf den Außenminister der Vereingten Staaten.

Am 5. Februar 2003 hielt Colin Powell seine historische Rede zum Bedrohungspotential von Saddam Husseins Irak im UN-Sicherheitsrat.

„Meine sehr geehrten Kollegen, jede Aussage, die ich heute treffe, ist durch Quellen gesichert, solide Quellen. Es sind keine bloßen Behauptungen. Jede Tatsache und jede Schlussfolgerung, die wir heute präsentieren, basieren auf solider Geheimdienstarbeit.“
Colin Powell

Mit diesen vertrauenerweckenden Worten beginnt Powell seinen 76-minütigen Powerpoint-Vortrag, in dem er der Welt seine wasserdichte Argumentation präsentiert, basierend auf einer Vielzahl von Beweisen, die alle nur einen Schluss zuließen: Saddam Hussein muss endgültig von der Weltbühne verschwinden.

 

Colin Powell präsentiert dem UN-Sicherheitsrat ein Fläschchen „Anthrax“.

Die Anschuldigung lautete, Saddam arbeite unentwegt an der Herstellung von biologischen, chemischen und auch nuklearen Massenvernichtungswaffen und stelle damit eine akute Bedrohung des Mittleren Ostens und der westlichen Welt dar.

Powell hämmerte diese Botschaft regelrecht ins globale Bewusstsein: das Wort „weapon“ verwendete er ganze 96 Mal, im Schnitt alle 47 Sekunden. Die diffuse Angst vor Massenvernichtungswaffen wurde seitdem in Dauerschleife in die westlichen Wohnzimmer gebracht.

Die Beweise, die Powell ins Feld führte, waren ein paar nichtssagende Satelittenaufnahmen, abgehörte Telefonate, selbstgebastelte Graphiken von Bombenküchen versteckt in LKWs und ein kleines Fläschchen Anthrax, das er bei sich hatte. Das dazugehörige Foto ging um die Welt.

Das Fläschchen war eine gekonnt platzierte Requisite. Es versteht sich von selbst, dass sich in dem Röhrchen maximal Backpulver befunden haben konnte und Powell kein Anthrax in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mitgebracht hat. Im richtigen Zeitpunkt photographiert und weltweit auf Seite 1 der Zeitungen gesetzt kann ein harmloses Fläschchen allerdings zur gefährlichsten Waffe im Kampf der Bilder werden. Es schüchtert ein, schürt Ängste und vergiftet so das Urteilsvermögen.

Heute wissen wir, dass alles gelogen war. 76 Minuten hat Powell der Welt ins Gesicht gelogen. Es gab sie nicht, die Massenvernichtungswaffen. Und die US-Geheimdienste wussten dies zur Zeit des Einmarschs. Dem Bush-Regime war das egal, es hielt an seinem vorgefertigten Plan zum Überfall auf den Irak fest. Powell’s Rede an die Welt diente einzig und allein dem Marketing dieses Krieges.

Ein kleines Röhrchen mit weiß-gelbem Pulver war ausschlaggebend dafür, dass die Welt tatenlos zusah, wie Bush und Blair in einem illegalen Angriffskrieg den Irak überfielen und den Tod von Hunderttausenden Zivilisten verursachten. Das geschaffene Chaos war der Nährboden für den Aufstieg des Islamischen Staats (IS). Bush und Blair sind damit für die verheerende Lage im Irak von heute unmittelbar verantwortlich, wie der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan in einem Interview mit Russia Today analysiert.

Es macht keinen Unterschied, dass Powell die Lüge später eingeräumt hat. Er ist und bleibt verantwortlich für das Elend, das die USA über den Irak gebracht hat. Seine Lügen haben den Weg zum Massenmord an der irakischen Zivilbevölkerung geebnet. Er ist ein Kriegsverbrecher und gehört als solcher angeklagt, verurteilt und ein Leben lang hinter Gitter.

Aus der Vergangenheit lernen

Die drei beschriebenen Beispiele sind historisch belegte Lügen der USA, um mit ihrer Hilfe ein militärisches Eingreifen zu rechtfertigen:

1964 der Zwischenfall im Golf von Tonkin, Vietnamkrieg

1990 die Brutkastenlüge, Zweiter Golfkrieg

2003 die Lüge über Massenvernichtugnswaffen, Irakkrieg

Diese nachgewiesenen Kriegslügen sollten uns lehren, bei jeder Rechtfertigung für einen Kriegseintritt höchst skeptisch zu sein und die zugrundeliegende Argumentation mehr als kritisch zu beäugen. Notorischen Lügnern blind zu vertrauen, ist wenig ratsam. Das zählt im Privaten, umso mehr sollte es beim Kriegstreiber #1 zählen, der US-Regierung.

Wir finden uns aktuell erneut auf vielen Kriegsschauplätzen wieder, bei denen wir höchstwahrscheinlich wissentlich belogen wurden, um Kriegspolitik zu rechtfertigen. Die Indizienlage wird zusehends erdrückender, es fehlen noch die ultimativen Beweise. Eine Auswahl:

2013 kamen bei einem Angriff mit dem Nervengas Sarin mehr als 1,400 Zivilisten im syrischen Bürgerkrieg qualvoll ums Leben. Die verstörenden Bilder gingen um die Welt. Schnell war der US-Regierung klar, dass Präsident Assad die Angriffe befohlen hat. Präsident Obama rechtfertigte so ein verstärktes Eingreifen des US-Militärs im Versuch, Assad zu stürzen.

Dass Washington auch hier gelogen hat, steht so gut wie fest. Eine Vielzahl der Indizien deutet darauf hin, dass es nicht Assads Truppen, sondern die Oppposition war, die das Sarin eingesetzt hat.

Im Juli 2014 wird die malaysische Passagiermaschine MH17 beschossen und stürzt über der Ukraine ab. Alle 298 Insassen sterben. Der Täter ist auch hier schnell ausgemacht: Putin war es!

MH17 war die Rechtfertigung für ein verstärktes Eingreifen des Westens in den ukrainischen Bürgerkrieg und außerdem für massive Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland. Beweise für Putins Täterschaft wurden nie vorgelegt. Auch hier deutet vieles darauf hin, dass esukrainische Kräfte selbst waren, die die Maschine vom Himmel holten.

 

Der immer mehr zum Kriegspropagandablatt mutierende SPIEGEL benötigt keine Beweise zur Aufklärung von Verbrechen, solange die mutmaßlichen Täter sein kleinkariertes Weltbild widerspiegeln.

9/11 will ich an dieser Stelle gar nicht anreißen. Wer auch immer für den Einsturz der Türme verantwortlich war, wir wissen es nicht. Fest steht jedoch, dass die offizielle Geschichte der Bush-Administration durchsetzt ist von Lügen. 9/11 ist seit 14 Jahren die Rechtfertigung für so ziemlich jedes Kapitalverbrechen der US-Regierung, innen- wie außenpolitisch. 9/11 muss neu aufgerollt werden.

Politiker, die vom Krieg erzählen, lügen.

Kriegslügen sind kein Selbstzweck. Sie verführen uns jedes Mal aufs Neue und bringen den Pazifisten in uns zum Schweigen. Zum Selbstschutz gegenüber Kriegspropaganda, zur Immunisierung, sollte der Fokus nicht allein auf der Verwerflichkeit des Lügners und seinen niederträchtigen Beweggründen verharren, sondern vor allem auf das menschliche Elend gelegt werden, das die Lügen produzieren.

Es sind die Hunderttausenden vom Agent Orange missgebildeten Kinder in Vietnam, die Hunderttausenden von radioaktiver Uranmunition missgebildeten Kinder im Irak und Bosnien, es sind die Abermillionen Kriegswaisen überall auf der Welt, Länder, in denen komplett traumatisierte Generationen heranwachsen, es sind die barbarischsten Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen das Leben an sich – und an deren Anfang steht jedes Mal die Lüge.

Wenn Politiker Krieg als Alternativlosigkeit verkaufen, beschreiben sie damit keine reale Gegebenheit, sie offenbaren nichts als ihre eigene geistige Beschränktheit. Denn sie sind nicht im Stande, in Alternativen zu denken.

Der beste Freund des Kriegstreibers ist die Zeit, denn sie lässt uns vergessen. Politiker können sich des verkümmerten historischen Bewusstseins ihrer Untergebenen sicher sein. Irgendwann kommt ihre Lüge ans Tageslicht, ja, doch bis dahin? Der Schaden ist längst angerichtet, die Toten lange begraben, die nächste Lüge ist schon wieder in Planung, denn die letzte ist längst vergessen.

Was nützt also die Arbeit der Historiker? Es wird keine Verbindung zwischen dem von ihnen geschaffenen historischen Wissen und der Gegenwart hergestellt. Geschichte ist und bleibt eben allzu oft leider genau das – Geschichte. Wenn aus der Vergangenheit keine Handlungsanweisung für die Gegenwart und keine dringliche Warnung für die Zukunft wird, verpufft ihre Wirkung, so als wäre sie nie dagewesen.

Durch das Vergessen all der Kriegstoten werden sie herabgewürdigt zu einem vernachlässigbaren Detail im Laufe der Geschichte. Sie sollten vielmehr eine Mahnung sein, uns den Spiegel vorhalten, uns gegen die Lüge immunisieren, unseren Blick schärfen.

Politiker, die vom Krieg erzählen, lügen. Jedes Mal.