Gaza, Ukraine und ISIS.

Dunkle Wolken ziehen auf

Von Published On: 13. Februar 2015Kategorien: Allgemein

Im Oktober 2014 bat das Plymouth Institute for Peace Research (www.pipr.co.uk) den Friedensaktivisten Noam Chomsky einige wichtige Entwicklungen in der Welt zu kommentieren, wie die Gefahr eines nuklearen Krieges, die kürzliche Gewalteskalation in Gaza und den Aufstieg des IS im Irak. 

Diese traurigen und gefährlichen Entwicklungen sind besonders schmerzlich, da sie mit dem 100. Jahrestag des ersten Weltkrieges zusammenfallen. Leider gibt es nur wenige Anhaltspunkte dafür, dass die Regierungen und die Öffentlichkeit aus einem Jahrhundert der Kriege gelernt haben.

 

Eine große Debatte über die Zuweisung von Verantwortung/Schuld für den Ausbruch des verheerenden Gaza-Konfliktes ist im Gange, einhergehend mit allgemeiner Übereinstimmung in einem Punkt: Ein hohes Maß an Unglück und Zufall wirkte; Entscheidungen hätten auch leicht anders ausfallen können, um die Katastrophe zu vermeiden. Es gibt verhängnisvolle Parallelen zu einer möglichen nuklearen Katastrophe.

Eine Untersuchung von Beinahe-Konfrontationen mit nuklearen Waffen zeigt, wie nah die Welt einer virtuellen Selbstzerstörung gekommen ist – und zwar mehrere Male, so dass ein Davonkommen kaum noch als ein mögliches Schicksal erscheint. Die Bilanz unterstreicht die Warnung von Bertrand Russel und Albert Einstein 1955, dass wir vor einer Entscheidung stehen, die krass, entsetzlich und unvermeidbar ist: Werden wir der menschlichen Rasse ein Ende setzen oder wird die Menschheit dem Krieg abschwören?

Eine zweite ebenso abschreckende Beobachtung ist der Eifer zur Kriegshetze auf allen Seiten. Besonders auffallend ist dabei das Engagement der Intellektuellen zum Schaden ihrer eigenen Staaten. Die wenigen bemerkenswerten Ausnahmen, die fast alle für ihre Vernunft, Integrität oder für die Artikulation der Ängste der Menschen bestraft wurden, bilden nun einen Mikrokosmos innerhalb der kultivierten und gebildeten Gesellschaftsschichten.

Angriff auf Gaza – nach bewährter Strategie

Die Gedenkfeiern zum ersten Weltkrieg begannen in etwa zur selben Zeit wie die israelische Operation „Protective Edge“. Es ist eine tragische Ironie, dass Gaza die Heimat der Gedenkgrabmäler vom Ersten Weltkrieg ist. Was waren die wahren Gründe – im Gegensatz zu den rhetorischen – für diesen Angriff Israels auf Gaza?

Es ist wichtig und kritisch zu erkennen, dass vor fast einem Jahrzehnt eine Strategie etabliert wurde, die seither regelmäßig verfolgt wird: Es wird ein Abkommen zum Waffenstillstand geschlossen. ­Israel macht klar, dass es das nicht einhalten wird und setzt seine Angriffe auf Gaza fort (und nimmt in den besetzten Gebieten illegalerweise, was es will), während die Hamas sich an die Waffenruhe hält – wie Israel bestätigt. Solange, bis die israelische Provokation eine Reaktion der Hamas hervorruft und Israel damit den Vorwand liefert, ein weiteres Mal „drüberzumähen“. Exakt nach dieser Strategie verlief zuletzt die Operation „Protective Edge“.

Im April 2014 gründeten die in Gaza ansässige Hamas und die Palästinensische Autonomiebehörde in der West Bank eine Einheitsregierung, die unverzüglich alle Anforderungen des Nahost-Quartetts (USA, EU, UN und Russland) erfüllte, bezogen aber kein Mitglied der Hamas mit ein. Israel war darüber verärgert und startete eine brutale Operation in der West Bank gezielt gegen die Hamas, dehnte sie aber auch auf Gaza aus. Natürlich gab es einen Vorwand, aber dieser löste sich kurz nach Beginn in Nichts auf. Schließlich reagierten die Hamas auf provozierende Morde in Gaza, worauf nun die Operartion „Protective Edge“ folgte.

Die Gründe für Israels heftige Reaktion sind bekannt. Seit 20 Jahren trachtet Israel, mit der Unterstützung der USA danach, Gaza von der West Bank zu trennen, womit sie gegen die beiderseits unterzeichneten Osloer Verträge verstoßen, in denen erklärt wird, dass sie eine untrennbare territoriale Einheit sind. Ein Blick auf die Karte erklärt den Grund. Gaza bietet für Palästina den einzigen Zugang zur Außenwelt. Ohne freien Zutritt zu Gaza, wäre jegliche Autonomie, die einer zersplitterten palästinischen Einheit gewährt würde, faktisch eingeschlossen.

Der IS und seine Gegner

Die Regierungen von Israel, Großbritannien und den USA sind sicher begeistert vom Erscheinen des IS: Eine neue „Gefahr“ versorgt sie mit Begründungen für einen Krieg und für internationale Unterdrückung. Was sie wohl denken über den IS und die jüngste Bombardierung des Irak?

Die Berichterstattung ist begrenzt, daher ist das, was wir schlussfolgern können, nur ein Kon­strukt aus vereinzelten Belegen. Für mich sieht es so aus: Der IS ist eine echte Monstrosität und eine der vielen schrecklichen Konsequenzen des US-Vorschlaghammers, welcher unter anderem die religiösen Konflikte angestachelt hat, die den Irak schlussendlich zerstört haben und die Re­gion in Stücke reißen.

Die beinahe unverzügliche Vertreibung der irakischen Armee war eine ziemlich erstaunliche Angelegenheit. Es war eine Armee mit 350.000 schwer bewaffneten Soldaten, die von den USA über ein Jahrzehnt lang trainiert wurde. Die irakische Armee hat in den 1980ern einen langen und bitteren Krieg gegen den Iran geführt. Sobald sie aber mit ein paar tausend leichtbewaffneten Militanten konfrontiert wurde, flohen die kommandierenden Offiziere und die demoralisierten Truppen entweder mit ihnen oder desertierten oder sie wurden massakriert.

Mittlerweile kontrolliert der IS beinah ganz al Anbar und ist nicht weit von Bagdad entfernt. Da die irakische Armee scheinbar verschwunden ist, werden die Kämpfe von den durch die Regierung organisierten militanten Schiiten ausgetragen. Sie begehen Verbrechen gegen Sunniten, die denen des IS ähneln. Mit entscheidender Unterstützung des militärischen Flügels der türkischen Kurden, der PKK, haben die irakisch-kurdischen Peschmergas den IS offenbar aufgehalten. Es scheint, als ob die PKK jene bezwingende Kraft ist, die die Jesiden vor ihrer Vernichtung gerettet hat und den IS durch die entscheidende Verteidigung von Kobane in Syrien aufhalten konnte.

In der Zwischenzeit eskalierten die Angriffe der Türkei auf die PKK – toleriert von den USA, wenn nicht sogar mit ihrer Unterstützung. Es scheint, als ob es die Türkei zufrieden stellt, ihre Gegner – den IS und die Kurden - von der Grenze aus zu beobachten, wie diese sich gegenseitig umbringen. Unvorstellbar, welche fürchterlichen Konsequenzen es haben wird, wenn die Kurden dem Angriff des IS auf Kobane und darüber hinaus nicht Stand halten können.

Ein anderer Hauptgegner des IS, der Iran, ist von der „US-Koalition“ ausgeschlossen und aus politischen und ideologischen Gründen ist Assad sein natürlicher Verbündeter. Die US-geführte Koalition schließt einige der Arabischen Öldiktaturen ein, die selber konkurrierende Dschihad-Gruppen unterstützen. Die mächtigste Diktatur, Saudi Arabien, war lange Zeit die wichtigste Quelle sowohl für die Finanzierung des IS, als auch für seine ideologischen Wurzeln  – keine belanglose Angelegenheit.

Der IS ist ein extremistischer Nebenzweig der saudischen Wahabi/Salafi-Doktrin, die selbst eine extreme Version des Islam ist. Das saudische Königshaus hat eine missionarische Vision, die die  riesigen saudischen Ölressourcen nutzt, um ihre Lehren in der nahzu ganzen muslimischen Welt zu verbreiten. Die USA, wie auch zuvor Großbritannien, tendieren dazu, den radikalen fundamentalistischen Islam als Opposition zum säkularen Nationalismus zu unterstützen. Saudi Arabien ist ein primärer Verbündeter der USA, seit die Familiendiktatur gefestigt wurde und man dort enorme Ölressourcen entdeckt hat.

Der im Moment am besten informierte Journalist und Analyst der Region, Patrick Cockburn, beschreibt die US-Strategie als eine „Alice im Wunderland“-Konstruktion, die dem IS und auch ihren Feinden gegenübersteht, mit lockeren dubiosen arabischen Allianzen und mit begrenzter europäischer Unterstützung. Eine Alternative wäre, sich an nationales und internationales Recht zu halten: an den UN Sicherheitsrat zu appellieren und unter seiner Führung, nach politischen und diplomatischen Wegen zu suchen, um dem Sumpf zu entkommen oder zumindest den Horror und Schrecken abzumildern. Aber das ist beinahe undenkbar in der politischen US-Kultur.

Dunkle Wolken ziehen auf

Während militärische Operationen im Irak anwachsen, destabilisiert die NATO zusätzlich die Ukraine. Und was denkt sie wohl über den Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland und dessen Potential für einen Nuklearkrieg?

Es ist eine extrem gefährliche Entwicklung, seit Washington sein Versprechen gegenüber Gorbatschow gebrochen und begonnen hat, die NATO nach Osten hin bis an die Grenzen Russlands auszudehnen. Diese Entwicklung spitzte sich mit der Drohung zu, die Ukra­ine aufzunehmen, denn sie ist nicht nur von großer strategischer Bedeutung für Russland, sondern auch historisch und kulturell eng mit Russland verbunden.

An dieser Stelle sei auf die Situationsanalyse des Spezialisten für internationale Beziehungen, John Mearsheimer hingewiesen, veröffentlicht unter dem Titel: „Warum die Ukraine-Krise die Schuld des Westens ist“ im führenden Establishment-Journal Foreign Affairs.

Die Russische Autokratie ist weit davon entfernt, unschuldig zu sein, aber hier kommen wir zum eingangs Gesagtem: Wir sind dem früheren Desaster gefährlich nahe gekommen und spielen wieder mit einer womöglich nuklearen Katastrophe. Und das, obwohl es an möglichen friedlichen Lösungen nicht fehlen würde.

Ein letzter Gedanke zu der dunklen und bedrohlichen Wolke, die über all dem schwebt, das hier angesprochen wurde: Wie die sprichwörtlichen Lemminge marschieren wir entschieden auf eine Umweltkatastrophe zu, die möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft alle anderen Befürchtungen ersetzen könnte.

Gaza, Ukraine und ISIS.

Dunkle Wolken ziehen auf

Von Published On: 13. Februar 2015Kategorien: Allgemein

Im Oktober 2014 bat das Plymouth Institute for Peace Research (www.pipr.co.uk) den Friedensaktivisten Noam Chomsky einige wichtige Entwicklungen in der Welt zu kommentieren, wie die Gefahr eines nuklearen Krieges, die kürzliche Gewalteskalation in Gaza und den Aufstieg des IS im Irak. 

Diese traurigen und gefährlichen Entwicklungen sind besonders schmerzlich, da sie mit dem 100. Jahrestag des ersten Weltkrieges zusammenfallen. Leider gibt es nur wenige Anhaltspunkte dafür, dass die Regierungen und die Öffentlichkeit aus einem Jahrhundert der Kriege gelernt haben.

 

Eine große Debatte über die Zuweisung von Verantwortung/Schuld für den Ausbruch des verheerenden Gaza-Konfliktes ist im Gange, einhergehend mit allgemeiner Übereinstimmung in einem Punkt: Ein hohes Maß an Unglück und Zufall wirkte; Entscheidungen hätten auch leicht anders ausfallen können, um die Katastrophe zu vermeiden. Es gibt verhängnisvolle Parallelen zu einer möglichen nuklearen Katastrophe.

Eine Untersuchung von Beinahe-Konfrontationen mit nuklearen Waffen zeigt, wie nah die Welt einer virtuellen Selbstzerstörung gekommen ist – und zwar mehrere Male, so dass ein Davonkommen kaum noch als ein mögliches Schicksal erscheint. Die Bilanz unterstreicht die Warnung von Bertrand Russel und Albert Einstein 1955, dass wir vor einer Entscheidung stehen, die krass, entsetzlich und unvermeidbar ist: Werden wir der menschlichen Rasse ein Ende setzen oder wird die Menschheit dem Krieg abschwören?

Eine zweite ebenso abschreckende Beobachtung ist der Eifer zur Kriegshetze auf allen Seiten. Besonders auffallend ist dabei das Engagement der Intellektuellen zum Schaden ihrer eigenen Staaten. Die wenigen bemerkenswerten Ausnahmen, die fast alle für ihre Vernunft, Integrität oder für die Artikulation der Ängste der Menschen bestraft wurden, bilden nun einen Mikrokosmos innerhalb der kultivierten und gebildeten Gesellschaftsschichten.

Angriff auf Gaza – nach bewährter Strategie

Die Gedenkfeiern zum ersten Weltkrieg begannen in etwa zur selben Zeit wie die israelische Operation „Protective Edge“. Es ist eine tragische Ironie, dass Gaza die Heimat der Gedenkgrabmäler vom Ersten Weltkrieg ist. Was waren die wahren Gründe – im Gegensatz zu den rhetorischen – für diesen Angriff Israels auf Gaza?

Es ist wichtig und kritisch zu erkennen, dass vor fast einem Jahrzehnt eine Strategie etabliert wurde, die seither regelmäßig verfolgt wird: Es wird ein Abkommen zum Waffenstillstand geschlossen. ­Israel macht klar, dass es das nicht einhalten wird und setzt seine Angriffe auf Gaza fort (und nimmt in den besetzten Gebieten illegalerweise, was es will), während die Hamas sich an die Waffenruhe hält – wie Israel bestätigt. Solange, bis die israelische Provokation eine Reaktion der Hamas hervorruft und Israel damit den Vorwand liefert, ein weiteres Mal „drüberzumähen“. Exakt nach dieser Strategie verlief zuletzt die Operation „Protective Edge“.

Im April 2014 gründeten die in Gaza ansässige Hamas und die Palästinensische Autonomiebehörde in der West Bank eine Einheitsregierung, die unverzüglich alle Anforderungen des Nahost-Quartetts (USA, EU, UN und Russland) erfüllte, bezogen aber kein Mitglied der Hamas mit ein. Israel war darüber verärgert und startete eine brutale Operation in der West Bank gezielt gegen die Hamas, dehnte sie aber auch auf Gaza aus. Natürlich gab es einen Vorwand, aber dieser löste sich kurz nach Beginn in Nichts auf. Schließlich reagierten die Hamas auf provozierende Morde in Gaza, worauf nun die Operartion „Protective Edge“ folgte.

Die Gründe für Israels heftige Reaktion sind bekannt. Seit 20 Jahren trachtet Israel, mit der Unterstützung der USA danach, Gaza von der West Bank zu trennen, womit sie gegen die beiderseits unterzeichneten Osloer Verträge verstoßen, in denen erklärt wird, dass sie eine untrennbare territoriale Einheit sind. Ein Blick auf die Karte erklärt den Grund. Gaza bietet für Palästina den einzigen Zugang zur Außenwelt. Ohne freien Zutritt zu Gaza, wäre jegliche Autonomie, die einer zersplitterten palästinischen Einheit gewährt würde, faktisch eingeschlossen.

Der IS und seine Gegner

Die Regierungen von Israel, Großbritannien und den USA sind sicher begeistert vom Erscheinen des IS: Eine neue „Gefahr“ versorgt sie mit Begründungen für einen Krieg und für internationale Unterdrückung. Was sie wohl denken über den IS und die jüngste Bombardierung des Irak?

Die Berichterstattung ist begrenzt, daher ist das, was wir schlussfolgern können, nur ein Kon­strukt aus vereinzelten Belegen. Für mich sieht es so aus: Der IS ist eine echte Monstrosität und eine der vielen schrecklichen Konsequenzen des US-Vorschlaghammers, welcher unter anderem die religiösen Konflikte angestachelt hat, die den Irak schlussendlich zerstört haben und die Re­gion in Stücke reißen.

Die beinahe unverzügliche Vertreibung der irakischen Armee war eine ziemlich erstaunliche Angelegenheit. Es war eine Armee mit 350.000 schwer bewaffneten Soldaten, die von den USA über ein Jahrzehnt lang trainiert wurde. Die irakische Armee hat in den 1980ern einen langen und bitteren Krieg gegen den Iran geführt. Sobald sie aber mit ein paar tausend leichtbewaffneten Militanten konfrontiert wurde, flohen die kommandierenden Offiziere und die demoralisierten Truppen entweder mit ihnen oder desertierten oder sie wurden massakriert.

Mittlerweile kontrolliert der IS beinah ganz al Anbar und ist nicht weit von Bagdad entfernt. Da die irakische Armee scheinbar verschwunden ist, werden die Kämpfe von den durch die Regierung organisierten militanten Schiiten ausgetragen. Sie begehen Verbrechen gegen Sunniten, die denen des IS ähneln. Mit entscheidender Unterstützung des militärischen Flügels der türkischen Kurden, der PKK, haben die irakisch-kurdischen Peschmergas den IS offenbar aufgehalten. Es scheint, als ob die PKK jene bezwingende Kraft ist, die die Jesiden vor ihrer Vernichtung gerettet hat und den IS durch die entscheidende Verteidigung von Kobane in Syrien aufhalten konnte.

In der Zwischenzeit eskalierten die Angriffe der Türkei auf die PKK – toleriert von den USA, wenn nicht sogar mit ihrer Unterstützung. Es scheint, als ob es die Türkei zufrieden stellt, ihre Gegner – den IS und die Kurden - von der Grenze aus zu beobachten, wie diese sich gegenseitig umbringen. Unvorstellbar, welche fürchterlichen Konsequenzen es haben wird, wenn die Kurden dem Angriff des IS auf Kobane und darüber hinaus nicht Stand halten können.

Ein anderer Hauptgegner des IS, der Iran, ist von der „US-Koalition“ ausgeschlossen und aus politischen und ideologischen Gründen ist Assad sein natürlicher Verbündeter. Die US-geführte Koalition schließt einige der Arabischen Öldiktaturen ein, die selber konkurrierende Dschihad-Gruppen unterstützen. Die mächtigste Diktatur, Saudi Arabien, war lange Zeit die wichtigste Quelle sowohl für die Finanzierung des IS, als auch für seine ideologischen Wurzeln  – keine belanglose Angelegenheit.

Der IS ist ein extremistischer Nebenzweig der saudischen Wahabi/Salafi-Doktrin, die selbst eine extreme Version des Islam ist. Das saudische Königshaus hat eine missionarische Vision, die die  riesigen saudischen Ölressourcen nutzt, um ihre Lehren in der nahzu ganzen muslimischen Welt zu verbreiten. Die USA, wie auch zuvor Großbritannien, tendieren dazu, den radikalen fundamentalistischen Islam als Opposition zum säkularen Nationalismus zu unterstützen. Saudi Arabien ist ein primärer Verbündeter der USA, seit die Familiendiktatur gefestigt wurde und man dort enorme Ölressourcen entdeckt hat.

Der im Moment am besten informierte Journalist und Analyst der Region, Patrick Cockburn, beschreibt die US-Strategie als eine „Alice im Wunderland“-Konstruktion, die dem IS und auch ihren Feinden gegenübersteht, mit lockeren dubiosen arabischen Allianzen und mit begrenzter europäischer Unterstützung. Eine Alternative wäre, sich an nationales und internationales Recht zu halten: an den UN Sicherheitsrat zu appellieren und unter seiner Führung, nach politischen und diplomatischen Wegen zu suchen, um dem Sumpf zu entkommen oder zumindest den Horror und Schrecken abzumildern. Aber das ist beinahe undenkbar in der politischen US-Kultur.

Dunkle Wolken ziehen auf

Während militärische Operationen im Irak anwachsen, destabilisiert die NATO zusätzlich die Ukraine. Und was denkt sie wohl über den Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland und dessen Potential für einen Nuklearkrieg?

Es ist eine extrem gefährliche Entwicklung, seit Washington sein Versprechen gegenüber Gorbatschow gebrochen und begonnen hat, die NATO nach Osten hin bis an die Grenzen Russlands auszudehnen. Diese Entwicklung spitzte sich mit der Drohung zu, die Ukra­ine aufzunehmen, denn sie ist nicht nur von großer strategischer Bedeutung für Russland, sondern auch historisch und kulturell eng mit Russland verbunden.

An dieser Stelle sei auf die Situationsanalyse des Spezialisten für internationale Beziehungen, John Mearsheimer hingewiesen, veröffentlicht unter dem Titel: „Warum die Ukraine-Krise die Schuld des Westens ist“ im führenden Establishment-Journal Foreign Affairs.

Die Russische Autokratie ist weit davon entfernt, unschuldig zu sein, aber hier kommen wir zum eingangs Gesagtem: Wir sind dem früheren Desaster gefährlich nahe gekommen und spielen wieder mit einer womöglich nuklearen Katastrophe. Und das, obwohl es an möglichen friedlichen Lösungen nicht fehlen würde.

Ein letzter Gedanke zu der dunklen und bedrohlichen Wolke, die über all dem schwebt, das hier angesprochen wurde: Wie die sprichwörtlichen Lemminge marschieren wir entschieden auf eine Umweltkatastrophe zu, die möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft alle anderen Befürchtungen ersetzen könnte.