KenFM im Gespräch mit: Hermann Ploppa

Von Published On: 20. August 2015Kategorien: Allgemein

Damit das möglichst ohne großen Widerstand geschieht, werden alle Entscheidungsträger in allen Bereichen der Gesellschaft über entsprechende Think-Tanks, Stiftungen oder Kaderschmieden auf Linie gebracht. Nur wer hier besteht, wird in eine Führungsposition durchgereicht. Diese subtile Gehirnwäsche durch das System selbst ist derart geschickt gemacht, dass selbst diejenigen, die in den bekanntesten Think-Tanks mitmischen, permanent bestreiten, dass es einen solchen Einfluss gibt.

Fakt ist: Wer den Eliten auch nur ansatzweise die Macht streitig macht, wird zeitnah aussortiert. Sollte er es dennoch zu gesellschaftlichem Einfluss bringen, sieht er sich einer durch die Bank embeddeten Pressemaschine gegenüber, die ihn wann immer es nötig ist, diffamiert, jobbt und ins völlige gesellschaftliche wie finanzielle Abseits bugsiert. Isolation als Strafe für nicht geleistete Unterwürfigkeit. Das größte Tabu-Thema in dieser gelenkten Demokratie ist das Hinterfragen der tatsächlichen Machtstrukturen.

Hermann Ploppa erläutert in seinem Buch „Die Macher hinter den Kulissen“ die einzelnen Think-Tanks und Kaderschmieden en detail und legt offen, was die Elite am liebsten weiterhin verschleiern würde. Dass Ploppas Buch nicht in systemkonformen Medien besprochen wird, liegt auf der Hand. Bei KenFM kommt der Autor ausführlich zu Wort.

KenFM:: Herzlich Willkommen zu einer weiteren Ausgabe von KenFM: im Gespräch, unser heutiger Gast Hermann Ploppa. Herr Ploppa, ich grüße Sie.

HERMANN PLOPPA: Schönen Guten Tag.

KenFM:: Herr Ploppa, Sie haben auf unsere Einladung hin schon eine Nacht in Berlin übernachtet, Moabit war das glaube ich, und sind dann heute Morgen schon ein bisschen in Moabit rumgelaufen und haben sich die Gegend angeguckt.

HERMANN PLOPPA: Ja, bei der Justizvollzugsanstalt.

KenFM:: So in der Gegend der Perlebergerstraße.

HERMANN PLOPPA: Ja genau. Im Hotel.

KenFM:: Wie oft sind Sie in der Hauptstadt?

HERMANN PLOPPA: In letzter Zeit öfter. Ich hatte ja schon ein paar Interviewtermine.

KenFM:: Sie waren bei Russia Today …

HERMANN PLOPPA: Ja, genau.

KenFM:: Sie haben früher auch für die Junge Welt geschrieben.

HERMANN PLOPPA: Ich habe für die Junge Welt geschrieben, ja genau.

KenFM:: Für Heise schreiben Sie immer noch …

HERMANN PLOPPA: Für Telepolis, ja.

KenFM:: Da sind wir auch schon beim Thema. Sie sind ein Autor von politischen Büchern und haben aktuell dieses Buch in der Pipeline: Hermann Ploppa, »Die Macher hinter den Kulissen« und weiter heißt es da: »Wie transatlantische Netzwerke heimlich die Demokratie unterwandern«. Dieses Buch in der ersten Auflage ist bereits verkauft, wir wollen das nochmal steigern. Wir halten das für ein sehr sehr spannendes, wichtiges Buch, das sich mit Restdemokratie beschäftigt – beziehungsweise was von dieser Demokratie noch übrig ist und wie sie gelenkt wird, nämlich über Netzwerke. Transatlantische Netzwerke – man sagt da gerne Think Tanks oder Runde Tische (»round table«) dazu. Es gibt auch eine ganze Liste in diesem Buch, wo Sie die aufzählen. Ich kannte schon eine Menge, aber das sind ja so viele … das geht über zwei Seiten. Und …

HERMANN PLOPPA: Und die ist keinesfalls vollständig …

KenFM:: … ist nicht vollständig. Wir wollen darüber sprechen, wie diese Netzwerke funktionieren, wie diese Runden Tische funktionieren – der German Marshall Fund, die Atlantik Brücke – und ob die alle ähnlich funktionieren; warum die so mächtig sind; wer sind denn die Macher eigentlich, diese unübersichtliche Elite, von der Sie hier sprechen; was kann man tun um die Demokratie wieder in die eigenen Hände zurückzubekommen; was ist das Ziel dieser Leute? Ich glaube etwas sehr Wesentliches gefunden zu haben – als ich das Buch gelesen habe, habe ich auch manchmal lachen müssen, das blieb dann so im Halse stecken, aber einen Satz möchte ich gerne gleich mal vorlesen, der es , glaube ich, sehr gut trifft, um was es in diesem Buch eben auch geht, was beschrieben wird. Da heißt es: »Theoretisch kann jeder Bürger der USA – auch Einwanderer – vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen. Damit gerade das nicht passiert, muss sich die Elite trickreich gegen die Massen abschotten.« Ich glaube, dafür wurden diese Runden Tische geschaffen. Es geht darum, sich gegen die Massen abzuschotten und Demokratie bedeutet ja quasi, die Massen, das Volk, teilhaben zu lassen an der Macht – und das soll vermieden werden. In diesem Buch beschreiben Sie ja auch immer wieder die Stichwortgeber, von Lippmann bis Brzeziński, die sagen: das Volk, die Masse, ist einfach zu dumm, die können das nicht. Wenn man denen die Macht übergibt, dann kommt dabei Verheerendes raus, die müssen gelenkt, »demokratisch« in die richtige Richtung geführt werden, welche wir steuern, weil die einfach nicht in der Lage sind das zu tun. Darüber wollen wir reden. Warum haben Sie dieses Buch denn eigentlich geschrieben? Ich meine, man kann sich doch nur ärgern, wenn man das recherchiert.

HERMANN PLOPPA: Naja, das hatte durchaus eine Vorgeschichte. Ich habe selbst mal versucht in die Politik einzugreifen. Es gab ja mal eine »Wahlalternative – Soziale Gerechtigkeit« (WASG), die dann irgendwann von der PDS vereinnahmt wurde und da war ich nicht mit einverstanden. Ich war der Meinung, dann hätte ich auch schon 16 Jahre PDS wählen können. Ich wollte etwas Neues machen – wir haben dann eine kleine Dissidenten-Gruppe gebildet, die dann auch versuchte eine Partei zu bilden. Und da habe ich erstmal gemerkt, dass es eigentlich völlig unmöglich ist, eine neue Partei zu bilden – weil man braucht dafür Beziehungen, Netzwerke – die BASG hatte zum Beispiel die IG Metall-Netzwerke usw. – aber man braucht dafür vor allem drei Dinge: Geld, Geld und noch mehr Geld. Und zum anderen habe ich gemerkt, das zieht sowieso nur Karrieristen an, die mittelmäßig begabt sind, aber überdurchschnittlich verdienen wollen. Und so habe ich gemerkt: Über diesen Hebel kann man eigentlich keine gesellschaftliche Veränderung anstoßen. Ich habe damals schon, sozusagen für meine Mitstreiter, ein Papier im Internet veröffentlicht, das genauso heißt »Die Macher hinter den Kulissen«. Ein kurzes Textchen, von ungefähr zehn Seiten oder so, wo ich schon mal sage: Leute, es hat keinen Zweck, wenn ihr jetzt versucht, in den Bundestag zu kommen; es wird genauso enden wie alle vorherigen Gruppierungen auch; Ihr werdet eingeseift, es wird  »pressure groups« geben, es wird interessierte Gruppen geben, die Euch sofort in den Goldenen Käfig des Bundestages vereinnahmen …

KenFM:: … zwangsumarmen

HERMANN PLOPPA: … zwangsumarmen oder auch freiwillig. Die Aussicht dann irgendwie doch recht schnell von BAföG auf richtig gutes Geld umzusatteln ist einfach zu verlockend für viele Menschen  – und der Mensch ist schwach. Was man braucht ist ein neues Denken, ein neues Paradigma sozusagen. Und das war so mein Gedanke: Wer macht denn das Paradigma eigentlich? Das konnten wir ja gerade beobachten, 2005 war das, man konnte das beobachten, wie Schröder und Fischer – der dafür gewählt worden war, mehr soziale Gerechtigkeit zu bringen und Friedenspolitik –, wie gerade die ganz besonders »reingehauen« haben: Schröder mit seiner Agenda 2010 oder Joschka Fischer, der da anfing, wo Hitler aufhören musste: nämlich bei der Bombardierung Belgrads. Und warum ist das so? Warum kommt immer, egal wen man wählt, eigentlich immer dasselbe raus, vielleicht in Nuancierungen der Schrecklichkeit immer noch getoppt. Wobei eben die grün-rote Regierung Kohl nochmal getoppt hat, in jeder Hinsicht. Und da habe ich gekuckt, was gibt es da eigentlich für Gruppierungen, die man gar nicht so kennt, die aber vielleicht Einfluss ausüben? Man spricht immer viel von Lobbyisten, nicht wahr, aber Lobbys haben immer ganz begrenzte Interessen. Dann will meinetwegen ein Bauernverband andere Legevereinbarungen haben als sie durchgeführt sind – aber es geht dabei nicht um die große Sicht. Ich habe dann mal gekuckt, ganz systematisch, und habe eben auch versucht, das den Leuten zu vermitteln seit 2005: Es gibt hinter den Kulissen Gruppierungen, die alle Parteien für sich vereinnahmen.

KenFM:: Also von wo aus Politiker, die politische Kaste, beliefert wird. Das sind quasi so Schulungszentren …

HERMANN PLOPPA: Rekrutiert, gefördert und eben auch inhaltlich angefüttert, so wie sie es brauchen.

KenFM:: Ich les einfach mal ein paar vor. Also spontan die, die ich mir angemalt habe: den BAT, den Business Round Table – möchten Sie kurz was zu sagen, zum Business Round Table?

HERMANN PLOPPA: Ja. Business Round Table – ist jetzt für uns in Europa nicht so wichtig – ist eine US-amerikanische Gruppierung, eine Lobbygruppe der CEOs, also der Chief Executive Officers, also der Strategiegötter der Konzerne, die befreit von der Tagespolitik darüber nachdenken: Wie kann mein Konzern am Markt teilnehmen, mit welchen Marktstrategien, wo könnte er jetzt wachsen? Weil wachsen müssen sie alle. Er ist in den USA 1972 gegründet worden und hat seit diesem Moment eigentlich jede vernünftige Gesetzesänderung oder Initiative eines US-Präsidenten oder des Kongresses zu Fall gebracht.

KenFM:: Wir machen nur stichwortartig weiter, weil ich glaube, wir werden Sie nochmal einladen, das kann ich jetzt schon sagen. Der CFR, der Council on Foreign Relations

HERMANN PLOPPA: Der ist wichtig. Das ist die Mutter aller dieser subtilen Beeinflussungsgruppen.

KenFM:: 1921 in New York gegründet, wenn ich das richtig erinnere.

HERMANN PLOPPA: 1921 in New York gegründet, von den Superreichen der USA – und auch Konzernen, als korporative Mitglieder. Und ich sage mal, es ist gestaffelt. Der Council on Foreign Relations heißt ja Rat über Auswärtige Beziehungen, das heißt man hatte damals erkannt: die USA werden irgendwann weltweit regieren müssen und dafür braucht man eben auch eine Expertise, eine wissenschaftliche Expertise. Es reicht nicht mehr, wenn diese Artusrunden, nenne ich sie jetzt mal, diese Runden Tische der Mächtigen aus dem Ärmel heraus regieren wollen.

KenFM:: … wenn da nur Militärs sitzen

HERMANN PLOPPA: Nee, wenn da jetzt Unternehmer sitzen meinetwegen oder eben Banker. Man hat gesehen – es gab etliche Fehlgriffe von US-Präsidenten usw. – man kann nicht mehr länger einfach nur Pi mal Daumen regieren, sondern man muss sich jetzt die Expertise der besten Wissenschaftler des Landes holen. Und das sind in dem Fall die Ivy League-Universitäten, also die privaten Super-Universitäten, RAND Corporation nach dem 2. Weltkrieg, oder das MIT, Massachusetts Institute of Technology, oder die Brookings Institution – die liefern dem Council Expertise, Gutachten usw. Und um nochmal auf die Staffelung zu kommen: Ganz oben eben die Artusrunde der Superreichen plus einige der verdienten Superintellektuellen wie Henry Kissinger oder Zbigniew Brzeziński oder früher Walter Lippmann, die durch ihre Expertise ganz besonders die Interessen dieser Superreichen gefördert haben.

KenFM:: Man muss sagen, dass sind schlaue Köpfe.

HERMANN PLOPPA: Natürlich. Da sitzt natürlich keine Dumpfbacke. Also so etwas würde man sich gar nicht leisten. Und darunter ist die Schicht, was Krysmanski, den Sie ja auch schon interviewt haben, genannt hat: die Domestiken der Superreichen. Das sind Multiplikatoren …

KenFM:: Alphajournalisten …

HERMANN PLOPPA: Alpharüden aus den Medien, aus der Politik, aber auch dem Militär, den Geheimdiensten, die dann wiederum Einfluss ausüben nach unten, auf ihre Untergebenen.

KenFM:: Das sind aber Leute, die haben jetzt keine großen Privatvermögen, die haben einfach was im Kopf und wenn sie was anderes sagen, werden sie einfach aussortiert.

HERMANN PLOPPA: Sowohl als auch. Es sind auch mal Unternehmer darunter, die aber jetzt nicht so mächtig sind wie meinetwegen Rockefeller.

KenFM:: Also so was wie der Bertelsmannkonzern-Lenker. Kann man auch sagen, ein Guttenberg gehört dazu?

HERMANN PLOPPA: Ja, ja der gehört dazu. Aber der könnte auch in die Artusrunde aufsteigen. Es war wohl geplant, den in die Artusrunde aufzunehmen.

KenFM:: Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, die DGAP.

HERMANN PLOPPA: Ja, die heißt im englischsprachigen Raum: German Council on Foreign Relations. Aber damit der Deutsche Michel das nicht bemerkt, dass das die Filiale des Council on Foreign Relations ist, heißt sie eben seit 1955 Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik und ist halt zuständig für die außenpolitische Expertise der deutschen Bundesregierung – allerdings durch die Brille der transatlantischen Paradigmen betrachtet.

KenFM:: Da sind wir beim German Marshall Fund, gegründet in Deutschland, äh, mit deutschem Geld gegründet, will ich sagen. Mit deutschem Geld, Willy Brandt war das. Ich glaube 150 Millionen Startkapital der deutschen Regierung …

Hermann Ploppa: Ja, ich kann das gerne erzählen: 1970 hatte Willy Brandt gerade das Misstrauensvotum gegen Rainer Barzel gewonnen, war jetzt also ruhmreich und beliebt wie nie als deutscher Bundeskanzler, flog daraufhin nach Amerika, um an der Gründungsfeierlichkeit des German Marshall Fund of the US teilzunehmen – in Harvard war das, in einem ehrwürdigen Saal – und er brachte in seinem Gepäck 150 Millionen DM Steuergeld mit. Da war aber das deutsche Volk gar nicht gefragt worden, ob die das dafür verausgaben wollen. German Marshall Fund, soll sagen: aus Dankbarkeit für die Aufbauhilfe nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Amerikaner …

KenFM:: … den Marshall Plan

HERMANN PLOPPA: … genau den Marshall Plan, hatte man sich jetzt quasi revanchiert mit dieser Spende für eine Stiftung, deren Stiftungskapital allerdings nicht in deutscher Hand ist, nur der Name ›German‹ ist deutsch und das Geld ist deutsch, aber der Sitz ist in Washington; und dient dazu, transatlantischen Nachwuchs zu rekrutieren, Kader auszubilden, die jetzt ganz besonders in den ehemaligen sowjetischen Machtbereichen tätig sind. Ukraine, ganz wichtig, um die Vorgänge dort zu verstehen; dort sind viele ausgebildete Kader des German Marshall Fund of the US tätig. Wir wollen vielleicht ganz kurz noch eine Fußnote dazusetzen: Es sind noch zusätzlich 100 Millionen DM deutsche Steuergelder dazugekommen – alle einstimmig abgesegnet durch den Deutschen Bundestag, also auch mit den Stimmen der Grünen und der PDS – ohne dass die Bevölkerung darüber etwas weiß. Das gilt für all diese Netzwerkorganisationen sowieso, sie werden aus deutschen Steuergeldern bezahlt, aber der deutsche Steuerzahler weiß von ihrer Existenz nichts und wurde schon gar nicht gefragt.

KenFM:: Herr Ploppa, dann final noch – wir könnten stundenlang so weitermachen – SWP, Stiftung für Wissenschaft und Politik. Interessant auch, wenn Sie das kurz erläutern, wie diese Stiftung eigentlich ihr Geld bezogen hat in der Startphase.

HERMANN PLOPPA: Ja. In den 50er Jahren und noch bis Mitte der 60er Jahre, wurde die Stiftung für Wissenschaft und Politik aus dem Etat des Bundeskanzleramtes finanziert, geleitet über das BND-Geld. Sie hatte zunächst einen sehr militärischen Charakter bzw. einen geheimdienstlichen Charakter. Die Leute  kamen sich quasi vor, wie in einer Zitadelle, abgeschottet, so eine Bunkermentalität. Das hat sich aber mittlerweile geändert. Seit 68 ist das ein eher lockerer Verein geworden, in dem Experten angedockt werden; zu bestimmten Sachfragen – wenn meinetwegen in Nauru eine Revolution ausbricht, irgendwo auf einem Pazifikstaat, dann hat der SWP bestimmt in seiner Kontaktliste jemanden, der Experte ist für Nauru, der dann innerhalb von zwei Tagen eine Expertise für Frau Merkel anfertigt, die dann bei ihr auf dem Tisch liegt. Da ist dann auch die weltanschauliche Bindung der Autoren relativ unwichtig, Hauptsache sie liefern etwas, liefern Expertise. Das gilt jetzt aber nicht für die Führungsetage. Die Frage ist eben auch: Ist das ein Interessensvertretungsverein der USA oder ist das eine genuin deutsche Beratungsinstanz für die deutsche Regierung.

KenFM:: Gibt’s das überhaupt?

HERMANN PLOPPA: Vorwegnehmend kann man sagen: Nein! Und die Stiftung für Wissenschaft und Politik veröffentlicht – das ist ja immerhin öffentlich, man kann das nachlesen im Internet was die veröffentlichen an Denkpapieren – das ist ja auch hochinteressant, meistens hat das den Tenor: Wenn Deutschland und die USA zusammengehen, dann können sie den Rest der Welt beherrschen.

KenFM:: Also die SWP hat ja auch einen Großteil der Reden von Gauck geschrieben.

HERMANN PLOPPA: Ja da kommen wir gleich nochmal drauf. Ich möchte noch kurz sagen, man kann das an einem persönlichen Schlaglicht mal sehen: Der Chef der SWP ist Prof. Dr. Volker Perthes, ein angesehener Orientalist. Und der war mal Gast im Council on Foreign Relations in New York. Es ging um die Frage, wie man gegen den Iran vorgehen solle, ob man den Iran bombardieren soll oder ob man ihn durch wirtschaftliche Sanktionen strangulieren soll, an seiner Schlagader …

KenFM:: Und da haben sie den Chef des SWP mal gefragt …

HERMANN PLOPPA: Dann war der auch da und hat sich zu Wort gemeldet und sagte: Leute ich weiß was Besseres. Und sagte, man könne ja die Steuerungssysteme der iranischen Atomkraftwerke zerstören durch den Computerwurm Stuxnet. – Das wurde dann auch durchgeführt, die Atomkraftwerke im Iran sind gottseidank nicht in die Luft gegangen, aber die Steuerung war erstmal massiv gestört und es hat lange gedauert, bis die Iraner das wieder reparieren konnten. Daran sieht man, dass eben ein Top-Berater der deutschen Regierung teilnimmt an einem amerikanischen Krieg gegen ein Land, mit dem wir, sag ich mal, gar keine besonders delikaten Beziehungen haben, sondern ganz normale diplomatische Beziehungen, wo auch der deutsche Mittelstand ganz gut im Geschäft ist. Und von daher empfinde ich das schon als ziemlich skandalösen Vorgang.

KenFM:: Sie schreiben ja auch in Ihrem Buch über eine Vereinbarung, dass wenn sich auf dem europäischen Kontinent irgendjemand Gedanken macht, was er politisch treiben will, dass er immer die Amerikaner fragen muss.

HERMANN PLOPPA: Ja, das ging zurück auf die 70er Jahre – Sie erwischen mich da ein bisschen auf dem kalten Fuß – Es ging um die Frage nach dem Öl-Boykott der arabischen Länder. Damals versuchten die europäischen Länder der – damals noch – EG, der Europäischen Gemeinschaft, mit den arabischen Ländern ein separates Abkommen zu treffen. Das hat aber Henry Kissinger, der damalige Außenminister der USA, massiv auf die Palme gebracht und er ist persönlich zu Brandt und Scheel und später zu Schmidt und Genscher geflogen und hat gesagt: So geht das nicht, ihr müsst das mit uns abstimmen. Wir haben eine ganz klare Linie, dass wir Israel hier nicht in Schwierigkeiten bringen wollen durch solche Verabredungen und in Zukunft habt Ihr euch gefälligst nach uns zu richten. Das wurde dann in der Brüsseler Erklärung festgeschrieben und zwar ist das genau zu dem Zeitpunkt, als Willy Brandt rätselhafterweise zurücktrat. Willy Brandt war noch in die USA gereist und hat mit Nixon gesprochen. Dieser hatte sich noch fürchterlich über Willy Brandts selbstbewussten Stil echauffiert …

KenFM:: Diese selbstbewusste Partnerschaft von der er damals sprach …

HERMANN PLOPPA: Ja, eine emanzipierte Partnerschaft. Dann war Willy Brandt plötzlich weg und Helmut Schmidt, der ja allgemein geschätzt wird als ein felsenfester Transatlantiker, hat dann unterschrieben. In dem Moment haben tatsächlich die Außenminister Europas ihre Souveränität aufgegeben.

KenFM:: Ist das eigentlich bis heute alles so, dass man sagt: Alles was auf dem europäischen Kontinent passiert, davon weiß Washington. Also entweder, weil sie es sagen oder weil sie eh abhören und das ist schon immer so gewesen?

HERMANN PLOPPA: Ja, es war nicht immer so. Das war ein hartes Ringen sozusagen. Aber es ist klar, schon als Adenauer mit seinem Kabinett in Bonn gesessen hat, saß obendrüber Herr Gehlen vom Bundesnachrichtendienst und der Bundesnachrichtendienst ist ja bekanntlich genetisch der Abkömmling der CIA. Und der hat natürlich immer Adenauer angezapft und abgehört. Allerdings wagte sich Adenauer in Subordination, er versuchte ja mit de Gaulle – und inoffiziell auch mit Chruschtschow – eine eigenständige europäische Politik zu machen, die ein bisschen ein Gegengewicht – also nicht direkt feindschaftlich gegen die USA – aber ein gewisses eigenes Gewicht herstellen sollte.

KenFM:: Mit Egon Bahr und später auch Olaf Palme versucht einen Dritten Weg zu gehen, zumindest diesen parallel zu gehen, aber das ist ja nicht allen so gut bekommen, diese Entspannungspolitik.

HERMANN PLOPPA: Das sehe ich anders. Also mit den Gaullisten erstmal, um das fertig zu bringen, da kam ja die Spiegel-Affäre. Man könnte auch nochmal kucken, wieso der Spiegel gerade in dem Moment mit Interna, durch den BND über die Bundeswehr, bestückt wurde. Strauß wollte ja mit Adenauer und de Gaulle zusammen eine eigene Nuklearstreitmacht aufbauen. Warum er gerade da gefüttert wurde und warum Strauß dann plötzlich bei der Spiegel-Affäre gestürzt wurde und Adenauer dann wenig später aus Altersgründen – er war auch schon 87 – weggelobt wurde. Die Entspannungspolitik ist eigentlich eher ein Zeichen des Durchmarsches der Transatlantiker. Um überhaupt nochmal auf diese Kontroverse zu kommen: Gaullisten und Transatlantiker. Die Transatlantiker waren zu jener Zeit eher in der SPD und in der FDP auffindbar, ganz knallhart, und die Gaullisten in der CDU und CSU. Also noch der Großonkel vom jetzigen Guttenberg war ein strammer Gaullist. Und die wurden dann so langsam zurückgedrängt, was eben auch schon zeigt, wie gut mittlerweile die Transatlantiker das Parlament und die Regierung unter Kontrolle hatten. Und die Ostpolitik ist dann eigentlich sicheres Zeichen des Sieges der Transatlantiker. Das klingt erstmal paradox. Ich bin ja auch schon älteres Semester und ich weiß wie froh wir alle waren über die Ostpolitik und was unsere Nerven dadurch geschont wurden.

KenFM:: Aber ist das, wenn Sie das jetzt so sagen, diese »flexible response« von der Kissinger spricht? Dass man eben sehen muss, wie man flexibel reagiert, wenn man dem Gegner nicht Herr wird?

HERMANN PLOPPA: Nein, das hat einen anderen Grund. Und zwar, die Weltwirtschaft war ja durch die Entfesselung nach dem Zweiten Weltkrieg so so außer Rand und Band, dass man die sogenannten sozialistischen Länder wie den Sowjetblock und China, als Kunden von Endprodukten  und Lieferanten von RoHermann Plopparodukten mit dazu nehmen musste. Das heißt: Es war ja kein Eigenprodukt von Egon Bahr und Willy Brandt mit der Ostpolitik, sondern sie haben das ja nur im Gleichklang mit Nixon und Kissinger – die waren ja permanent in Moskau, in Peking usw. – auf europäischer Ebene betrieben. Natürlich haben europäische Unternehmer auch versucht da jetzt für sich ein bisschen mehr Stärkung, mehr Lebenselixier aus dem Osthandel herauszunehmen. Einer der wichtigsten Förderer war ja Otto Wolff von Amerongen. Also ein Unternehmer, den hat man viel mit Helmut Schmidt damals zusammen gesehen, und der war nun ein absoluter Alpha-Scharnier-Netzwerker der transatlantischen Seilschaften. Der war ja sogar im Council on Foreign Relations vertreten.

KenFM:: Aber ich möchte nochmal auf diese Ostpolitik kommen. Ich hab vor ein paar Tagen auch ein sehr langes Interview gemacht mit dem Filmemacher Dirk Pohlmann und der hat einen Film gedreht: »Täuschung – Die Methode Reagan«. Der war ja jemand, der wollte überhaupt keine Entspannungspolitik, der wollte ja ganz klar dieses Kalte Krieger-Ding, also dass man mit den anderen gar nicht redet, also nichts mit Entspannung, sondern dass man an der Grenze massiv Waffen auffährt, provoziert. Hat sich denn Ihrer Meinung nach diese amerikanische Politik geändert? Weil ich habe diese Entspannungspolitik nicht als Produkt amerikanischer Think Tanks gesehen, oder verstehe ich Sie falsch?

HERMANN PLOPPA: Es ist ein Produkt. Das ging los, und da haben Sie auch schon das richtige Stichwort genannt, unter »flexible response«. Das ist eine Militärdoktrin, wo man sagt: Wenn die Sowjets ihre Machthemisphäre überschreiten und ein Land aus dem westlichen Orbit zu sich rüber ziehen wollen, dann wird man mit abgestuften Maßnahmen antworten.

KenFM:: Also nicht gleich die Atombombe, wie es auch mal hieß.

HERMANN PLOPPA: Genau, das war nämlich der Vorgänger: die massive Vergeltung. Dies wurde 1952 in New York, ganz offiziell, im Gebäude des Council on Foreign Relations vom damaligen CFR-Mitglied und amerikanischen Außenminister (ab 1953) John Foster Dulles verkündet: massive Vergeltung.

KenFM:: Also das heißt: Wenn die UDSSR sich ein Land holt, dann kommt die Atombombe. Sofort. Ohne weitere Ankündigung.

HERMANN PLOPPA: Ja sofort. Ohne Telefonat, ohne alles. Und die Nahtstelle von massiver Vergeltung zu »flexible response« war ja bekanntlich die Kuba Krise.

KenFM:: Also, dass man abgestuft reagiert.

HERMANN PLOPPA: Genau. Ab dem Zeitpunkt hat man eben gelernt, dass man erstmal anruft – es gab ja dieses rote Telefon, das berühmte – und wenn das nicht klappt, dann muss man auch mal ein paar Schläge geben mit konventioneller Waffengarnitur und wenn das alles nicht hilft, ist aber auch der nukleare Schlag nicht auszuschließen. Dadurch wurde es ja überhaupt erst möglich, diese Ostpolitik, diese Entspannungspolitik zu fahren. Man hatte dann soweit schon den Draht hergestellt zwischen Moskau und Washington, dass man dann auch über geschäftliche Dinge reden konnte.

KenFM:: Diese Politik von der Sie sprechen, wird ja in den Parlamenten, im Kongress verkündet, beschlossen, entschieden und die Taktik wird festgelegt in den Hinterzimmern, an diesen Runden Tischen. Was ist denn eigentlich das Ziel dieser Runden Tische? Was man da ja feststellt ist, dass es da Personen gibt, die sind überall dabei. Und so täuschen die Eliten vor, sie seien ganz viele. Im Grunde aber – Sie schreiben es in Ihrem Buch – ist es aber eine überschaubare Zahl, mehrere Tausend Menschen, die aber zwei Tricks anwenden: Erstens, dass sie sehr viele Posten besetzen und dass sie dann eben diese »revolving door«-Geschichte machen; d.h. wenn man sagt: Die und die und die sagen das auch alle, dann ist es derselbe, der das dort auch sagt. Der springt überall hin, und so kommen neue Namen, wer dasselbe auch alles findet; dann findet das ein Runder Tisch in den Vereinigten Staaten, dann findet das aber auch die deutsche Atlantik Brücke – aber derjenige, der das dort befindet, ist eben derselbe. Aber was ist also das Ziel dieser ganzen Runden Tische? Ist das diese ominöse »Gouvernance«? Was ist das?

HERMANN PLOPPA: Also Gouvernance ist ja auch ein Mittel zum Ziel. Ein Ziel, das ist ja immer anders. In der Entspannungsphase meinetwegen war es eben zu versuchen jetzt überhaupt wirtschaftlich den Ostblock zu durchdringen. Das Ziel ändert sich immer wieder. Natürlich, das endgültige Ziel ist immer maximales Geschäft, maximale Investitionsbedingungen – aber das eben unter relativ kontrollierten Verhältnissen.

KenFM:: Und da ist die Demokratie im Weg?

HERMANN PLOPPA: Das würde ich nicht sagen.

KenFM:: Aber aus deren Sicht schon, weil die spukt denen ja immer hinterher.

HERMANN PLOPPA: Die Demokratie ist ganz nützlich, weil sie ja das Gefühl erzeugt, dass man die Politik, die man bekommt auch selber gewollt hat, dass man selber sein Kreuz darunter gesetzt hat und jetzt diese Politik bekommt. Es geht um eine Art Diskurshoheit, es geht – wie Sie sagen – mit dem »revolving door«-Effekt, also dem Drehtür-Effekt. Es ist so: die Verfassung der USA ist ja die erste egalitäre Verfassung der Welt, 1776 und dann die nächsten Jahrzehnte weiterentwickelt. Alle Menschen – bis natürlich auf Afrikaner und Indianer – sind alle gleich, haben dasselbe Recht, dieselben Zugangsrechte, können überall mitbestimmen. Es ist auch möglich vom Tellerwäscher zum Millionär aufzusteigen. Damit aber genau das nicht passiert, haben sich diese Eliten, die sich spätestens nach dem Bürgerkrieg 1866, Südstaaten gegen Nordstaaten, gebildet haben, quasi in einem selbstreferenziellen Orbit abgeschlossen und reproduzieren sich. Reproduzieren sich durch ihre Elite-Internate, durch ihre Ivy League-Universitäten, wo ein Semester so viel kostet, wie ein Mittelklassewagen

KenFM:: Das kann sich eben nicht jeder leisten …

HERMANN PLOPPA: Nein. Ab und zu werden natürlich mal Leute wie John McCloy aus ärmeren Verhältnissen dazu gezogen, damit man nicht völlig verinzuchtet wie die englische Elite. Und dann kommen die Ultra-elitären Studentenverbindungen dazu, gegen die unsere Burschenschaften, die funktionales Äquivalent sind, geradezu sozial-egalitär sind.

KenFM:: Sind das alles Zuchtanstalten, damit man unter sich bleibt …

HERMANN PLOPPA: Ja.

KenFM:: … und die demokratischen Querschläger möglichst raushält? Ist es das? Der Geldadel möchte unter sich bleiben.

HERMANN PLOPPA: Ja, möchte unter sich bleiben, möchte sich auch reproduzieren. Man kennt das ja, die klingen dann ja auch schon wie Könige: Vanderbilt III oder IV – das sind schon fast wieder feudale Verhältnisse. Wie reproduzieren die sich? Eben durch diesen »revolving door«-Effekt, diesen Drehtür-Effekt auf Deutsch, also dass Leute aus der Elite in unterschiedlichsten Positionen Führungsjobs innehaben.

KenFM:: Können Sie mal so einen Spitzen-Führungsjob-Menschen nennen, der überall mit drin ist?

HERMANN PLOPPA: Ja, also McCloy ist so der Mann par excellence.

KenFM:: McCloy ist ja schon tot.

HERMANN PLOPPA: McCloy ist schon lange tot. Anfang der 20er Jahre fing der seine Karriere an als Wirtschaftsanwalt in der Wall Street bei Cravath & Co. Und er wurde dann auch von dieser Sozietät zu Mussolini geschickt, 1926, um ein Jahr lang Mussolini zu beraten. Weil die USA hatte Mussolini einen Megakredit von 100 Millionen Dollar gegeben – das wären heute ungefähr 100 Milliarden.

KenFM:: Warum haben sie das getan?

HERMANN PLOPPA: Warum haben sie das getan – weil sie sich geschäftliche Vorteile davon versprochen haben, dass dann amerikanische Konzerne dort ein gutes Standbein bekommen, damit die Infrastruktur entsprechend flott gemacht wird – auch weil ihnen das faschistische System wohl recht gut gefallen hat.

KenFM:: Also das spielte dann überhaupt gar keine Rolle. Im Gegenteil, das war gut, das ist berechenbar. So ein Diktator ist berechenbarer als eine Demokratie.

HERMANN PLOPPA: Ja genau. John McCloy hat also ein Jahr lang als Wirtschaftsanwalt diesen Megakredit, der von J. P. Morgan – das war Goldman Sachs des 20. Jahrhunderts – kam. Um den maximal einsetzen zu können und um zu sagen, wie man das international am besten bewerkstelligt. Dann findet man ihn irgendwann wieder auf der Ehrentribüne der Olympischen Spiele 1936 in Berlin, neben Adolf Hitler sitzend, angeblich wegen eines Rechtsstreites aus dem Ersten Weltkrieg, was noch anhängig war. Aber Tatsache ist, dass amerikanische Wall Street-Unternehmen sehr lukrative Geschäfte mit Hitler-Deutschland gemacht haben …

KenFM:: Stichwort IG Farben

HERMANN PLOPPA: IG Farben als Junior-Partner von Standard Oil, ja. Dann findet man McCloy wieder im Krieg, als stellvertretenden Kriegsminister unter Roosevelt und hat da zum Beispiel verhindert, dass die Gleise für die Züge nach Auschwitz bombardiert wurden.

KenFM:: Ich fand interessant, wie er das begründete: Da hätte man auch Gefangene bei töten können.

HERMANN PLOPPA: Hat er das gesagt? Ich hab nur gehört »Kill it« – er wollte es einfach nur nicht hören …  Dann war er nach dem Krieg der erste Präsident der Weltbank. Dann Hochkommissar der amerikanischen Besatzungstruppen in Deutschland, also der Statthalter der amerikanischen Besatzer. Ja, was ist er dann noch gewesen? Er war in verschiedenen Aufsichtsräten von Mercedes Benz usw. Unter anderem war er auch Präsident vom Council on Foreign Relations.

KenFM:: Das ist so ein typisches Ding: Der ist einfach überall dabei, der kann sich praktisch in allen Bereichen, ob die Firma oder der Kreis zustimmt, immer selbst befragen.

HERMANN PLOPPA: Also erstmal steigert das natürlich immer seinen eigenen Kurswert, mit jedem Gewinn an Vernetzung und Knowhow. Zum Zweiten spricht er nicht für sich selber, sondern eben für den Council on Foreign Relations und diese elitären Gruppen und bringt das rein, was so entscheidend ist: den »Esprit de corps« – das ist ein ganz wichtiges Zauberwort im Council, also der Gruppengeist. Also die können sich spinnefeind sein, aber sie halten zusammen, wenn es darum geht an die Futtertröge zu kommen.

KenFM:: McCloy kam ja aus kleinen Verhältnissen, auf seiner Beerdigung waren sehr viele berühmte Personen – ich glaube Helmut Schmidt war auch da.

HERMANN PLOPPA: Alle.

KenFM:: Kissinger war auch da. Der hat sich ja verdient gemacht für diese Menschen, für die er gearbeitet hat. Für die Elite »tolle Sachen« auf den Weg gebracht.

HERMANN PLOPPA: Ja, ja. Er war ja nicht blöd.

KenFM:: Er war nicht blöd. Aber er kam ja aus kleinen Verhältnissen. Dass da jemand aufsteigt, wie es auch einige Alpha-Journalisten tun – ich nehme mal Joffe von der Zeit – beschreiben Sie ja ganz einfach mit: Korruption durch Nähe. Die selbst sehen sich gar nicht als korrupt, sie leisten gute Dienste und werden dafür gelobt. Dass sie aber eine klebrige Nähe mit ihrem Arbeitgeber eingehen und gar nicht mehr moralisch neutral sind, das haben sie nie so gesehen und sehen es auch nicht. Joschka Fischer ist so ein Paradebeispiel: der glaubt es sei gut, was er so macht.

HERMANN PLOPPA: Das ist fast so wie ein Beamter, der sich nichts zu Schulden kommen lassen hat. Man dient seinem Volke, man dient der Allgemeinheit; es ist eine unglaubliche Selbstbeweihräucherung, es werden regelmäßig Bücher geschrieben von Walter Isaacson, dem früheren Direktor des Aspen Institut »Sechs Männer und wie sie die Welt verändern«, wo er solche Drehtür-Männer – George Kennan, McCloy unter anderem – beschreibt, in einer unglaublichen, ja, früher hätte man gesagt: Hofdichtung.

KenFM:: Lassen Sie mich einen Sprung nach Deutschland machen. Sie sind ja ein Freund der deutschen Wirtschaftsordnung, die Sie auf drei Säulen sehen. Können Sie das mal beschreiben? Wir haben das amerikanische Modell, das versucht die ganze Welt zu vereinnahmen, immer unter dem Motto: Der American Way of Life ist super, der gefällt allen und wenn er euch noch nicht gefällt, dann habt ihr ihn noch nicht verstanden, wir helfen euch dabei. Aber dann gibt es eben die deutsche Wirtschaftsordnung – was ist das?

HERMANN PLOPPA: Also ich würde mich vielleicht erstmal verwahren gegen »Freund« der deutschen Wirtschaftsordnung. Aber sie erscheint mir zumindest viel menschlicher als die amerikanische Wirtschaftsordnung. Die amerikanische Ordnung heißt ja ganz einfach: Fast alle Wirtschaftsprozesse werden privatwirtschaftlich-profitorientiert geregelt und wenn nicht das, dann in philanthropischen Stiftungen. Der Staat macht relativ wenig in den USA oder in England. Dagegen haben wir die Kontinentaleuropäische – das ist ja nicht nur Deutschland, sondern auch Skandinavien, Schweiz, Österreich. Dort hatte man von der Geschichte her eine ganz andere Auffassung, nämlich, dass man nur dort Wirtschaftsprozesse dem profitorientierten Treiben überlässt, die nicht allzu großen Schaden anrichten. Also wesentliche Funktionen wie Daseinsvorsorge, Infrastruktur, Geldbeschaffung für die kleinen Leute …

KenFM::  … Gesundheitssystem

HERMANN PLOPPA: Genau. … Geldbeschaffung für Regionen, was Banken nicht machen würden – das ist schon in dem viel geschmähten Preußen besorgt worden, durch öffentlich-rechtliche oder staatliche Instanzen, oder auch das Genossenschaftswesen, ganz wichtig – und das ist auch, würde ich sagen, unser Fingerzeig in die Zukunft, wie wir aus der Misere wieder rauskommen – und nur was man den profitorientierten Unternehmern überlassen konnte, hat man ihnen auch überlassen.

KenFM:: Was ich interessant finde: Viele dieser superreichen Eliten, die zu 80% in Amerika zu Hause sind, können mit Genossenschaften nichts anfangen, wohnen aber dann ganz gerne in dem Genossenschaftsland überhaupt, der Schweiz. Aber können Sie vielleicht mal erklären für Menschen die das nicht so genau wissen. Was ist denn eine Genossenschaft?

HERMANN PLOPPA: Also wenn sich Leute zusammenschließen und ein bisschen Geld einbringen usw. und beschließen meinetwegen: Sie wollen ein Windkraftwerk haben in ihrer Region, sie wollen nicht mehr länger abhängig sein von der Gnade von E.on, dann legen sie Geld zusammen und machen ein Statut, in dem sie sagen: Es gibt für niemanden einzelnen darin einen Profit, sondern das, was man erwirtschaftet, wird wieder reinvestiert oder einem guten Zweck zugetan und es wird alles demokratisch entschieden.

KenFM:: Wenn Sie sagen, in Amerika gibt es nicht so viele Genossenschaften, warum denn eigentlich nicht? Das ist doch gut für das Allgemeinwesen, wenn es auf vielen Schultern lastet und viele mitsprechen, dann ist man nicht dumm überrascht und vor allem wird es beim Bürger akzeptiert. Das ist doch gut, Genossenschaften.

HERMANN PLOPPA: Ja warum, das ist natürlich ein Rätsel. Natürlich gab es auch immer wieder Bestrebungen in den USA. Es hängt ja in Deutschland auch viel zusammen mit der Arbeiterbewegung, vieles ist durch die Arbeiterbewegung gestemmt worden, schon im 19. Jahrhundert, in einer hervorragenden Koalition mit dem Bildungsbürgertum. In den USA wurde die Arbeiterbewegung nie groß toleriert. Allein durch die große Ausdehnung des Landes war es schwierig, landesweit eine Arbeiterbewegung oder überhaupt genossenschaftliche Bewegungen anzuleiern – das hatte also immer nur regionalen Touch. Das haben auch deutsche Revolutionäre nach 1848 immer wieder versucht anzustiften – das ist immer wieder schief gegangen und es wurde meistens auch brutal niedergeschlagen, Haymarket zum Beispiel, in Chicago. Zum anderen ist es auch ein viel härterer Wettbewerb unter den Arbeitern gewesen als bei uns. In Deutschland musste man mit einem gewissen Potential von Arbeitern auskommen, man musste mit ihnen zurechtkommen. In den USA kamen ständig neue Leute an, von überall her und die wollten arbeiten, die wollten überleben.

KenFM:: Das heißt, man konnte jemanden toll ausbeuten und wenn der gesagt hat: Mach ich nicht mehr – dann kam eben der nächste.

HERMANN PLOPPA: Also wenn da Leute gestreikt haben, wenn eine Belegschaft gestreikt hat, dann: Raus! Die Nächsten! – Das hat auch zu fürchterlichen, blutigen Auseinandersetzungen in den USA geführt, weil immer die neue Schicht quasi von den arrivierteren Schichten verdrängt wurden – meinetwegen die Schotten waren schon drin, dann kamen die Italiener, dann wurde auf die eingeprügelt und die Italiener machten den Dreck; dann kamen die Chinesen und haben den Dreck gemacht.

KenFM:: Das System hat sich bewährt, man sieht das ja in den ganzen Freihandelsabkommen, wo man jetzt Nordamerikaner gegen Mexikaner ausspielt oder Kanadier gegen X – also das funktioniert ja, dass man immer jemanden findet, der noch schlimmer dran ist, der das dann macht.

HERMANN PLOPPA: Richtig.

KenFM:: Aber es hat auch einen Impact auf den eigenen Markt, weil wenn auf der anderen Seite der Grenze für den Kurs gearbeitet wird, dann musst du das jetzt auch. Warum lernen Menschen nicht daraus? Gibt es da kein Gedächtnis?

HERMANN PLOPPA: Na die können da ja nichts gegen machen. Der Zustand, den Sie beschreiben, ist ja jetzt durch NAFTA, die Freihandelszone, entstanden.

KenFM:: Ist das eine Freihandelszone?

HERMANN PLOPPA: Das ist die Lizenz zum Töten. Das ist die Lizenz des Stärkeren den Kleineren fertigzumachen. Ganz konkret: Als die Schranken zwischen Mexiko und den USA fielen, hat die Agroindustrie der USA den mexikanischen Lebensmittelmarkt überschwemmt mit ihren Produkten. Die einheimische Wirtschaft ist zusammengebrochen, die bis dahin gut funktioniert hat und die Bauern mussten jetzt als illegale Arbeiter in die USA gehen und dort in eben dieser Agroindustrie arbeiten, zu Sklavenverhältnissen. Das ist jetzt eben auch ein Vorgriff auf TTIP: etliche Regionen werden noch mehr herunterfallen. So kam es, dass diese Solidarisierung durch dieses Teile und herrsche, das seit Cäsar immer wieder zur Anwendung kommt – und die Amerikaner haben es immer besonders gerne betrieben, Gruppen gegeneinander auszuspielen, weil sie jetzt eben auch mal am längeren Hebel saßen. Sie hatten eben ein Land, das groß war, mit Bodenschätzen usw. – wer da rankommen will, der muss sich da schon ein bisschen nach der Decke strecken.

KenFM:: Lassen Sie uns gleich bei TTIP bleiben. Da gibt es ja diese ominösen Schiedsgerichte. Alle reden über das Chlorhuhn oder eben auch nicht. Was hat es denn mit diesen Schiedsgerichten auf sich? Können Sie das mal erklären, dass das wirklich ein Knock-Out sein kann oder ist, wenn das durchkäme?

HERMANN PLOPPA: Also das ist ja jetzt schon allgemein bekannt und kann schon von fast jedem runtergebetet werden: Dass eben unabhängige Schiedsgerichte, die außerhalb der Rechtsprechung der Nationen sind, sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit treffen. Ein Beispiel: Ein Konzern fühlt sich gestört durch strengere Umweltschutzauflagen in einem bestimmten Land. Dann kann der Konzern diesen Staat verklagen, auf Schadensersatz, weil angenommen wird, dass ihm dadurch Gewinne durch die Lappen gegangen sind.

KenFM:: Also Exxon würde theoretisch in Bayern nach Öl bohren wollen. Jetzt sagen die Bayern, dass sie das nicht wollen, weil das direkt vor ihrem schönen Chiemsee sein soll.

HERMANN PLOPPA: Das können sie gerne machen, aber dann müssen sie einige Milliarden an den Konzern ablatzen. Wir haben ja den konkreten Fall mit Vattenfall in Hamburg oder auch mit dem Ausstieg aus der Kernenergie. Ich denke das ist auch so neu nicht: 1959 hat Deutschland bereits einen bilateralen Vertrag mit Indien beschlossen – meines Wissens war es Indien – und auf bilateraler Ebene läuft das schon lange in aller Stille, solche perversen und undemokratischen Regelungen.

KenFM:: Man nennt das Investitionsschutz.

HERMANN PLOPPA: Ja, klingt toll, nicht? Man »schützt« etwas: Investitionen. Ich meine, Investoren sind ja jetzt sowieso göttliche Wesen, die wir auf keinen Fall verkretzen dürfen. Ich würde aber sagen, das ist auch nur ein Teil – nach dem Chlorhühnchen hat man jetzt das mit dem »investor-state dispute settlement«, aber es geht ja viel weiter. Es gibt eben die Tendenz des Kapitals alles um sich herum zu zentralisieren und dann in der Peripherie – also Metropole und Peripherie – intakte Strukturen zu zerschmettern, zu zerstören. So wie ich das beschrieben habe mit NAFTA, so ist es mit der DDR gelaufen nach der Wende. Und wir wiederum, werden auch auf der Strecke bleiben, wenn es jetzt zu diesem TTIP-Abkommen kommt, dann werden die USA, die viel besser aufgestellt sind als wir mit unseren 27 zerstrittenen Nationalregierungen – altes Europa gegen neues Europa als Stichwort – dann werden wir zur enthaupteten, verlängerten Werkbank der USA.

KenFM:: Sie haben eben nochmal ein neues Feld aufgemacht: die ehemalige DDR. Sie schreiben in Ihrem Buch auch darüber, wie dort Banken raubrittermäßig durchs Land gefahren sind und Firmen nur deswegen aufgekauft haben, weil die subventioniert wurden von der DDR und da hat man später gesagt: das sind offene Kredite, das kriegen wir doch von euch. Also da haben wir schon Erfahrungen, wie wir das im Land selbst machen können, wie so etwas abläuft.

HERMANN PLOPPA: Ja, ja. Also es war so, es gab die Kombinate in der DDR, das waren also volkseigene Konzerne, Industrieeinheiten usw. Die haben ihre Gewinne an den Staat DDR abgeführt, das war ein wichtigerer Einkommensanteil als die Steuern. Der Staat hat wiederum, weil ja Kombinate alles Mögliche zu tun hatten – sie mussten Kindertagesstätten finanzieren, Ärzte usw., hatten einen sehr umfassenden Service für ihre Mitarbeiter – sie brauchten Geld. Sie bekamen einen Teil dieser Gewinne als Gewinnrückführung zurück, aber über DDR-Banken. Diese DDR-Banken wiederum haben – leider Gottes, muss man im Nachhinein sagen – diese Rückführungen als Kredite in ihren Büchern gehabt. Das waren aber keine kapitalistischen Kredite, das waren Subventionen. Als nun die DDR zusammenbrach, haben die Westbanken entdeckt: Aha, da gibt es was: Kredittitel. Und haben für n Appel und n Ei über die Treuhand diese DDR-Banken gekauft

KenFM:: Nur wegen der Titel?

HERMANN PLOPPA: Naja, es gibt vielleicht noch mehr. Natürlich auch die ganzen Kundenkarteien usw. – so hat man dann im Schnellverfahren einen neuen Markt aufgetan. Dann haben sie diese DDR-Banken eben aufgekauft und haben dann wieder diese angeblichen Kredittitel, die keine Kredittitel waren, bei den Kombinaten eingefordert, plus 10% Zinsen. Da sind selbst funktionstüchtige Kombinate zusammengebrochen und mussten Insolvenz anmelden.

KenFM:: Dann hat man so auch den Markt bereinigt.

HERMANN PLOPPA: Auch das. Allerdings gab es dafür auch noch andere Techniken. Aber das war eben auch eine Möglichkeit.

KenFM:: Das Geld floss vom armen Osten in den reichen Westen.

HERMANN PLOPPA: Nein nicht so. Also die Bundesregierung hatte diesen Fall – seltsamerweise – vorweggedacht und hatte einen Erblastentilgungsfond eingerichtet. Allein schon dieser Name – eine Frechheit, die DDR und ihre Bevölkerung als Erblast und Erblastentilgungsfall zu diffamieren. Der Erblastentilgungsfond war angesiedelt im Bundesfinanzministerium unter Theo Weigel. Dort konnten diese westlichen Banken das, was sie aufgekaut hatten an verlierenden Unternehmen im Osten, quasi die Verluste, diese verlorenen Kredittitel, der von ihnen selber in den Ruin getriebenen Kombinate, einfordern. Haben also gesagt: Leute, wir haben da ein Kombinat gekauft und wir haben auch eine Bank und einen Kredittitel für ein Kombinat; das Kombinat ist zusammengebrochen, wir wollen das Geld von euch haben. Über den Erblastentilgungsfond wurde dieses Geld dann den Banken überwiesen – aus den Steuermitteln von West und Ost.

KenFM:: Interessante Aufbauhilfe …

HERMANN PLOPPA: Ja, für wen? Cui bono? Und das führte dazu, dass allein über diesen Weg 200 Milliarden DM aus Steuerzahlermitteln den Banken einfach geschenkt wurden, für angebliche Kredittitel. Der Herr, der das als verantwortlicher Staatssekretär im Finanzministerium Weigel bewerkstelligt hat, heißt: Horst Köhler – und ist zur Belohnung Chef des IWF geworden und dann Bundespräsident. Sein verantwortlicher Referatsleiter – meine Damen und Herren, man höre und staune – der das genau im Detail ausgearbeitet hat, diesen Raub am deutschen Volk, ist kein geringerer als Thilo Sarrazin!

KenFM:: Ich möchte noch einmal Ihr Buch in die Kamera halten, »Die Macher hinter den Kulissen«, weil wir haben gerade wieder gesehen, wo die Drehtüren überall eingebaut sind – und deswegen wird einem vielleicht auch schwindlig, weil das so viele Drehtüren sind. Ich möchte auf etwas kommen, was ich im Buch gelesen habe, was ich sehr spannend fand. Sie sprechen dort über Planwirtschaft und da denkt man ja sofort an die UDSSR, die Landwirtschaft, wie das alles danebengegangen ist. Dann schreiben Sie aber über Roosevelt und den New Deal, was eine Art Planwirtschaft ist oder war.

HERMANN PLOPPA: Ja, naja, das geht noch weiter zurück – und zwar im Ersten Weltkrieg. Als man merkte, dass man jetzt ganz schnell die US-Gesellschaft formieren musste für den Sieg im europäischen Krieg, da hatte man es sehr eilig, die Unternehmer der USA zu formieren. Es wurden Kammern eingerichtet, in denen Vorgaben für die Wirtschaft gemacht wurden. Das ging hin bis zu den Schuhformaten: alle Schuh-Firmen mussten vier verschiedene Schuhformate produzieren. Der billigste hieß »Liberty-Schuh«. Da konnte sich die Schuhwirtschaft aber nochmal gegen wehren. Aber es wurde damals bereits festgelegt, wer kriegswichtige Rohstoffe bekommt und wer nicht. Und da haben die Kartelle in den USA wiederum kleinen, mittelständischen Unternehmen das Licht ausgeblasen.

KenFM:: Die haben also damit argumentiert: Sorry, Privatwirtschaft war ja immer super, aber in so einer Situation muss alles für den Krieg arbeiten. Und dann sind die knappen Rohstoffe den Industrien zuzuführen, die auch was für den Krieg tun …

HERMANN PLOPPA: Ja.

KenFM: Ich möchte nochmal Ihr Buch in die Kamera halten: ‚Die Macher hinter den Kulissen‘. Weil wir haben gerade noch einmal gesehen, wo die Drehtüren überall eingebaut sind. Deswegen wird einem vielleicht auch schwindlig, weil dort so viele Drehtüren sind. Ich möchte auf etwas kommen, was ich im Buch gelesen habe; was ich sehr spannend fand: Sie sprechen dort über Planwirtschaft. Und da denkt man ja sofort an die UdSSR und die Landwirtschaft und wie das alles daneben ist und dann schreiben Sie aber über Roosevelt und den New Deal, der eine Art Planwirtschaft ist oder war.

Hermann Ploppa: (zögerlich)Ja. Nein. Also es geht noch weiter zurück. Und zwar im ersten Weltkrieg als man merkte, dass man jetzt ganz schnell die US-Gesellschaft formieren musste für den Sieg im europäischen Krieg. Da hatte man es sehr eilig, die Unternehmer der USA zu formieren. Es wurden Kammern eingerichtet, in denen Vorgaben zur Wirtschaft gemacht wurden. Es ging bis hin zu Schuhformaten. Alle Firmen mussten bestimmte, 4 verschiedene Schuhformate produzieren. Der billigste hieß ‚liberty shoe‘ (lacht)- der Freiheitsschuh. Da konnte sich die Schuhwirtschaft aber nochmal gegen wehren. Aber es wurde damals bereits festgelegt, wer kriegswichtige Rohstoffe bekommt und wer nicht. Und da haben Kartelle in den USA kleinen, mittelständischen Unternehmen das Licht ausgeblasen.

KenFM: Die haben dann also damit argumentiert: ‚Sorry, Privatwirtschaft war immer super, aber in so einer Situation muss alles für den Krieg arbeiten. Deswegen sind die knappen Rohstoffe den Industrien zuzuführen, die auch etwas für den Krieg tun?‘

Hermann Ploppa: Ja.

KenFM: Marktbereinigung?

Hermann Ploppa: Ja. Und zwar durch Kartelle. Man weiß ja, dass Lenin bekanntlich ein großer USA- Fan war und er hat ja dann diese Technik übernommen für die Sowjetunion; jetzt mal sehr shortcut-mäßig gesagt.

KenFM: Lassen Sie uns über ein Wort reden, das in Ihrem Buch sehr oft fällt, aber geschichtlich anders aufgearbeitet wird. Da habe ich etwas gelernt, das muss ich auch sagen. Neoliberalismus. Es gibt jemanden in diesem Buch, der hat bereut, nicht Copyright auf dieses Wort angemeldet zu haben. Der Erfinder des Neoliberalismus, der aber anders gemeint war?

Hermann Ploppa: Ja. Also kurz zur Geschichte des Neoliberalismus, oder des Marktradikalismus, der sich dann davon abgetrennt hat: Franklin Delano Roosevelt war ja ein gänzlich anderer Präsident als alle anderen. Er versuchte die USA ein bisschen deutscher, ein bisschen europäischer zu machen. Die Rechte der kleinen Leute zu stärken, auch eben das öffentlich-rechtliche Wirtschaftsleben zu fördern und das genossenschaftliche Leben zu fördern. Natürlich, die Unternehmer und die Banker in den USA haben erst einmal gesagt: ‚Prima; die haben uns jetzt aus der Krise von ‚29 herausgeholt. Es läuft wieder alles. Wir brauchen keine Angst zu haben. Es geht weiter. Er hat den Kapitalismus quasi vor sich selbst gerettet indem er eben ein bisschen sozialistischer gewirtschaftet hat.‘ (lacht) Der große Schock brach aus als Roosevelt 1936 in einem Erdrutschsieg seine Macht befestigen konnte und dann ankündigte, jetzt erst richtig loszulegen mit dem New Deal. New Deal heißt, die Karten neu mischen. Das war ein Schock für die Oligarchen. Ich sage immer, es war eine ähnliche Situation wie unter Hugo Chávez in Venezuela. Dass jemand durch ein populistisches Mandat den Mächtigen, den Konzernen, dem Establishment Kontra geben konnte. Das war der Punkt, wo die gesagt haben: ‚So, wir wollen jetzt aber das Heft wieder in die Hand bekommen. Wir wollen jetzt wieder zurück zu dem liberalen Wirtschaftswesen, also Staat weg usw.‘ Sie wussten aber ganz genau, sie konnten jetzt nicht wieder ankommen und sagen: ‚Wir wollen jetzt hier wieder Liberalismus haben!‘ Da hätten die Leute sie ausgelacht. Es gab dann 1938 ein Seminar, Walter Lippmann, in Paris. Wo Walter Lippmann, einer der Chefideologen des Council on Foreign  Relations [später CFR].

KenFM: Mitbegründer.

Hermann Ploppa: Ja. Auch Mitbegründer, genau. Da eben ein neues Selbstverständnis des Liberalismus verkündete wurde. Es wurde dort diskutiert: Wie soll man das Ding nennen? Es gab verschiedene Vorschläge und der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Alexander Rüstow sagte dann: ‚Das nennen wir Neoliberalismus.‘ Und dann wurde es übernommen, dieser Name. Man versuchte jetzt es zurückzurollen, dieses Ganze, die Entwicklung und die Macht der Konzerne wieder herzustellen.

KenFM: Unter einem neuen Namen, der nicht irgendwie in Verruf geraten war?

Hermann Ploppa: Erstens das und zweitens auch ein neues Verständnis. Also es kam sozusagen der Konsumismus. Im Film ‚ The Century of the Self‘ von Adam Curtis kann man das wunderbar sehen in der ersten Folge. Dann gab es eine Weltausstellung 1939, auf  der der Kapitalismus sich ganz neu definierte als Konsum, als Konsumerismus.

KenFM: Also Konsum als Selbstzweck, als Ziel?

Hermann Ploppa: Als Selbstzweck und für alle. Man wollte nicht zurück zu dem Armutskapitalismus.

KenFM: Damit wurde aber auch eine Attraktivität erzeugt? Wenn jeder ein Auto hat, jeder kann telefonieren, es ist mehr als genug für alle da; Konsum macht Spaß. So wurde es damals verkauft?

Hermann Ploppa: Für jeden ein Auto! Unvorstellbar! Und Edward Bernays hat das dann auch ideologisch aufbereitet. Der ist ja jetzt gerade mit seinem Buch ‚Cristalizing Public Opinion‘ in den Charts.

KenFM: Wichtiger wäre vielleicht noch das Buch von 1928 ‚Propaganda‘.

Hermann Ploppa: Ja. Dann war ja erst einmal der zweite Weltkrieg und da war dann erst einmal Schluss mit diesen ganzen Überlegungen. 1949 ging es dann weiter, oder ‚48, mit der ‚Mont Pelerine Gesellschaft‘. Dort saßen dann zusammen alle Neoliberalen. Und da waren auf deutscher Seite Alexander Rüstow, Wilhelm Röpke, Harnack, Ludwig Erhard, Müller- Armack. Und auf der anderen Seite eben das, was später die Marktradikalen wurden und die sich durchgesetzt haben, nämlich Milton Friedman und seine Leute, die wirklich sagen: ‚Der Staat soll sich aus Allem heraushalten. Der Staat soll wirklich nur für die freien Handelswege sorgen, für die Sicherheit des Vertrages und die Sicherheit des Eigentums.‘ Während die Neoliberalen der deutschen Schule; nicht zu verwechseln mit der österreichischen Schule; haben gesagt: ‚Das Volk muss etwas davon haben. Es muss sozial ausgewogen sein.‘ Deswegen ging es uns ja auch so gut nach dem zweiten Weltkrieg mit Ludwig Erhard.

KenFM: Die soziale Marktwirtschaft?

Hermann Ploppa: Die soziale Marktwirtschaft. Natürlich hatte Ludwig Erhard auch daran gedacht, dass die Wirtschaft alles steuern soll usw., aber es wäre ihm nie eingefallen, diese Dreiteilung der Wirtschaft, die ich benannt habe; öffentlich-rechtlich staatlich, genossenschaftlich und privat anzutasten. Während die Marktradikalen eben wirklich ganz brutal durchgegriffen haben. Es ging dann ja zu diesem nationenweiten Versuch in Chile 1973 als am 11. September 1973 Allende in einem Putsch ermordet wurde und dann 30.000 Menschen sofort im KZ verschwanden, und dann Pinochet das chilenische Volk duldungsstarr gehalten hatte für die marktradikalen Rezepte von Milton Friedmann.

KenFM: Das war ein Test später für Reagan und Thatcher?

Hermann Ploppa: Das war ein Test. Geht das? Funktioniert das? Zum Beispiel das Umlageprinzip wurde abgeschafft, was man aus Deutschland übernommen hatte; durch ein risikobasiertes Rentensystem ersetzt. Man merkte, es ist zwar schwierig, vielleicht gibt es auch erst einmal Stagnation oder Rückgang…

KenFM: Oder Revolution, ein bisschen?

Hermann Ploppa: Revolution schon mal gar nicht. Die hat man vorher alle umgebracht. Als man gemerkt hat, irgendwie geht es schon, da hat man es in den USA durchgedrückt unter Ronald Reagan und mit Maggi Thatcher in Großbritannien, aber in Deutschland – Helmut Kohl hätte sicherlich auch gern den deutschen Ronald Reagan gemacht, aber er konnte es nicht. Weil eben die von den Marktradikalen belächelte Konsensgesellschaft einfach dies nicht möglich machte.

KenFM: Lassen Sie uns mal über Walter Lippmann sprechen. Es gibt ja ein ganz berühmtes Buch von ihm, nämlich ‚Die öffentliche Meinung‘. Das kennen gar nicht so viele Leute bei den Medien, was mich immer ein bisschen verwundert. Aber auch sein Buch ‚Good Society‘, was sehr früh geschrieben wurde.

Hermann Ploppa: Das war das Manifest des Neoliberalismus.

KenFM: Ganz genau! Wissen Sie, wann das geschrieben wurde? 19..?

Hermann Ploppa: ‚38.

KenFM: ‚38. Das wirkt ja nach bis heute. Man muss diese riesigen Dekaden sehen, wo das nachwirkt.

Hermann Ploppa: Das ist jetzt erst richtig aktuell, sozusagen.

KenFM: Der hat beschrieben, wie er es gerne hätte, so wie wir es gerade haben. Der ist ja der Gründer des CFR und der hat ja damals in diesem Buch ‚Good Society‘ die Auflösung der Nationalstaaten als Zukunftsvision gepredigt. Was macht denn bei Lippmann die ‚good society‘, die gute Gesellschaft eigentlich aus? Was ist das denn für den, die gute Gesellschaft?

Hermann Ploppa: Das ist die, wo man frei konsumieren kann und wo man frei unternehmerisch tätig sein kann. Wobei er damals unter dem starken Eindruck von Roosevelt eben auch ganz klar gesagt hat: ‚Soziale Standards müssen erhalten bleiben‘.

KenFM: Also es gibt Grenzen?

Hermann Ploppa: Es gibt Grenzen und es muss Bildung auf jeden Fall gewährleistet sein. Aber er schreibt ganz deutlich, die innere Ausstattung des Menschen für den komplexen Kapitalismus müsse massiv umgeschrieben werden.

KenFM: Wie meint er das?

Hermann Ploppa: Sowohl durch Bildungsprogramme wie auch eugenisch. Das Witzige ist, er schreibt eben auch ‚Eugenik‘, obwohl er in den 20er Jahren noch ein Gegner der Eugenik war. Und jetzt plötzlich sagt er: ‚Es läuft darauf hinaus, dass der Mensch sowohl in seiner Software wie in seiner Hardware umgeschrieben werden muss.‘

KenFM: Also ein Rassenprogramm, ein Züchtungsprogramm?

Hermann Ploppa: Das ist übertrieben jetzt, aber er möchte auf jeden Fall, dass der Mensch umfassend umstrukturiert und umgeschrieben wird für die Erfordernisse einer Bildungsgesellschaft, einer Lerngesellschaft, einer Gesellschaft, wo man ständig umlernt, ständig komplexere kapitalistische Wirtschaftstätigkeiten vollziehen muss.

KenFM: Amerika, die Vereinigten Staaten waren damals ein sehr modernes Land, dahingehend, dass man viele Dinge neu gedacht und neu gemacht hat, sozusagen ein Experimentierfeld. Weil Sie von Eugenik sprechen, also die Vision, um eine neue Gesellschaft zu schaffen, brauchen wir einen neuen Menschen und zwar physisch brauchen wir den. Das war ja auch etwas, was die Nationalsozialisten in Amerika beobachtet haben und dort sich eigentlich abgeguckt haben?

Hermann Ploppa: Ja.

KenFM: Neue Menschen, eine neue Rasse formen. Warum war das in dieser Zeit so modern?

Hermann Ploppa: Naja, das war eben das ‚state of the art‘ in der Forschung. So ungefähr von 1900 bis 1920 war der Königsweg um soziale Probleme zu lösen, um Kriminalität abzuschaffen endgültig, war einfach die Umprogrammierung des Menschen. Wobei Galton, der Erfinder der Eugenik, ja auch daran gedacht hatte, die Leute positiv zu fördern, verfiel aber die amerikanische Eugenik darauf, nur die negativen, also die unteren Teile der Bevölkerung abzukappen.

KenFM: Es wurden ja auch tausende Menschen zwangssterilisiert.

Hermann Ploppa: Ja, ja. Das war Gesetz in US- Bundesstaaten.

KenFM: Sie haben ja auch ein Buch geschrieben über die amerikanischen Eliten, die quasi auch Ideengeber waren und Steigbügelhalter für die Nationalsozialisten. Können Sie das Buch mal nennen?

Hermann Ploppa: ‚Hitlers amerikanische Lehrer‘.

KenFM: Dieses Buch [‚Die Macher hinter den Kulissen‘] baut ja auch ein Stück weit darauf auf. Was sind denn Ihre Erkenntnisse, wenn man es sich anschaut in ‚Hitlers amerikanische Lehrer‘. Wer waren denn diese Lehrer?

Hermann Ploppa: Ich habe das dort ja gegliedert: Einmal das, was man vorfand durch die eugenischen Stiftungen in den USA, die sehr mächtig waren, die Einfluss gemacht haben schon seit Ende des 19. Jahrhunderts, minderwertige Menschen, ‚inferior‘ Menschen zu sterilisieren, zu kastrieren oder zu internieren, also ein Leben lang daran zu hindern, ein Wesen des anderen Geschlechts zu befruchten. Und zum anderen Denker. Also es gibt Lothrop Studdard, Madison Grant und Henry Ford. Henry Ford, das hat sich schon ein bisschen herumgesprochen, im Braunen Haus war ja bekanntlich ein riesiges Poster von Henry Ford hinter dem Arbeitstisch von Hitler und er hat ja Vieles übernommen.

KenFM: Das Braune Haus wurde ja auch von Prescott Bush, also dem Großvater, der war ja in einer großen Bank ansässig, finanziert. Das wissen die Leute ja auch nicht.

Hermann Ploppa: Nein, ich weiß das auch nicht.

KenFM: Da gab es immer Verbindungen, dass man sich gegenseitig mochte. Ich meine, wenn man sich ‚Mein Kampf‘ durchgelesen hat, stellt man fest, dass man eigentlich hätte Adolf Hitler auch wegen Copyright- Verletzungen drankriegen müssen. Weil viele der Teile, die ich dort gelesen habe, habe ich schon vorher gelesen in Teil 1 und Teil 2 von Henry Ford ‚Der internationale Jude‘. Das war auch so etwas, darüber wird auch nicht gesprochen: Das war damals der Geist. Der war zwar sehr unangenehm, der war zwar braun, aber der herrschte in vielen hohen Gesellschaften vor.

Hermann Ploppa: Natürlich. Das war absolut der Glaube der US-amerikanischen Eliten in diesen Jahren. Man nahm Abstand davon, das muss man auch differenziert ganz klar sagen, in den 30er Jahren. Also die Rockefeller-Stiftung hat bereits 1928 ihre eugenischen Programme eingestellt und die Carnegie-Stiftung hat 1938 die Programme eingestellt. Nichtsdestoweniger hat die Rockefeller-Stiftung noch von den eugenischen Experimenten von Mengele profitiert, war mit Millionen in dem deutschen eugenischen Projekt mit drin. Für sich selber hatte man längst erkannt, durch die Erkenntnisse des Biologen Thomas Hunt Morgan, dass es viel komplexer ist, die Materie, als man es sich bis dahin vorgestellt hatte. Aber die Deutschen ließ man quasi mit den abgetragenen Kleidern des großen Bruders weiterlaufen.

KenFM: Ich möchte noch einmal auf die Aussage von Walter Lippmann kommen, die Sie angedeutet haben, und zwar was die innere Ausstattung eines Menschen angeht, die verändert werden müsste. Sie haben ein Zitat von Angela Merkel, das da ganz gut dazu passt. Es bezieht sich auf die Wirtschaft. Das ist auch eine Art von Ausstattung. Können Sie das mal bringen?

Hermann Ploppa: Sie meinen jetzt wahrscheinlich jenes Treffen im März 2013, wo Frau Merkel den französischen Präsidenten François Hollande und den damaligen EU-Ratspräsidenten Barroso zu sich ins Kanzleramt zitiert hat und dort saßen bereits 15 ehrenwerte Herren vom ‚European Round Table of Industrialists‘. Alle sprechen von Barroso, der EU-Bürokratie, aber immer noch, selbst bei Gruppen wie Attac wird wenig gesprochen über Gruppen wie  den ‚European Round Table of Industrialists‘ oder diese wirklich mächtigen Unternehmerverbände auf euro-amerikanischer Ebene wie zum Beispiel ‚Transatlantic Business Council‘. Da ist nämlich TTIP schon Realität. Da sind die Unternehmerverbände von Europa und USA bereits in einer Kammer vereinigt. Jedenfalls der ‚European Round Table of Industrialists‘ rühmt sich selber, die Lissabon Agenda von 2000 geschrieben zu haben, die dann eins zu eins von den Regierungschefs umgesetzt wurde. Ebenso haben sie eben viele andere Sachen noch vorgegeben. Das ist kein Geheimnis. Dazu stehen die selber auf ihrer Website. Und sie haben sich getroffen, wie gesagt, im Kanzleramt und dort hat sich dann sofort; also die Herren vom ‚European Round Table of Industrialists‘ hatten rein zufällig einen Wunschkatalog dabei (lacht), der dann auch spontan eins zu eins umgesetzt wurde.

KenFM: Von wem? Von Angela Merkel?

Hermann Ploppa: Ja, Angela Merkel und François Hollande beschlossen dann eine ‚Franco-German Working Group on Competitiveness and Growth‘ einzurichten, wo also die beiden Leithammel der EU, also Deutschland und Frankreich, sich jetzt noch einmal ein bisschen positionieren wollen, aufstellen wollen für den weltweiten Kampf. Und dort; es ist nichts weiter als ein reines marktradikales Bekenntnis; da heißt es in diesem Arbeitspapier, was dann regierungsamtlich ist, geschrieben: ‚Die Europäische Union soll davon absehen, neue Gesetzesvorschläge einzubringen, die für Investitionen schädlich sind.‘ Oder; übrigens noch nebenbei bemerkt, es war damals 2013 der Text noch im Internet. Der ist heute nur noch schwer irgendwo zu beschaffen. ‚Die Wirksamkeit öffentlicher Ausgaben muss zu jeder Zeit strenger Überprüfung unterliegen. Das Angebot an öffentlichen Dienstleistungen muss dem Wettbewerb durch Initiativen und Vorschlägen aus dem Privatsektor ausgesetzt werden‘ Und noch ein Ding: ‚Es muss ein erstrangiges Ziel werden, öffentliche Ausgaben in Frankreich und in Deutschland zu verringern.‘ Warum? ‚Öffentliche Ausgaben und öffentliche Regulierungen müssen solche Investitionen bevorzugen, die Wachstum erzeugen. Die Erweiterung der öffentlich-privaten Partnerschaften kann die Effizienz im Bereich der Verkehrsplanung beträchtlich vergrößern.‘

KenFM: Das klingt ja erst einmal alles so, dass man mehr Möglichkeiten haben soll.

Hermann Ploppa: Es ist ja schon heftig. Warum soll man denn öffentliche Ausgaben senken?

KenFM: Weil da Beamte sitzen, die gar keine Ahnung von der Materie haben und einfach nur das Geld loswerden müssen. Und jemand, der sich privat damit beschäftigt, der hat einen ganz anderen Zugang, einen ganz anderen Elan entwickelt. Ich mache jetzt mal einen Runden-Tisch-Mitarbeiter.

Hermann Ploppa: Sie sind jetzt der ‚advocatus diaboli‘, schon klar. (lacht)

KenFM: Ich möchte jetzt mal eine Frage stellen: Wie kann man denn eine dynamische Wirtschaft; die  Wirtschaft ist ja dynamisch, die Weltwirtschaft sowieso; so steuern, dass sie nicht durch staatliche Bürokratie erstickt wird? Also es muss ja eine Bürokratie geben, aber die kann ja auf dem globalen Markt- also man kann ja nicht mit deutschen Gesetzen in China arbeiten auf der einen Seite. Auf der anderen Seite aber soll parallel verhindert werden, dass diese dynamische Wirtschaft sich wie eine Krebszelle verhält. Sie soll also dynamisch sein. Es soll aber auch Grenzen geben. Und sie darf nicht zu stark sein. Wie geht das? Geht das überhaupt? Geht Freiheit in Grenzen?

Hermann Ploppa: Ich sage mal so: Es hat längst eine Dimension angenommen, die ja von der Bevölkerung nicht mehr kontrollierbar ist und wo die Bevölkerung eigentlich nur noch das passive Schlachtvieh ist. Es kann nur die Antwort sein: Zurück zu einer Regionalisierung. Das mag jetzt provinziell klingen, ist aber sicher nicht abwegig.

KenFM: Überschaubarkeit schaffen?

Hermann Ploppa: (nickt) Überschaubarkeit schaffen. Warum muss denn jetzt in einem entfesselten Markt unbedingt Schweinehälften aus Bulgarien hierher gefahren werden mit gigantischem Dreck? Das ist mit Sicherheit nicht wirtschaftlicher wie die vorherige regionalisierte Version, dass eben der Bauer aus dem Nachbardorf entsprechend liefert.

KenFM: Man muss sich auch einmal anschauen, wie heute Lebensmittel, die ja designt werden, zusammengebaut werden; wo die Produkte herkommen. Also von A nach B wird gefahren um dort das zu fertigen und dann geht das zusammen dorthin und wird verpackt. Dann geht es aber dorthin und wird verschickt. Also wie viele Kilometer ein Joghurt hinter sich hat bis wir es überhaupt essen.

Hermann Ploppa: Es wird doch auch vieles subventioniert, was gar nicht wirtschaftlich ist. Es ist doch ein Mythos, dass diese Art von globalisierter Wirtschaft in irgendeiner Weise wirtschaftlich oder ökonomisch ist. Das ist sie doch gar nicht. Das wird uns doch nur durch die Medien so vorgegaukelt.

KenFM: Das hat natürlich auch damit zu tun, dass Energie zu billig ist. Weil solang Benzin so billig ist…

Hermann Ploppa: Es wird doch auch subventioniert.

KenFM: Ja, ..und subventioniert wird. Aber Wasser ist in Tankstellen teurer als Benzin. Solange das so ist, was würden Sie denn vorschlagen um da mal eine Realität hineinzubringen? Dass sich das nicht mehr lohnt? Was könnte man da machen? Den Benzinpreis auf 5€ setzen je Liter? Oder was würden Sie tun?

Hermann Ploppa: Da haben wir kleinen Leute eh keinen Einfluss darauf. Aber wir können ja nur versuchen aus der Basis her, aus dem Bereich in dem wir leben, zu verändern. Da kann man dann aber auch nicht immer sagen: ‚Hannemann, geh du voran – Du hast die Salamander an!‘ Da sind wir alle verantwortlich.

KenFM: Das heißt, wir können durch unseren Konsum sagen: ‚Ich kaufe regionale Produkte, dann vermeide ich Wege.‘ Das kann ich schon tun.

Hermann Ploppa: Zum Beispiel. Was natürlich für Leute aus ärmeren Schichten schwierig bis undurchführbar ist. Es sind natürlich jetzt gerade die neureichen Grünen, die dann auf den Markt gehen und spitzfingrig greifen und fragen: ‚Ist das jetzt auch wirklich biologisch und dynamisch?‘

KenFM: Die, die besser verdienen als die FDP?

Hermann Ploppa: (lacht) Ja, so wie ich das geschrieben habe. Das muss natürlich auch demokratisiert und sozialisiert werden.

KenFM: Welche Rolle spielen bei diesem ganzen Spiel, bei diesen Machern, die hinter den Kulissen wirken, welche Rolle spielen denn die Medien?

Hermann Ploppa: (atmet tief) Die Medien? Ja ganz gewaltig. Ich bin da jetzt nicht der primäre Experte. Es gibt ja Uwe Krüger, der diese Doktorarbeit geschrieben hat, wo er zum ersten Mal wissenschaftlich empirisch nachgewiesen hat…

KenFM: Alphajournalismus!

Hermann Ploppa: (nickt) Alphajournalismus. Er hat ja genommen vier Zeitungen: Süddeutsche, die Welt, die Zeit und die FAZ. Und da wissen wir ja: Zwei davon sind eher rechts anzusiedeln und zwei angeblich eher links.

KenFM: Was immer das heute heißt.

Hermann Ploppa: Ja, ja, aber dann hat er erst einmal geguckt, Quellenanalyse: Was steht denn da eigentlich in der Süddeutschen? Das klingt doch genauso was der Stefan Cornelius schreibt wie das, was der Herr Frankenberger in der Frankfurter Allgemeinen schreibt. Dann fragt er als nächstes: Wie kommt denn das? Und dann sieht er: Aha, die sind alle in den selben transatlantischen Seilschaften drin, in den selben Organisationen.

KenFM: Zum Beispiel die Atlantikbrücke als wichtigste.

Hermann Ploppa: (nickt) Atlantikbrücke, Aspen Institute, Stiftung Wissenschaft und Politik, German Marshall Fund of the US.

KenFM: Es gibt bei Ihnen zwei Ausnahmen, die ich bei Ihnen im Buch gefunden habe. Eine ist schon tot – Scholl-Latour und Caren Miosga sind nicht in der Atlantikbrücke.

Hermann Ploppa: (lacht) Wer weiß. Sie ist mir noch nicht aufgefallen. Sie wird vielleicht schmunzeln, wenn sie das Buch liest und sagt ‚hehe‘. Keine Ahnung. Bei Scholl-Latour wissen wir es ja. Der ist ein alter Gaullist gewesen. Eben auch nicht gerade ein Menschenfreund, der sich sozusagen das ganze imperiale Modell von Frankreich aus gedacht hat.

KenFM: Das Elend also eher als lokal begrenzt gesehen hat, also die Machtausübung. Aber lassen Sie uns doch einmal bei den Medien bleiben. Das heißt also, diese Alphajournalisten stellen ja die öffentliche Meinung her. Das hat ja Herr Bröckers an diesem Schreibtisch auch schon gesagt. Der Mitbegründer der taz; zitiert: „Wenn ich gewusst hätte, was aus der taz wird, dann hätte ich sie nie gegründet.“ So das Zitat. Der hat ja auch schon gesagt: „Die Medien bilden die Realität nicht ab, sie schaffen sie.“ Also das ist ja der Beruf dieser Menschen inzwischen geworden. Aber wenn man sie darauf anspricht; die Anstalt hat das ja in einer sehr provokativen Art und Weise getan, dass sie gezeigt hat, wer da überall ist, das waren dann ja nur noch weiße Fäden von A nach B;

Hermann Ploppa: Das waren die Diagramme von Uwe Krüger.

KenFM: Da wurde ja dann mal von Joffe von der Zeit geklagt. Jetzt, wo das offen daliegt, ist das in das Gedächtnis der Menschen eingedrungen? Bleibt es dort oder machen die einfach so weiter, weil die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird?

Hermann Ploppa: Das ist ja immer diese Immunisierungsstrategie, nicht? So kleine Häppchen von Schock, von Wahrheit; man gewöhnt sich daran. ‚Aha, NSA! Die hört eh alles ab. Gut, dann kann ich ja eh die Hüllen fallen lassen.‘ Klar das ist die Methode – ich komme jetzt nicht darauf – Roland Barthes hat darüber mal etwas geschrieben; dass das eben so eine Art von…

KenFM: Impfung?

Hermann Ploppa: Impfung! Serum-Methode nennt er das – genau, jetzt habe ich es – Serum-Methode! Also kleine, ein bisschen Pocken hinein, dann ist man immun.

KenFM: Dann kommt es zu einer Reaktion erst einmal und dann klingt die ab. Und dann geht das.

Hermann Ploppa: So funktioniert das mit diesen ganzen Enthüllungen. Klar, die haben keine andere Funktion als die Leute sanft daran zu gewöhnen.

KenFM: Also das, was da an Verpackungsmaterial von der Enthüllung wegkommt, das wird dann dem Bürger, der wird praktisch damit umhüllt. Dann sieht er auch nichts mehr. So sehe ich es zumindest. Oder er will es nicht mehr sehen. Er verfängt sich in der Verpackung und sieht dann das Objekt nicht mehr. Aber, ich meine, wir brauchen ja eine Presse. Wir brauchen ja eine öffentliche Presse. Was passiert denn, wenn es so weitergeht?

Hermann Ploppa: Tja, also man sieht ja, dass sich irgendwie eine neue Presse, eine neue Öffentlichkeit entwickelt, die langsam auch mehr Gehör findet. Das heißt, es war noch – und da bin ich auch ganz froh darüber; deswegen habe ich das Buch auch jetzt veröffentlicht. Ich hätte es auch schon vor zehn Jahren veröffentlichen können, aber damals wäre ich sofort erstickt worden als Verschwörungstheoretiker – bis vor zwei Jahren hätte man den Leuten noch sagen können: ‚Aber der Spiegel hat doch gesagt!‘ ‚Aber die Zeit ist doch so seriös und hat gesagt!‘ Aber jetzt bei der Ukraine ist der Druck anscheinend so groß, da jetzt die Kriegstrommeln zu betätigen, dass sie sich da jetzt in so ein Spannungsfeld  begeben haben. Jetzt sind sie geoutet für viele Leute erkennbar. Und dann gibt es ja diese lustigen Foren. Der Spiegel macht ein Forum auf ‚Ist Putin noch zu stoppen?‘ und nach zwei Stunden müssen sie wieder schließen, weil sie nicht das gewünschte Ergebnis bekommen haben. Also es ist mittlerweile ziemlich offensichtlich für einen großen Teil der Bevölkerung, dass man sich darauf nicht mehr verlassen kann, sondern dass man sich sein eigenes Bild bauen muss. Und ich mache das ja schon seit zehn Jahren so, dass ich, seitdem ich quasi richtig im Internet aktiv bin, dass ich dann gucke: ‚Ja gut, der und der haut vielleicht ein bisschen über die Stränge, aber 50% der Dinge, die er sagt, sind vielleicht glaubwürdig.‘ Meinetwegen ‚Information Clearing House‘ oder ‚Global Research‘. Dann gibt’s andere Quellen bei denen man sagt: ‚Das könnte jetzt aber auch wieder eine Desinformationsquelle vom CIA sein.‘ So etwas, wo jetzt wieder so ein Quatsch drin steht. Das fängt ganz plausibel an und auf einmal kommt dann heraus, dass es Aliens waren. Und wo ganz klar ist, die Leute sollen da ins Bockshorn gejagt werden.

KenFM: Das machen ja ganz oft Geheimdienste, dass sie Zeitungen herausgeben ganz offiziell. Die sind dann beteiligt an Verlagen und geben Zeitungen heraus. Dass man dann oft gar nicht weiß, die Redakteure werden da mit Material gefüttert, die kommen dann letztendlich von den Diensten. Das ist dann oft, dass man sagt: ‚Das ist so eine seriöse Zeitung.‘ Also das kann man ja heute mit den ‚seriösen Zeitungen‘ gar nicht mehr sagen. Eigentlich müsste man ja mal letztendlich fragen: ‚Wo arbeiten Sie denn noch? Sie sind zwar Redakteur bei der Zeitung XY, aber wo arbeiten Sie denn hauptberuflich?‘ (lacht) Das müsste man doch heute eigentlich so fragen. Da müsste man Claus Kleber fragen: ‚Wenn Sie nicht beim Heute Journal tätig sind, wo sind Sie sonst tätig? Wo machen Sie denn sonst so mit?‘ Warum haben so viele Journalisten – wenn man sich die Atlantikbrücke anschaut; das kann man mal eingeben bei Google, Bing oder Yahoo: ‚Journalisten in der Atlantikbrücke‘. Wenn man das mal eingibt, dann stellt man fest: Huch! Das ist das ‚Who-is-who‘ von allen Medien, die da dabei sind. Warum machen die das alle? Wird man dafür bezahlt, wenn man da mitmacht? Kriegt man da Geld?

Hermann Ploppa:   Ein kleines Outing: Theo Koll, Werner Sonne, Tom Buhrow, Gerd Ruge, Ulrich Wickert, Thomas Roth – das überrascht keinen – Ulrich Wilhelm, Rolf Clement – das ist der, der mit der stählernen Stimme beim Deutschlandfunk berät -.

KenFM: Er berät in Wehrfragen, oder?

Hermann Ploppa: Jawohl! (lacht)

KenFM: Wo die gar nicht wissen, für wen der eigentlich spricht.

Hermann Ploppa: Er ist von der ‚Deutschen atlantischen Gesellschaft‘.

KenFM: Das sagt der aber nie!

Hermann Ploppa: Nein! Peter Frey, Elmar Theveßen, Michael Kolz, Matthias Na?, Claus Kleber. Mittlerweise ist Claus Kleber schon fast berüchtigt, aber Theo Koll hat lange Zeit ‚Frontal 21‘ gemacht. Und nun kann man das ganz wunderbar betrachten, wie die Bevölkerung da eingepackt wird. Das ist ein Magazin, das im sozialen Bereich unglaublich aggressiv ist und unglaublich kämpferisch. Man glaubt es kaum und dann kommt plötzlich ein Beitrag, wo irgendwelche jungen Russen aus Königsberg, dem ehemaligen Königsberg, jetzt Kaliningrad, sagen: ‚Wir wollen gerne zur Bundesrepublik angeschlossen werden.‘ Da fragt man sich: ‚Was ist das jetzt für eine komische Themenkombination?‘ Das heißt aber: Die haben erst einmal die ‚street credibility‘ bei linksgewirkten Lehrern, durch all den Sozialblust, der da gespielt wird. Und dann kommt plötzlich die Keule, die transatlantische Keule. Dann wird über Russland fantasiert was das Zeug hält.

KenFM: Das heißt, es wird erst einmal die Glaubwürdigkeit geschaffen. Und über diese Strecke kann man erst einmal infiltrieren, weil man dann eben kritiklos…

Hermann Ploppa: Genau! Weil man sich sagt: ‚Wenn die auf dem einen Sektor Recht haben, dann muss das auch richtig sein.‘ Genauso macht man das. Sie wollten wissen, warum die jetzt alle dabei sind? Es funktioniert grundsätzlich so: Die Leute werden kooptiert. Das heißt, diese vielen Stiftungen, also ‚Atlantikbrücke‘ oder ‚German Marshall Fund of the US‘, haben also sozusagen Talentscouts, die gucken, wo sind hier vielversprechende junge Leute. Die können wir fördern. Zum Beispiel ‚Berlin Policy‘ hat einen Aufsatzwettbewerb oder die Körber-Stiftung. Der Juror ist kein anderer als Cem Özdemir gewesen über viele Jahre. Da wird geguckt; Aufsatzwettbewerbe, Fotowettbewerbe zu bestimmten Themen. Man erkennt dann schon, wer etwas in der ‚Grütze‘ hat und wer eher nicht so zu gebrauchen ist. Das geht weiter mit den Stipendien für USA- Aufenthalte und es ist auch für diese angloamerikanische Schiene das Sozializing das Bindemittel schlechthin – die persönlichen Bindungen, die Patenschaften sozusagen. Dann übernehmen genau wie in Burschenschaften, wo die Füchse, also die jungen Studenten, von den alten Herren protegiert werden. Und das wissen die Füchse eben auch und verhalten sich entsprechend konform.

KenFM: Man muss dazu sagen; die Art und Weise, die Taktik, die dort gefahren wird in diesen Think Tanks und die, die diese Thinks Tanks sich erdacht haben; die Taktik ist schon: Der Erfolg gibt ihnen Recht. Man kann sich anschauen, wer heute in Führungsetagen für Krieg ist, ist ein Grüner. Weil die ganz früh erkannt haben: Da passiert etwas in Deutschland – vor 30 Jahren schon – da kommt etwas. Die könnten also mit all den Themen wie Umwelt; das könnte mal ein Trend werden. Lass uns von Anfang an mal ein bisschen dort intervenieren. Und haben langfristig aufgebaut. Weil bei diesen runden Tische in Deutschland war von den ersten zwei, drei Generationen nicht so richtig etwas zu holen. Die Saat ist spätestens mit Joschka Fischer und Co. aufgegangen. Wir sehen, wenn Sie von Özdemir…

Hermann Ploppa: Die ist schon mit Brandt und Scheel aufgegangen. Da war man schon dominierend.

KenFM: O.K. Aber bei den Grünen hat man ja eigentlich gedacht; das war ja am Anfang so ein Laden – so ging es mir – die sind ein bisschen antiamerikanisch, die wollen keine Rüstung.

Hermann Ploppa: Natürlich!

KenFM: Das hat man gesehen. Und wie werden wir dem Herr? Da langsam infiltrieren. Als Otto-Normalbürger haben sie doch nicht die Zeit, das über Jahrzehnte zu beobachten. Ist das durchschaubar für den normalen Menschen? Das ist ja praktisch so als wenn sie dem Gras beim Wachsen zusehen. Das sehen sie ja nicht. Da müssen sie ja erst einmal wegfahren um es mitzubekommen.

Hermann Ploppa: Aber eben so gewisse Töne, nicht wahr? Das Paradigma: ‚Ohne die Amerikaner können wir einfach gar nichts!‘

KenFM: Ist das so?

Hermann Ploppa: (lacht) Sie meinen, ob das objektiv so ist?

KenFM: Ja.

Hermann Ploppa: (lacht) Ich denke nicht, dass es so ist. Wahrscheinlich würde es uns ohne den gütigen Hegemon viel besser gehen.

KenFM: Sind Sie denn antiamerikanisch?

Hermann Ploppa: (lacht)  Nein, überhaupt nicht. Ich habe einen amerikanischen Enkel, der sich auch ganz toll entwickelt. Das ist überhaupt nicht der Fall. Es geht ja auch nicht um die Menschen in Amerika. Es geht ja um diese anmaßende 1%, die ja auch bei Occupy in den USA von den 99% aufgespießt worden sind. Und es ist eine unglaubliche Anmaßung. Nein, nein, überhaupt nicht antiamerikanisch. Es ist einfach so: Ich denke, wir in Europa fahren am besten, wenn wir uns halt ein paar Optionen offen halten. Also auch mit den BRICS- Staaten. Die sind sehr interessiert daran, mit uns zusammen zu arbeiten. Das ist ein sehr interessanter Weg. Viel interessanter als als Juniorpartner für die US- Oligarchen quasi zu knechten.

KenFM: Wenn Sie sich anschauen, welche Taktik Amerika im Moment fährt, da erkenne ich ja, dass Amerika, also die Eliten Amerikas sehen ja, dass ihr eigenes Land immer maroder wird. Man muss sich auch einmal angucken, wo Landwirtschaft einmal exzessiv betrieben wurde, wie das gepflegt wurde, das sind ja dann heute die Sandbüchsen der Vereinigten Staaten.

Hermann Ploppa: Ja, Oklahoma zum Beispiel.

KenFM: Da sieht man schon: Das ist, wenn Monsanto überall sein Werk vollendet hat, dann muss man wegziehen. Ist die Taktik, die ich erkenne – vielleicht erkenne ich es richtig – wenn Amerika zusammenbricht, weil bei der Verschuldung, die die haben; das ist ja Wahnsinn! Das ist ja das am meisten verschuldete Land. Dann müssen wir uns selbst retten. Deswegen brauchen wir überall so kleine Satellitenstaaten, die dann den ‚American Way of Life‘ für uns weitermachen, wo wir uns hinretten können. Ist das die Taktik?

Hermann Ploppa: Ja, ja. Es ist ja so dass Zbigniew Brzeziński – er ist ja ein brillanter Denker; es ist auch ein intellektuelles Vergnügen, seine Bücher zu lesen; er ist kein Blödkopf.

KenFM: Er mag nur keine Russen.

Hermann Ploppa: Ja. Es ist ja noch ein Glaube, noch aus erster Generation aus Polen eingewanderter Mitbürger in die USA, und in der Tat er hat aus Polen noch diesen geradezu pathologischen Hass gegen die Russen mitgebracht. Und es ist ja nun so, da haben wir ja noch wenig bis jetzt darüber gesprochen: Das Sozializing, das sagte ich ja schon, so die Eliten; es müssen die Eliten von Europa und Amerika persönlich zusammengebracht werden.

KenFM: Familienbande?

Hermann Ploppa: Familienbande, Freundschaften. Arend Oetker hat gesagt: „Die USA werden von den 200 reichsten Familien beherrscht. Wir wollen mit diesen 200 Familien einen guten Draht haben, guten Kontakt haben.“

KenFM: Also: Wir wollen am Geschäft beteiligt werden?

Hermann Ploppa: Dass dann bei den Bilderberger-Konferenzen, dann kann sich der – was weiß ich – luxemburgische Regierungschef gebauchpinselt fühlen, wenn er dann am Tresen neben David Rockefeller steht, einem der mächtigsten Männer der Welt. So funktioniert das. Und man hat ja auch gesehen, wie der Gabriel da auf dem Davos-Forum hergezogen hat über die Deutschen: „Sehr reich, aber ein bisschen hysterisch.“ Und sich da unglaublich geschmeichelt gefühlt hat, in diesem Kreis der Superreichen sitzen zu dürfen. Zum anderen gibt es dann die ‚Trilateral Comision‘, die wiederum die politischen Bande zwischen den Eliten der USA; von David Rockefeller gegründet; und Ostasien. Da sind mittlerweile auch Leute der Volksrepublik China mit vertreten. Und da war eben der erste Geschäftsführer Zbigniew Brzeziński. Ein kluger Mann, der gesagt hat; und nicht nur er, auch anderen Chefdenkern des ‚Council on Foreign Relations‘ ist klar, die USA werden irgendwann implodieren. (lacht) Wie alle anderen Großreiche auch. Also wie das Chinesische Reich, wie das Russische Reich, wie England und das Römische Reich. Und wenn dann, wenn das zusammenbricht, dann muss diese bestimmte amerikanisch, dieses Betriebssystem Finanzkapitalismus – wie ich es immer genannt habe – muss weiterhin auf allen Geräten laufen, in allen Ländern. Das heißt, es müssen die Menschen, die Eliten in den jeweiligen anderen Ländern intrinsisch motiviert dieses System weitertragen. Und es müssen Institutionen da sein, die dieses System weitertragen, auch wenn es vielleicht keine Staaten mehr gibt. Ein Netzwerk. Es gibt ein geschichtliches Vorbild: Im Römischen Reich hatte sich die katholische Kirche zum Beispiel ein Netzwerk ausgebaut. Als das Römische Reich implodiert war, existierte dieses Netzwerk immer noch. Es existiert bis auf den heutigen Tag und bestimmt wesentliche Denkinhalte unserer Gesellschaft bis heute. Und unsere Köpfe sind sozusagen programmiert mit der Software des ehemaligen Römischen Reiches und so hat sich auch Zbigniew Brzeziński den Zweck dieser Netzwerkorganisationen vorgestellt.

KenFM: Man muss wissen, dass das, was wir heute denken, dass das gar nicht von uns stammt. Ich möchte hier John Maynard Keynes zitieren; in Ihrem Buch auch habe ich das gefunden: „Die Praktiken der Jetzt-Zeit sind die Sklaven längst verstorbener Professoren.“ Also all die Urteile, die wir fällen, basieren auf dem Know-how, das aus der Vergangenheit stammt.

Hermann Ploppa: Genau. Das wird jetzt umgesetzt. Und das war der Punkt, wo eben genau Friedrich von Hayek, der Chefdenker der Marktradikalen neben Milton Friedmann, angesetzt hat mit dem Generationen übergreifenden Projekt Marktradikalismus seit 1949.

KenFM: Herr Ploppa, lassen Sie uns über die Zukunft reden, weil dieses Buch beschäftigt sich über zwei Drittel mit dem Stand der Dinge und wird auch zum Teil sehr zynisch, kann man sagen, aber auch mit einem Witz darüber geschrieben, also ‚positiver Zynismus‘ nenne ich das jetzt mal.

Hermann Ploppa: Naja, man muss ja irgendwie darüber hinwegkommen.

KenFM: (lacht) Monty Python Style.

Hermann Ploppa: Dieses Ohnmachtsgefühl kann man ja nicht aushalten, wenn man sich mal ein bisschen darüber hinwegsetzt.

KenFM: Das Buch endet mit einem Satz: „Das Leben muss ein Ponyhof sein, denn wir arbeiten nicht um zu arbeiten, sondern wir arbeiten um zu leben.“ Das Leben sollte so sein. Können Sie skizzieren, wie sieht Ihrer Meinung nach die einzig mögliche oder die Zukunft aus, die lebenswert ist?

Hermann Ploppa: Ja, also ich denke; wie ich schon vorhin angedeutet hab; Regionalisierung.

KenFM: Also Rückkehr zum natürlich Gleichgewicht?

Hermann Ploppa: Ja. Wir müssen wegkommen von diesem Profitprinzip und wir haben die Möglichkeit. Wir haben in Deutschland die Möglichkeit, wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Wir haben gerade in Deutschland eine starke genossenschaftliche Bewegung. Wir haben sehr starke öffentlich-rechtliche Sachen und die sind auch alle unkaputtbar. Wenn die kaputt gegangen sind, dann lag das daran, dass transatlantische Seilschaften in die Leitungsfunktionen gegangen sind und diese Institutionen an die Wand gefahren haben, mehr oder minder wissentlich.

KenFM: Das liegt vielleicht auch daran, wenn zukünftige kaputt gehen, dass wir passiv sind, weil wir nichts davon wissen?

Hermann Ploppa: Ja.

KenFM: Wir müssen diese Passivität aufgeben, indem wir uns selbst informieren, weil die Medien tun es nicht.

Hermann Ploppa: Die Menschen sind gehirngewaschen mittlerweile. Die wissen es nicht mehr. Unsere Altvorderen haben dafür gekämpft. Die haben auch noch die Genossenschaftsversammlung besucht. Wir kriegen die Genossenschaften, die wir verdienen. Das heißt, wenn wir nicht hingehen und die in Stand besetzen; wenn wir Mitglied sind in einer Sparda- Kasse, aber nicht hingehen zu den Versammlungen, dann sind wir selber Schuld.

KenFM: Das heißt, Sie fordern mehr aktive Demokratie?

Hermann Ploppa: Ja, ja. Eine aktive. Und einfach mal seinen eigenen Besitzstand, mal zu wissen, was wir besitzen. Wir besitzen als Deutsche unglaublich viel oder als Schweizer oder als Österreicher, Dänen oder als Norweger. Und wir müssen; das ist ja Gehirnwäsche, es wird uns ja gesagt: ‚Es sind zum Beispiel die Landesbanken. Das sind ja nun überflüssige Blinddärme. Die können wir doch entfernen.‘

KenFM: Da gibt es ja auch Studien: Die halten eh nicht durch bis 2018.

Hermann Ploppa: Ja, ja. Es wird ja natürlich von EU-Seite auch garstiger Weise gegen die Genossenschaftsbanken entsprechend gestänkert und nicht nur gestänkert. Es werden auch Gesetzeswerke auf den Weg gebracht um sie irgendwann zu Fall zu bringen. Mit den selben strengen Dokumentationsauflagen versieht man sie – Stichwort Basel 3 – mit denen auch Privatbanken berechtigterweise belegt werden. Nun ist es aber bei den Genossenschaftsbanken und den öffentlich-rechtlichen völlig fehl am Platze, weil dort sind Kontrollinstanzen. Die Besitzerschaft ist nicht so, dass ein Einzelner in einem Wahnsinnsgalopp durchziehen kann und alles kaputt machen kann. Ich sehe, wenn man diese Dreifaltigkeit (lacht), so sage ich mal, wir müssen das in Stand besetzen, aber auch kombinieren mit den weltweiten Bewegungen. Heute sind bereits 800 Millionen Menschen beschäftigt weltweit in Genossenschaften. Das heißt, es ist nicht die Spielwiese von irgendwelchen durchgeknallten Intellektuellen, es ist kein Nischenphänomen, sondern das kommende System. Ich denke, wir können gerade auch von den lateinamerikanischen Ländern viel lernen. Was in Argentinien zum Beispiel…   

KenFM: Regionalgeld.

Hermann Ploppa: Das ist das eine. Aber es sind zum Beispiel auch in Argentinien viele Industriebetriebe und Textilfabriken usw. einfach stillgelegt worden, weil die Gewinnmarge nicht mehr groß genug war. Daraufhin haben die Mitarbeiter das selber übernommen als Genossenschaft und produzieren jetzt wieder für den ganz realen Bedarf der Menschen draußen im Lande. Das funktioniert wunderbar und das können wir hier auch machen. Es gibt weiterhin, wie Sie sagen, Regionalgeld. Das ist eine Möglichkeit. Und was wir haben müssen, sind Stiftungen. Wir müssen in der Tat immer dann, wenn man von der Gegenseite überwältigt worden ist, muss man gucken: Warum haben sie uns überwältigt? Gibt es da irgendwelche Sachen, die wir übernehmen können? Wir können gewiss übernehmen, dass wir Stiftungen machen in denen meinetwegen das Wissen transferiert wird. Wenn irgendwo im Allgäu jemand eine Regionalwährung aufmacht, dann kann jemand in Schleswig-Holstein diese Erkenntnisse ja auch für sich beziehen. Er muss ja nicht wieder für sich das Rad neu erfinden. Ein Wissenstransfer in dieser Richtung ist sehr wichtig und ich habe 2006 mal einen ‚Kongress für solidarische Ökonomie‘ besucht. Der wird jetzt auch im Herbst hier in Berlin an der Technischen Universität wieder stattfinden zum zweiten Mal. Und es hatte mich sehr beeindruckt zu sehen, die Möglichkeiten des Wissenstransfers. Zu wissen: Wir haben Leute in Venezuela, in Argentinien auf Situationen…

KenFM: Also auch Netzwerke bilden?

Hermann Ploppa: Ja. – reagiert, die für uns wahrscheinlich; Gott verhüte, aber es kann dahin kommen; wo wir dann auch hinein kommen in diese Situation. Und wie kommt man da wieder heraus? Wie kann man aus ‚Schiete‘ wieder Rosinen machen?

KenFM: Es gab ja 2014 einen Kongress, die ‚Degrowth-Konferenz‘. Da geht es, so sage ich es mal, um Minuswachstum. Wenn wir weiter so wachsen, unsere Wirtschaft, unser kapitalistisches System funktioniert ja wie eine Krebszelle. Sie ist immer weiter wachsend, aber dann ist ja auch mal irgendwann Schluss. Muss man denn immer alles; kann man nicht mit dem, was wir alles haben; kann man das nicht auch reparieren? Da gibt es auch diese ‚Repair-Cafés‘. Es gibt immer wieder kleine Initiativen, wo Leute sich Gedanken machen usw. Wie schaffen wir es, das breiter zu kommunizieren, dass Leute Lust bekommen da mitzumachen? Das die nicht denken: ach, das sind alles solche Verrückte, unfortschrittlich, nenne ich das jetzt mal. Die wollen ja ins Mittelalter zurück, weil das will ja keiner von denen.

Hermann Ploppa: Das ist nicht cool, ja?

KenFM: (lacht) Ja, das ist nicht cool. Wie schaffen wir das, dass das sexy ist?

Hermann Ploppa: Genau. (lacht) Im Grunde das Modell, das Ihre Firma auch aufbaut ist durch Crowdfunding. Es gibt die ‚Bewegungsakademie‘ in Verden an der Aller, gegründet von Sven Giegold. Das finanziert sich durch viele, viele kleine Geldspenden und Zugaben. Wir müssen einfach auch, wenn wir das große Geld nicht kriegen können und uns reich gewordene APO- Omas und -Opas nicht helfen wollen, dann müssen wir eben kleine Gaben zusammenbringen und eine Stiftung machen, oder viele Stiftungen, die eben genau das machen: Das Wissen vermitteln, also Wissenstransfer, Wissensentwicklung, Wissensevaluation. Ich weiß, dass viele Professoren auch, vielleicht viele auch im Ruhestand oder so, gerne bei solchen Projekten mitmachen würden oder Ökonomieprofessoren gerne ein Gegenmodell präsentieren würden zum Marktradikalismus.  

KenFM: Es gibt in Deutschland eine riesige Bereitschaft, auch ehrenamtlich zu arbeiten; ganz viele Menschen.

Hermann Ploppa: Gut, das kann man eben auch missbrauchen. Die Konzerne missbrauchen das. Man kann es aber eben auch positiv einsetzen, also das denke ich schon. Leute, die im Ruhestand sind, die aber noch gesettled  genug sind um nicht noch Geld verdienen zu müssen, die können; Ingenieure oder so; sich ja da einbringen und ihr Wissen weitergeben. Ich denke, wir haben Möglichkeiten. Das Einzige ist, dass sozusagen unsere Software immer wieder vergiftet wird durch ein Gefühl der Ohnmacht, durch ‚Ach, wir können ja doch nichts machen!‘ Wir sind ja so isoliert. Dass die Menschen so isoliert sind, ist natürlich ein wichtiges Instrument damit die Elite wirklich die irrsinnigsten Dinge durchziehen kann.

KenFM: Was ich nur so interessant finde; ich möchte noch mal kurz auf das ‚digitale Feuer‘ zu sprechen kommen, auf das Fernsehen. Dass wir jahrelang, 20 Jahre lang glaube ich, eine erfolgreiche Sendung hatten nämlich ‚Wetten dass?‘, wo Menschen dazu gebracht wurden, etwas Verrücktes umzusetzen. Da konnte man sehen: Ja ich schaffe es mit einem Gabelstapler einen Faden in die Nadel einzufädeln. Also so einen Quatsch. Die Leute entwickeln dann eine Motivation. Es ist durchaus möglich, Menschen zu Dingen zu motivieren, die ihnen irgendwie auch Spaß machen. Das ist der Beweis, dass Menschen motiviert werden können. Das heißt, wir sollten es schaffen, und so verstehe ich auch dieses Buch, wie wir aus diesem Schlamassel, in das wir hineingeraten sind, was aber noch schlimmer, wie wir da wieder herauskommen indem es schick ist durch neue Innovation zu finden oder alte Innovationen wiederzuentdecken und sich zusammenzutun. War das das Motiv, dieses Buch zu schreiben?

Hermann Ploppa: Auf jeden Fall. Ich meine: Gut, das sehe ich auch bei den Buchpräsentationen, die ich jetzt mache. Klar, die Leute sind erst einmal erschlagen. Hängen erst einmal in den Sesseln, aber wenn man dann darauf kommt, welche Alternativen, dann kommt man auch ins Gespräch. Auf einmal ist die Stimmung wieder gut und alle; nicht alle, aber viele; steuern etwas bei, Ideen usw. Ich denke, wir sind dazu verurteilt, so zu handeln. Es gibt keine Alternative. (lacht) Diesmal wirklich nicht. There is no alternative.

KenFM: Herr Ploppa, ich bedanke mich ganz herzlich für Ihr Kommen. Das Buch, das Sie geschrieben haben, kann ich nur dringendst empfehlen. Es ist jetzt auch nicht so ultra dick. Ich glaube es sind knapp 200 Seiten. 170 Seiten sind das. ‚Die Macher hinter den Kulissen – Wie transatlantische Netzwerke heimlich die Demokratie unterwandern‘. Aber es ist ja jetzt nicht mehr so heimlich, weil Sie sind hier. Und jetzt reden wir darüber. Ich gehe davon aus, dass dieses Buch in die Charts geht und Leute das lesen und sich dann bemüßigt sehen, das vielleicht auch als einen Startpunkt sehen. O.K. Das beleidigt auch so ein bisschen, was man mit uns treibt, was da so hinter den Kulissen passiert. Dass man sagt: ‚Das lasse ich mir nicht mehr gefallen. Ich lasse mir ja nicht von außerhalb meine Demokratie kaputt machen. Ich habe ja dann unter dem Zustand zu leiden.‘

Das Leben sollte ein Ponyhof sein – das ist, glaube ich, einer Ihrer letzten Sätze und ich denke, das ist ein super Schlusswort, dass das Leben ein Ponyhof sein sollte. Gut, vielen Dank fürs Kommen. Ich denke, dass wir auf das Buch neugierig gemacht haben. Also es ist ein schwerer Stoff, aber so präsentiert, dass man wirklich für sich lachen muss. Ich musste wirklich manchmal lachen, da sah ich Szenen von Monty Python und das ‚Leben des Brian‘ vor mir. Was sich da alles an verrückten Sachen abspielt. Man lernt eine ganze Menge und vor allem: Sie zeigen, dass diese Eliten gar nicht so übermächtig sind. Im Grunde ist das; und nicht nur im Grunde, eine überschaubare Gruppe, einige 1000, die sich über Netzwerke connected haben, die man aber auch mal ausgewählt hat. Das sind aber auch nicht Hunderte, es sind nur ein paar, die dann ständig tauschen. Und wenn man das einmal verstanden hat, dann weiß man immer sofort, wenn man eine Meldung liest und nachguckt, von wem ist das, weiß man, wer eigentlich der Auftraggeber ist und kann das ad acta legen. Sie sind ja, glaube ich, vor langer Zeit dazu übergegangen, Ihre Zeit auch nicht mehr zu verschwenden und Sie haben Ihren Fernseher weggeworfen. Also sie haben gar keinen mehr.

Hermann Ploppa: (lacht) Ich habe ihn nicht weggeworfen. Der ist einfach verkauft worden für 30€.

KenFM: Vielen Dank fürs Kommen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Ich hoffe, Sie gehen auf Lesetour und dass dieses Buch in die Charts geht. Ich glaube, das kann man jetzt schon sagen.

Hermann Ploppa: Ja, danke.

KenFM: Das war eine weitere Ausgabe von ‚KenFM: im Gespräch‘ und unser Gast war Hermann Ploppa. Ich Halte das Buch noch einmal in die Kamera: ‚Die Macher hinter den Kulissen‘. Ich rate dringend dazu, dieses Buch zu kaufen, es zu diskutieren und sich zu überlegen, wie man sich einbringen kann um ja selbst Teil einer Genossenschaft zu sein. Weil das gehört ja zur Demokratie, sich einzubringen und das kann man auch tun. Dieses Buch törnt nicht ab, sondern im Gegenteil, es stachelt an zu ‚Ey, ich mache jetzt mal etwas!‘ Und das sollte auch die Botschaft sein.

KenFM im Gespräch mit: Hermann Ploppa

Von Published On: 20. August 2015Kategorien: Allgemein

Damit das möglichst ohne großen Widerstand geschieht, werden alle Entscheidungsträger in allen Bereichen der Gesellschaft über entsprechende Think-Tanks, Stiftungen oder Kaderschmieden auf Linie gebracht. Nur wer hier besteht, wird in eine Führungsposition durchgereicht. Diese subtile Gehirnwäsche durch das System selbst ist derart geschickt gemacht, dass selbst diejenigen, die in den bekanntesten Think-Tanks mitmischen, permanent bestreiten, dass es einen solchen Einfluss gibt.

Fakt ist: Wer den Eliten auch nur ansatzweise die Macht streitig macht, wird zeitnah aussortiert. Sollte er es dennoch zu gesellschaftlichem Einfluss bringen, sieht er sich einer durch die Bank embeddeten Pressemaschine gegenüber, die ihn wann immer es nötig ist, diffamiert, jobbt und ins völlige gesellschaftliche wie finanzielle Abseits bugsiert. Isolation als Strafe für nicht geleistete Unterwürfigkeit. Das größte Tabu-Thema in dieser gelenkten Demokratie ist das Hinterfragen der tatsächlichen Machtstrukturen.

Hermann Ploppa erläutert in seinem Buch „Die Macher hinter den Kulissen“ die einzelnen Think-Tanks und Kaderschmieden en detail und legt offen, was die Elite am liebsten weiterhin verschleiern würde. Dass Ploppas Buch nicht in systemkonformen Medien besprochen wird, liegt auf der Hand. Bei KenFM kommt der Autor ausführlich zu Wort.

KenFM:: Herzlich Willkommen zu einer weiteren Ausgabe von KenFM: im Gespräch, unser heutiger Gast Hermann Ploppa. Herr Ploppa, ich grüße Sie.

HERMANN PLOPPA: Schönen Guten Tag.

KenFM:: Herr Ploppa, Sie haben auf unsere Einladung hin schon eine Nacht in Berlin übernachtet, Moabit war das glaube ich, und sind dann heute Morgen schon ein bisschen in Moabit rumgelaufen und haben sich die Gegend angeguckt.

HERMANN PLOPPA: Ja, bei der Justizvollzugsanstalt.

KenFM:: So in der Gegend der Perlebergerstraße.

HERMANN PLOPPA: Ja genau. Im Hotel.

KenFM:: Wie oft sind Sie in der Hauptstadt?

HERMANN PLOPPA: In letzter Zeit öfter. Ich hatte ja schon ein paar Interviewtermine.

KenFM:: Sie waren bei Russia Today …

HERMANN PLOPPA: Ja, genau.

KenFM:: Sie haben früher auch für die Junge Welt geschrieben.

HERMANN PLOPPA: Ich habe für die Junge Welt geschrieben, ja genau.

KenFM:: Für Heise schreiben Sie immer noch …

HERMANN PLOPPA: Für Telepolis, ja.

KenFM:: Da sind wir auch schon beim Thema. Sie sind ein Autor von politischen Büchern und haben aktuell dieses Buch in der Pipeline: Hermann Ploppa, »Die Macher hinter den Kulissen« und weiter heißt es da: »Wie transatlantische Netzwerke heimlich die Demokratie unterwandern«. Dieses Buch in der ersten Auflage ist bereits verkauft, wir wollen das nochmal steigern. Wir halten das für ein sehr sehr spannendes, wichtiges Buch, das sich mit Restdemokratie beschäftigt – beziehungsweise was von dieser Demokratie noch übrig ist und wie sie gelenkt wird, nämlich über Netzwerke. Transatlantische Netzwerke – man sagt da gerne Think Tanks oder Runde Tische (»round table«) dazu. Es gibt auch eine ganze Liste in diesem Buch, wo Sie die aufzählen. Ich kannte schon eine Menge, aber das sind ja so viele … das geht über zwei Seiten. Und …

HERMANN PLOPPA: Und die ist keinesfalls vollständig …

KenFM:: … ist nicht vollständig. Wir wollen darüber sprechen, wie diese Netzwerke funktionieren, wie diese Runden Tische funktionieren – der German Marshall Fund, die Atlantik Brücke – und ob die alle ähnlich funktionieren; warum die so mächtig sind; wer sind denn die Macher eigentlich, diese unübersichtliche Elite, von der Sie hier sprechen; was kann man tun um die Demokratie wieder in die eigenen Hände zurückzubekommen; was ist das Ziel dieser Leute? Ich glaube etwas sehr Wesentliches gefunden zu haben – als ich das Buch gelesen habe, habe ich auch manchmal lachen müssen, das blieb dann so im Halse stecken, aber einen Satz möchte ich gerne gleich mal vorlesen, der es , glaube ich, sehr gut trifft, um was es in diesem Buch eben auch geht, was beschrieben wird. Da heißt es: »Theoretisch kann jeder Bürger der USA – auch Einwanderer – vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen. Damit gerade das nicht passiert, muss sich die Elite trickreich gegen die Massen abschotten.« Ich glaube, dafür wurden diese Runden Tische geschaffen. Es geht darum, sich gegen die Massen abzuschotten und Demokratie bedeutet ja quasi, die Massen, das Volk, teilhaben zu lassen an der Macht – und das soll vermieden werden. In diesem Buch beschreiben Sie ja auch immer wieder die Stichwortgeber, von Lippmann bis Brzeziński, die sagen: das Volk, die Masse, ist einfach zu dumm, die können das nicht. Wenn man denen die Macht übergibt, dann kommt dabei Verheerendes raus, die müssen gelenkt, »demokratisch« in die richtige Richtung geführt werden, welche wir steuern, weil die einfach nicht in der Lage sind das zu tun. Darüber wollen wir reden. Warum haben Sie dieses Buch denn eigentlich geschrieben? Ich meine, man kann sich doch nur ärgern, wenn man das recherchiert.

HERMANN PLOPPA: Naja, das hatte durchaus eine Vorgeschichte. Ich habe selbst mal versucht in die Politik einzugreifen. Es gab ja mal eine »Wahlalternative – Soziale Gerechtigkeit« (WASG), die dann irgendwann von der PDS vereinnahmt wurde und da war ich nicht mit einverstanden. Ich war der Meinung, dann hätte ich auch schon 16 Jahre PDS wählen können. Ich wollte etwas Neues machen – wir haben dann eine kleine Dissidenten-Gruppe gebildet, die dann auch versuchte eine Partei zu bilden. Und da habe ich erstmal gemerkt, dass es eigentlich völlig unmöglich ist, eine neue Partei zu bilden – weil man braucht dafür Beziehungen, Netzwerke – die BASG hatte zum Beispiel die IG Metall-Netzwerke usw. – aber man braucht dafür vor allem drei Dinge: Geld, Geld und noch mehr Geld. Und zum anderen habe ich gemerkt, das zieht sowieso nur Karrieristen an, die mittelmäßig begabt sind, aber überdurchschnittlich verdienen wollen. Und so habe ich gemerkt: Über diesen Hebel kann man eigentlich keine gesellschaftliche Veränderung anstoßen. Ich habe damals schon, sozusagen für meine Mitstreiter, ein Papier im Internet veröffentlicht, das genauso heißt »Die Macher hinter den Kulissen«. Ein kurzes Textchen, von ungefähr zehn Seiten oder so, wo ich schon mal sage: Leute, es hat keinen Zweck, wenn ihr jetzt versucht, in den Bundestag zu kommen; es wird genauso enden wie alle vorherigen Gruppierungen auch; Ihr werdet eingeseift, es wird  »pressure groups« geben, es wird interessierte Gruppen geben, die Euch sofort in den Goldenen Käfig des Bundestages vereinnahmen …

KenFM:: … zwangsumarmen

HERMANN PLOPPA: … zwangsumarmen oder auch freiwillig. Die Aussicht dann irgendwie doch recht schnell von BAföG auf richtig gutes Geld umzusatteln ist einfach zu verlockend für viele Menschen  – und der Mensch ist schwach. Was man braucht ist ein neues Denken, ein neues Paradigma sozusagen. Und das war so mein Gedanke: Wer macht denn das Paradigma eigentlich? Das konnten wir ja gerade beobachten, 2005 war das, man konnte das beobachten, wie Schröder und Fischer – der dafür gewählt worden war, mehr soziale Gerechtigkeit zu bringen und Friedenspolitik –, wie gerade die ganz besonders »reingehauen« haben: Schröder mit seiner Agenda 2010 oder Joschka Fischer, der da anfing, wo Hitler aufhören musste: nämlich bei der Bombardierung Belgrads. Und warum ist das so? Warum kommt immer, egal wen man wählt, eigentlich immer dasselbe raus, vielleicht in Nuancierungen der Schrecklichkeit immer noch getoppt. Wobei eben die grün-rote Regierung Kohl nochmal getoppt hat, in jeder Hinsicht. Und da habe ich gekuckt, was gibt es da eigentlich für Gruppierungen, die man gar nicht so kennt, die aber vielleicht Einfluss ausüben? Man spricht immer viel von Lobbyisten, nicht wahr, aber Lobbys haben immer ganz begrenzte Interessen. Dann will meinetwegen ein Bauernverband andere Legevereinbarungen haben als sie durchgeführt sind – aber es geht dabei nicht um die große Sicht. Ich habe dann mal gekuckt, ganz systematisch, und habe eben auch versucht, das den Leuten zu vermitteln seit 2005: Es gibt hinter den Kulissen Gruppierungen, die alle Parteien für sich vereinnahmen.

KenFM:: Also von wo aus Politiker, die politische Kaste, beliefert wird. Das sind quasi so Schulungszentren …

HERMANN PLOPPA: Rekrutiert, gefördert und eben auch inhaltlich angefüttert, so wie sie es brauchen.

KenFM:: Ich les einfach mal ein paar vor. Also spontan die, die ich mir angemalt habe: den BAT, den Business Round Table – möchten Sie kurz was zu sagen, zum Business Round Table?

HERMANN PLOPPA: Ja. Business Round Table – ist jetzt für uns in Europa nicht so wichtig – ist eine US-amerikanische Gruppierung, eine Lobbygruppe der CEOs, also der Chief Executive Officers, also der Strategiegötter der Konzerne, die befreit von der Tagespolitik darüber nachdenken: Wie kann mein Konzern am Markt teilnehmen, mit welchen Marktstrategien, wo könnte er jetzt wachsen? Weil wachsen müssen sie alle. Er ist in den USA 1972 gegründet worden und hat seit diesem Moment eigentlich jede vernünftige Gesetzesänderung oder Initiative eines US-Präsidenten oder des Kongresses zu Fall gebracht.

KenFM:: Wir machen nur stichwortartig weiter, weil ich glaube, wir werden Sie nochmal einladen, das kann ich jetzt schon sagen. Der CFR, der Council on Foreign Relations

HERMANN PLOPPA: Der ist wichtig. Das ist die Mutter aller dieser subtilen Beeinflussungsgruppen.

KenFM:: 1921 in New York gegründet, wenn ich das richtig erinnere.

HERMANN PLOPPA: 1921 in New York gegründet, von den Superreichen der USA – und auch Konzernen, als korporative Mitglieder. Und ich sage mal, es ist gestaffelt. Der Council on Foreign Relations heißt ja Rat über Auswärtige Beziehungen, das heißt man hatte damals erkannt: die USA werden irgendwann weltweit regieren müssen und dafür braucht man eben auch eine Expertise, eine wissenschaftliche Expertise. Es reicht nicht mehr, wenn diese Artusrunden, nenne ich sie jetzt mal, diese Runden Tische der Mächtigen aus dem Ärmel heraus regieren wollen.

KenFM:: … wenn da nur Militärs sitzen

HERMANN PLOPPA: Nee, wenn da jetzt Unternehmer sitzen meinetwegen oder eben Banker. Man hat gesehen – es gab etliche Fehlgriffe von US-Präsidenten usw. – man kann nicht mehr länger einfach nur Pi mal Daumen regieren, sondern man muss sich jetzt die Expertise der besten Wissenschaftler des Landes holen. Und das sind in dem Fall die Ivy League-Universitäten, also die privaten Super-Universitäten, RAND Corporation nach dem 2. Weltkrieg, oder das MIT, Massachusetts Institute of Technology, oder die Brookings Institution – die liefern dem Council Expertise, Gutachten usw. Und um nochmal auf die Staffelung zu kommen: Ganz oben eben die Artusrunde der Superreichen plus einige der verdienten Superintellektuellen wie Henry Kissinger oder Zbigniew Brzeziński oder früher Walter Lippmann, die durch ihre Expertise ganz besonders die Interessen dieser Superreichen gefördert haben.

KenFM:: Man muss sagen, dass sind schlaue Köpfe.

HERMANN PLOPPA: Natürlich. Da sitzt natürlich keine Dumpfbacke. Also so etwas würde man sich gar nicht leisten. Und darunter ist die Schicht, was Krysmanski, den Sie ja auch schon interviewt haben, genannt hat: die Domestiken der Superreichen. Das sind Multiplikatoren …

KenFM:: Alphajournalisten …

HERMANN PLOPPA: Alpharüden aus den Medien, aus der Politik, aber auch dem Militär, den Geheimdiensten, die dann wiederum Einfluss ausüben nach unten, auf ihre Untergebenen.

KenFM:: Das sind aber Leute, die haben jetzt keine großen Privatvermögen, die haben einfach was im Kopf und wenn sie was anderes sagen, werden sie einfach aussortiert.

HERMANN PLOPPA: Sowohl als auch. Es sind auch mal Unternehmer darunter, die aber jetzt nicht so mächtig sind wie meinetwegen Rockefeller.

KenFM:: Also so was wie der Bertelsmannkonzern-Lenker. Kann man auch sagen, ein Guttenberg gehört dazu?

HERMANN PLOPPA: Ja, ja der gehört dazu. Aber der könnte auch in die Artusrunde aufsteigen. Es war wohl geplant, den in die Artusrunde aufzunehmen.

KenFM:: Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, die DGAP.

HERMANN PLOPPA: Ja, die heißt im englischsprachigen Raum: German Council on Foreign Relations. Aber damit der Deutsche Michel das nicht bemerkt, dass das die Filiale des Council on Foreign Relations ist, heißt sie eben seit 1955 Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik und ist halt zuständig für die außenpolitische Expertise der deutschen Bundesregierung – allerdings durch die Brille der transatlantischen Paradigmen betrachtet.

KenFM:: Da sind wir beim German Marshall Fund, gegründet in Deutschland, äh, mit deutschem Geld gegründet, will ich sagen. Mit deutschem Geld, Willy Brandt war das. Ich glaube 150 Millionen Startkapital der deutschen Regierung …

Hermann Ploppa: Ja, ich kann das gerne erzählen: 1970 hatte Willy Brandt gerade das Misstrauensvotum gegen Rainer Barzel gewonnen, war jetzt also ruhmreich und beliebt wie nie als deutscher Bundeskanzler, flog daraufhin nach Amerika, um an der Gründungsfeierlichkeit des German Marshall Fund of the US teilzunehmen – in Harvard war das, in einem ehrwürdigen Saal – und er brachte in seinem Gepäck 150 Millionen DM Steuergeld mit. Da war aber das deutsche Volk gar nicht gefragt worden, ob die das dafür verausgaben wollen. German Marshall Fund, soll sagen: aus Dankbarkeit für die Aufbauhilfe nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Amerikaner …

KenFM:: … den Marshall Plan

HERMANN PLOPPA: … genau den Marshall Plan, hatte man sich jetzt quasi revanchiert mit dieser Spende für eine Stiftung, deren Stiftungskapital allerdings nicht in deutscher Hand ist, nur der Name ›German‹ ist deutsch und das Geld ist deutsch, aber der Sitz ist in Washington; und dient dazu, transatlantischen Nachwuchs zu rekrutieren, Kader auszubilden, die jetzt ganz besonders in den ehemaligen sowjetischen Machtbereichen tätig sind. Ukraine, ganz wichtig, um die Vorgänge dort zu verstehen; dort sind viele ausgebildete Kader des German Marshall Fund of the US tätig. Wir wollen vielleicht ganz kurz noch eine Fußnote dazusetzen: Es sind noch zusätzlich 100 Millionen DM deutsche Steuergelder dazugekommen – alle einstimmig abgesegnet durch den Deutschen Bundestag, also auch mit den Stimmen der Grünen und der PDS – ohne dass die Bevölkerung darüber etwas weiß. Das gilt für all diese Netzwerkorganisationen sowieso, sie werden aus deutschen Steuergeldern bezahlt, aber der deutsche Steuerzahler weiß von ihrer Existenz nichts und wurde schon gar nicht gefragt.

KenFM:: Herr Ploppa, dann final noch – wir könnten stundenlang so weitermachen – SWP, Stiftung für Wissenschaft und Politik. Interessant auch, wenn Sie das kurz erläutern, wie diese Stiftung eigentlich ihr Geld bezogen hat in der Startphase.

HERMANN PLOPPA: Ja. In den 50er Jahren und noch bis Mitte der 60er Jahre, wurde die Stiftung für Wissenschaft und Politik aus dem Etat des Bundeskanzleramtes finanziert, geleitet über das BND-Geld. Sie hatte zunächst einen sehr militärischen Charakter bzw. einen geheimdienstlichen Charakter. Die Leute  kamen sich quasi vor, wie in einer Zitadelle, abgeschottet, so eine Bunkermentalität. Das hat sich aber mittlerweile geändert. Seit 68 ist das ein eher lockerer Verein geworden, in dem Experten angedockt werden; zu bestimmten Sachfragen – wenn meinetwegen in Nauru eine Revolution ausbricht, irgendwo auf einem Pazifikstaat, dann hat der SWP bestimmt in seiner Kontaktliste jemanden, der Experte ist für Nauru, der dann innerhalb von zwei Tagen eine Expertise für Frau Merkel anfertigt, die dann bei ihr auf dem Tisch liegt. Da ist dann auch die weltanschauliche Bindung der Autoren relativ unwichtig, Hauptsache sie liefern etwas, liefern Expertise. Das gilt jetzt aber nicht für die Führungsetage. Die Frage ist eben auch: Ist das ein Interessensvertretungsverein der USA oder ist das eine genuin deutsche Beratungsinstanz für die deutsche Regierung.

KenFM:: Gibt’s das überhaupt?

HERMANN PLOPPA: Vorwegnehmend kann man sagen: Nein! Und die Stiftung für Wissenschaft und Politik veröffentlicht – das ist ja immerhin öffentlich, man kann das nachlesen im Internet was die veröffentlichen an Denkpapieren – das ist ja auch hochinteressant, meistens hat das den Tenor: Wenn Deutschland und die USA zusammengehen, dann können sie den Rest der Welt beherrschen.

KenFM:: Also die SWP hat ja auch einen Großteil der Reden von Gauck geschrieben.

HERMANN PLOPPA: Ja da kommen wir gleich nochmal drauf. Ich möchte noch kurz sagen, man kann das an einem persönlichen Schlaglicht mal sehen: Der Chef der SWP ist Prof. Dr. Volker Perthes, ein angesehener Orientalist. Und der war mal Gast im Council on Foreign Relations in New York. Es ging um die Frage, wie man gegen den Iran vorgehen solle, ob man den Iran bombardieren soll oder ob man ihn durch wirtschaftliche Sanktionen strangulieren soll, an seiner Schlagader …

KenFM:: Und da haben sie den Chef des SWP mal gefragt …

HERMANN PLOPPA: Dann war der auch da und hat sich zu Wort gemeldet und sagte: Leute ich weiß was Besseres. Und sagte, man könne ja die Steuerungssysteme der iranischen Atomkraftwerke zerstören durch den Computerwurm Stuxnet. – Das wurde dann auch durchgeführt, die Atomkraftwerke im Iran sind gottseidank nicht in die Luft gegangen, aber die Steuerung war erstmal massiv gestört und es hat lange gedauert, bis die Iraner das wieder reparieren konnten. Daran sieht man, dass eben ein Top-Berater der deutschen Regierung teilnimmt an einem amerikanischen Krieg gegen ein Land, mit dem wir, sag ich mal, gar keine besonders delikaten Beziehungen haben, sondern ganz normale diplomatische Beziehungen, wo auch der deutsche Mittelstand ganz gut im Geschäft ist. Und von daher empfinde ich das schon als ziemlich skandalösen Vorgang.

KenFM:: Sie schreiben ja auch in Ihrem Buch über eine Vereinbarung, dass wenn sich auf dem europäischen Kontinent irgendjemand Gedanken macht, was er politisch treiben will, dass er immer die Amerikaner fragen muss.

HERMANN PLOPPA: Ja, das ging zurück auf die 70er Jahre – Sie erwischen mich da ein bisschen auf dem kalten Fuß – Es ging um die Frage nach dem Öl-Boykott der arabischen Länder. Damals versuchten die europäischen Länder der – damals noch – EG, der Europäischen Gemeinschaft, mit den arabischen Ländern ein separates Abkommen zu treffen. Das hat aber Henry Kissinger, der damalige Außenminister der USA, massiv auf die Palme gebracht und er ist persönlich zu Brandt und Scheel und später zu Schmidt und Genscher geflogen und hat gesagt: So geht das nicht, ihr müsst das mit uns abstimmen. Wir haben eine ganz klare Linie, dass wir Israel hier nicht in Schwierigkeiten bringen wollen durch solche Verabredungen und in Zukunft habt Ihr euch gefälligst nach uns zu richten. Das wurde dann in der Brüsseler Erklärung festgeschrieben und zwar ist das genau zu dem Zeitpunkt, als Willy Brandt rätselhafterweise zurücktrat. Willy Brandt war noch in die USA gereist und hat mit Nixon gesprochen. Dieser hatte sich noch fürchterlich über Willy Brandts selbstbewussten Stil echauffiert …

KenFM:: Diese selbstbewusste Partnerschaft von der er damals sprach …

HERMANN PLOPPA: Ja, eine emanzipierte Partnerschaft. Dann war Willy Brandt plötzlich weg und Helmut Schmidt, der ja allgemein geschätzt wird als ein felsenfester Transatlantiker, hat dann unterschrieben. In dem Moment haben tatsächlich die Außenminister Europas ihre Souveränität aufgegeben.

KenFM:: Ist das eigentlich bis heute alles so, dass man sagt: Alles was auf dem europäischen Kontinent passiert, davon weiß Washington. Also entweder, weil sie es sagen oder weil sie eh abhören und das ist schon immer so gewesen?

HERMANN PLOPPA: Ja, es war nicht immer so. Das war ein hartes Ringen sozusagen. Aber es ist klar, schon als Adenauer mit seinem Kabinett in Bonn gesessen hat, saß obendrüber Herr Gehlen vom Bundesnachrichtendienst und der Bundesnachrichtendienst ist ja bekanntlich genetisch der Abkömmling der CIA. Und der hat natürlich immer Adenauer angezapft und abgehört. Allerdings wagte sich Adenauer in Subordination, er versuchte ja mit de Gaulle – und inoffiziell auch mit Chruschtschow – eine eigenständige europäische Politik zu machen, die ein bisschen ein Gegengewicht – also nicht direkt feindschaftlich gegen die USA – aber ein gewisses eigenes Gewicht herstellen sollte.

KenFM:: Mit Egon Bahr und später auch Olaf Palme versucht einen Dritten Weg zu gehen, zumindest diesen parallel zu gehen, aber das ist ja nicht allen so gut bekommen, diese Entspannungspolitik.

HERMANN PLOPPA: Das sehe ich anders. Also mit den Gaullisten erstmal, um das fertig zu bringen, da kam ja die Spiegel-Affäre. Man könnte auch nochmal kucken, wieso der Spiegel gerade in dem Moment mit Interna, durch den BND über die Bundeswehr, bestückt wurde. Strauß wollte ja mit Adenauer und de Gaulle zusammen eine eigene Nuklearstreitmacht aufbauen. Warum er gerade da gefüttert wurde und warum Strauß dann plötzlich bei der Spiegel-Affäre gestürzt wurde und Adenauer dann wenig später aus Altersgründen – er war auch schon 87 – weggelobt wurde. Die Entspannungspolitik ist eigentlich eher ein Zeichen des Durchmarsches der Transatlantiker. Um überhaupt nochmal auf diese Kontroverse zu kommen: Gaullisten und Transatlantiker. Die Transatlantiker waren zu jener Zeit eher in der SPD und in der FDP auffindbar, ganz knallhart, und die Gaullisten in der CDU und CSU. Also noch der Großonkel vom jetzigen Guttenberg war ein strammer Gaullist. Und die wurden dann so langsam zurückgedrängt, was eben auch schon zeigt, wie gut mittlerweile die Transatlantiker das Parlament und die Regierung unter Kontrolle hatten. Und die Ostpolitik ist dann eigentlich sicheres Zeichen des Sieges der Transatlantiker. Das klingt erstmal paradox. Ich bin ja auch schon älteres Semester und ich weiß wie froh wir alle waren über die Ostpolitik und was unsere Nerven dadurch geschont wurden.

KenFM:: Aber ist das, wenn Sie das jetzt so sagen, diese »flexible response« von der Kissinger spricht? Dass man eben sehen muss, wie man flexibel reagiert, wenn man dem Gegner nicht Herr wird?

HERMANN PLOPPA: Nein, das hat einen anderen Grund. Und zwar, die Weltwirtschaft war ja durch die Entfesselung nach dem Zweiten Weltkrieg so so außer Rand und Band, dass man die sogenannten sozialistischen Länder wie den Sowjetblock und China, als Kunden von Endprodukten  und Lieferanten von RoHermann Plopparodukten mit dazu nehmen musste. Das heißt: Es war ja kein Eigenprodukt von Egon Bahr und Willy Brandt mit der Ostpolitik, sondern sie haben das ja nur im Gleichklang mit Nixon und Kissinger – die waren ja permanent in Moskau, in Peking usw. – auf europäischer Ebene betrieben. Natürlich haben europäische Unternehmer auch versucht da jetzt für sich ein bisschen mehr Stärkung, mehr Lebenselixier aus dem Osthandel herauszunehmen. Einer der wichtigsten Förderer war ja Otto Wolff von Amerongen. Also ein Unternehmer, den hat man viel mit Helmut Schmidt damals zusammen gesehen, und der war nun ein absoluter Alpha-Scharnier-Netzwerker der transatlantischen Seilschaften. Der war ja sogar im Council on Foreign Relations vertreten.

KenFM:: Aber ich möchte nochmal auf diese Ostpolitik kommen. Ich hab vor ein paar Tagen auch ein sehr langes Interview gemacht mit dem Filmemacher Dirk Pohlmann und der hat einen Film gedreht: »Täuschung – Die Methode Reagan«. Der war ja jemand, der wollte überhaupt keine Entspannungspolitik, der wollte ja ganz klar dieses Kalte Krieger-Ding, also dass man mit den anderen gar nicht redet, also nichts mit Entspannung, sondern dass man an der Grenze massiv Waffen auffährt, provoziert. Hat sich denn Ihrer Meinung nach diese amerikanische Politik geändert? Weil ich habe diese Entspannungspolitik nicht als Produkt amerikanischer Think Tanks gesehen, oder verstehe ich Sie falsch?

HERMANN PLOPPA: Es ist ein Produkt. Das ging los, und da haben Sie auch schon das richtige Stichwort genannt, unter »flexible response«. Das ist eine Militärdoktrin, wo man sagt: Wenn die Sowjets ihre Machthemisphäre überschreiten und ein Land aus dem westlichen Orbit zu sich rüber ziehen wollen, dann wird man mit abgestuften Maßnahmen antworten.

KenFM:: Also nicht gleich die Atombombe, wie es auch mal hieß.

HERMANN PLOPPA: Genau, das war nämlich der Vorgänger: die massive Vergeltung. Dies wurde 1952 in New York, ganz offiziell, im Gebäude des Council on Foreign Relations vom damaligen CFR-Mitglied und amerikanischen Außenminister (ab 1953) John Foster Dulles verkündet: massive Vergeltung.

KenFM:: Also das heißt: Wenn die UDSSR sich ein Land holt, dann kommt die Atombombe. Sofort. Ohne weitere Ankündigung.

HERMANN PLOPPA: Ja sofort. Ohne Telefonat, ohne alles. Und die Nahtstelle von massiver Vergeltung zu »flexible response« war ja bekanntlich die Kuba Krise.

KenFM:: Also, dass man abgestuft reagiert.

HERMANN PLOPPA: Genau. Ab dem Zeitpunkt hat man eben gelernt, dass man erstmal anruft – es gab ja dieses rote Telefon, das berühmte – und wenn das nicht klappt, dann muss man auch mal ein paar Schläge geben mit konventioneller Waffengarnitur und wenn das alles nicht hilft, ist aber auch der nukleare Schlag nicht auszuschließen. Dadurch wurde es ja überhaupt erst möglich, diese Ostpolitik, diese Entspannungspolitik zu fahren. Man hatte dann soweit schon den Draht hergestellt zwischen Moskau und Washington, dass man dann auch über geschäftliche Dinge reden konnte.

KenFM:: Diese Politik von der Sie sprechen, wird ja in den Parlamenten, im Kongress verkündet, beschlossen, entschieden und die Taktik wird festgelegt in den Hinterzimmern, an diesen Runden Tischen. Was ist denn eigentlich das Ziel dieser Runden Tische? Was man da ja feststellt ist, dass es da Personen gibt, die sind überall dabei. Und so täuschen die Eliten vor, sie seien ganz viele. Im Grunde aber – Sie schreiben es in Ihrem Buch – ist es aber eine überschaubare Zahl, mehrere Tausend Menschen, die aber zwei Tricks anwenden: Erstens, dass sie sehr viele Posten besetzen und dass sie dann eben diese »revolving door«-Geschichte machen; d.h. wenn man sagt: Die und die und die sagen das auch alle, dann ist es derselbe, der das dort auch sagt. Der springt überall hin, und so kommen neue Namen, wer dasselbe auch alles findet; dann findet das ein Runder Tisch in den Vereinigten Staaten, dann findet das aber auch die deutsche Atlantik Brücke – aber derjenige, der das dort befindet, ist eben derselbe. Aber was ist also das Ziel dieser ganzen Runden Tische? Ist das diese ominöse »Gouvernance«? Was ist das?

HERMANN PLOPPA: Also Gouvernance ist ja auch ein Mittel zum Ziel. Ein Ziel, das ist ja immer anders. In der Entspannungsphase meinetwegen war es eben zu versuchen jetzt überhaupt wirtschaftlich den Ostblock zu durchdringen. Das Ziel ändert sich immer wieder. Natürlich, das endgültige Ziel ist immer maximales Geschäft, maximale Investitionsbedingungen – aber das eben unter relativ kontrollierten Verhältnissen.

KenFM:: Und da ist die Demokratie im Weg?

HERMANN PLOPPA: Das würde ich nicht sagen.

KenFM:: Aber aus deren Sicht schon, weil die spukt denen ja immer hinterher.

HERMANN PLOPPA: Die Demokratie ist ganz nützlich, weil sie ja das Gefühl erzeugt, dass man die Politik, die man bekommt auch selber gewollt hat, dass man selber sein Kreuz darunter gesetzt hat und jetzt diese Politik bekommt. Es geht um eine Art Diskurshoheit, es geht – wie Sie sagen – mit dem »revolving door«-Effekt, also dem Drehtür-Effekt. Es ist so: die Verfassung der USA ist ja die erste egalitäre Verfassung der Welt, 1776 und dann die nächsten Jahrzehnte weiterentwickelt. Alle Menschen – bis natürlich auf Afrikaner und Indianer – sind alle gleich, haben dasselbe Recht, dieselben Zugangsrechte, können überall mitbestimmen. Es ist auch möglich vom Tellerwäscher zum Millionär aufzusteigen. Damit aber genau das nicht passiert, haben sich diese Eliten, die sich spätestens nach dem Bürgerkrieg 1866, Südstaaten gegen Nordstaaten, gebildet haben, quasi in einem selbstreferenziellen Orbit abgeschlossen und reproduzieren sich. Reproduzieren sich durch ihre Elite-Internate, durch ihre Ivy League-Universitäten, wo ein Semester so viel kostet, wie ein Mittelklassewagen

KenFM:: Das kann sich eben nicht jeder leisten …

HERMANN PLOPPA: Nein. Ab und zu werden natürlich mal Leute wie John McCloy aus ärmeren Verhältnissen dazu gezogen, damit man nicht völlig verinzuchtet wie die englische Elite. Und dann kommen die Ultra-elitären Studentenverbindungen dazu, gegen die unsere Burschenschaften, die funktionales Äquivalent sind, geradezu sozial-egalitär sind.

KenFM:: Sind das alles Zuchtanstalten, damit man unter sich bleibt …

HERMANN PLOPPA: Ja.

KenFM:: … und die demokratischen Querschläger möglichst raushält? Ist es das? Der Geldadel möchte unter sich bleiben.

HERMANN PLOPPA: Ja, möchte unter sich bleiben, möchte sich auch reproduzieren. Man kennt das ja, die klingen dann ja auch schon wie Könige: Vanderbilt III oder IV – das sind schon fast wieder feudale Verhältnisse. Wie reproduzieren die sich? Eben durch diesen »revolving door«-Effekt, diesen Drehtür-Effekt auf Deutsch, also dass Leute aus der Elite in unterschiedlichsten Positionen Führungsjobs innehaben.

KenFM:: Können Sie mal so einen Spitzen-Führungsjob-Menschen nennen, der überall mit drin ist?

HERMANN PLOPPA: Ja, also McCloy ist so der Mann par excellence.

KenFM:: McCloy ist ja schon tot.

HERMANN PLOPPA: McCloy ist schon lange tot. Anfang der 20er Jahre fing der seine Karriere an als Wirtschaftsanwalt in der Wall Street bei Cravath & Co. Und er wurde dann auch von dieser Sozietät zu Mussolini geschickt, 1926, um ein Jahr lang Mussolini zu beraten. Weil die USA hatte Mussolini einen Megakredit von 100 Millionen Dollar gegeben – das wären heute ungefähr 100 Milliarden.

KenFM:: Warum haben sie das getan?

HERMANN PLOPPA: Warum haben sie das getan – weil sie sich geschäftliche Vorteile davon versprochen haben, dass dann amerikanische Konzerne dort ein gutes Standbein bekommen, damit die Infrastruktur entsprechend flott gemacht wird – auch weil ihnen das faschistische System wohl recht gut gefallen hat.

KenFM:: Also das spielte dann überhaupt gar keine Rolle. Im Gegenteil, das war gut, das ist berechenbar. So ein Diktator ist berechenbarer als eine Demokratie.

HERMANN PLOPPA: Ja genau. John McCloy hat also ein Jahr lang als Wirtschaftsanwalt diesen Megakredit, der von J. P. Morgan – das war Goldman Sachs des 20. Jahrhunderts – kam. Um den maximal einsetzen zu können und um zu sagen, wie man das international am besten bewerkstelligt. Dann findet man ihn irgendwann wieder auf der Ehrentribüne der Olympischen Spiele 1936 in Berlin, neben Adolf Hitler sitzend, angeblich wegen eines Rechtsstreites aus dem Ersten Weltkrieg, was noch anhängig war. Aber Tatsache ist, dass amerikanische Wall Street-Unternehmen sehr lukrative Geschäfte mit Hitler-Deutschland gemacht haben …

KenFM:: Stichwort IG Farben

HERMANN PLOPPA: IG Farben als Junior-Partner von Standard Oil, ja. Dann findet man McCloy wieder im Krieg, als stellvertretenden Kriegsminister unter Roosevelt und hat da zum Beispiel verhindert, dass die Gleise für die Züge nach Auschwitz bombardiert wurden.

KenFM:: Ich fand interessant, wie er das begründete: Da hätte man auch Gefangene bei töten können.

HERMANN PLOPPA: Hat er das gesagt? Ich hab nur gehört »Kill it« – er wollte es einfach nur nicht hören …  Dann war er nach dem Krieg der erste Präsident der Weltbank. Dann Hochkommissar der amerikanischen Besatzungstruppen in Deutschland, also der Statthalter der amerikanischen Besatzer. Ja, was ist er dann noch gewesen? Er war in verschiedenen Aufsichtsräten von Mercedes Benz usw. Unter anderem war er auch Präsident vom Council on Foreign Relations.

KenFM:: Das ist so ein typisches Ding: Der ist einfach überall dabei, der kann sich praktisch in allen Bereichen, ob die Firma oder der Kreis zustimmt, immer selbst befragen.

HERMANN PLOPPA: Also erstmal steigert das natürlich immer seinen eigenen Kurswert, mit jedem Gewinn an Vernetzung und Knowhow. Zum Zweiten spricht er nicht für sich selber, sondern eben für den Council on Foreign Relations und diese elitären Gruppen und bringt das rein, was so entscheidend ist: den »Esprit de corps« – das ist ein ganz wichtiges Zauberwort im Council, also der Gruppengeist. Also die können sich spinnefeind sein, aber sie halten zusammen, wenn es darum geht an die Futtertröge zu kommen.

KenFM:: McCloy kam ja aus kleinen Verhältnissen, auf seiner Beerdigung waren sehr viele berühmte Personen – ich glaube Helmut Schmidt war auch da.

HERMANN PLOPPA: Alle.

KenFM:: Kissinger war auch da. Der hat sich ja verdient gemacht für diese Menschen, für die er gearbeitet hat. Für die Elite »tolle Sachen« auf den Weg gebracht.

HERMANN PLOPPA: Ja, ja. Er war ja nicht blöd.

KenFM:: Er war nicht blöd. Aber er kam ja aus kleinen Verhältnissen. Dass da jemand aufsteigt, wie es auch einige Alpha-Journalisten tun – ich nehme mal Joffe von der Zeit – beschreiben Sie ja ganz einfach mit: Korruption durch Nähe. Die selbst sehen sich gar nicht als korrupt, sie leisten gute Dienste und werden dafür gelobt. Dass sie aber eine klebrige Nähe mit ihrem Arbeitgeber eingehen und gar nicht mehr moralisch neutral sind, das haben sie nie so gesehen und sehen es auch nicht. Joschka Fischer ist so ein Paradebeispiel: der glaubt es sei gut, was er so macht.

HERMANN PLOPPA: Das ist fast so wie ein Beamter, der sich nichts zu Schulden kommen lassen hat. Man dient seinem Volke, man dient der Allgemeinheit; es ist eine unglaubliche Selbstbeweihräucherung, es werden regelmäßig Bücher geschrieben von Walter Isaacson, dem früheren Direktor des Aspen Institut »Sechs Männer und wie sie die Welt verändern«, wo er solche Drehtür-Männer – George Kennan, McCloy unter anderem – beschreibt, in einer unglaublichen, ja, früher hätte man gesagt: Hofdichtung.

KenFM:: Lassen Sie mich einen Sprung nach Deutschland machen. Sie sind ja ein Freund der deutschen Wirtschaftsordnung, die Sie auf drei Säulen sehen. Können Sie das mal beschreiben? Wir haben das amerikanische Modell, das versucht die ganze Welt zu vereinnahmen, immer unter dem Motto: Der American Way of Life ist super, der gefällt allen und wenn er euch noch nicht gefällt, dann habt ihr ihn noch nicht verstanden, wir helfen euch dabei. Aber dann gibt es eben die deutsche Wirtschaftsordnung – was ist das?

HERMANN PLOPPA: Also ich würde mich vielleicht erstmal verwahren gegen »Freund« der deutschen Wirtschaftsordnung. Aber sie erscheint mir zumindest viel menschlicher als die amerikanische Wirtschaftsordnung. Die amerikanische Ordnung heißt ja ganz einfach: Fast alle Wirtschaftsprozesse werden privatwirtschaftlich-profitorientiert geregelt und wenn nicht das, dann in philanthropischen Stiftungen. Der Staat macht relativ wenig in den USA oder in England. Dagegen haben wir die Kontinentaleuropäische – das ist ja nicht nur Deutschland, sondern auch Skandinavien, Schweiz, Österreich. Dort hatte man von der Geschichte her eine ganz andere Auffassung, nämlich, dass man nur dort Wirtschaftsprozesse dem profitorientierten Treiben überlässt, die nicht allzu großen Schaden anrichten. Also wesentliche Funktionen wie Daseinsvorsorge, Infrastruktur, Geldbeschaffung für die kleinen Leute …

KenFM::  … Gesundheitssystem

HERMANN PLOPPA: Genau. … Geldbeschaffung für Regionen, was Banken nicht machen würden – das ist schon in dem viel geschmähten Preußen besorgt worden, durch öffentlich-rechtliche oder staatliche Instanzen, oder auch das Genossenschaftswesen, ganz wichtig – und das ist auch, würde ich sagen, unser Fingerzeig in die Zukunft, wie wir aus der Misere wieder rauskommen – und nur was man den profitorientierten Unternehmern überlassen konnte, hat man ihnen auch überlassen.

KenFM:: Was ich interessant finde: Viele dieser superreichen Eliten, die zu 80% in Amerika zu Hause sind, können mit Genossenschaften nichts anfangen, wohnen aber dann ganz gerne in dem Genossenschaftsland überhaupt, der Schweiz. Aber können Sie vielleicht mal erklären für Menschen die das nicht so genau wissen. Was ist denn eine Genossenschaft?

HERMANN PLOPPA: Also wenn sich Leute zusammenschließen und ein bisschen Geld einbringen usw. und beschließen meinetwegen: Sie wollen ein Windkraftwerk haben in ihrer Region, sie wollen nicht mehr länger abhängig sein von der Gnade von E.on, dann legen sie Geld zusammen und machen ein Statut, in dem sie sagen: Es gibt für niemanden einzelnen darin einen Profit, sondern das, was man erwirtschaftet, wird wieder reinvestiert oder einem guten Zweck zugetan und es wird alles demokratisch entschieden.

KenFM:: Wenn Sie sagen, in Amerika gibt es nicht so viele Genossenschaften, warum denn eigentlich nicht? Das ist doch gut für das Allgemeinwesen, wenn es auf vielen Schultern lastet und viele mitsprechen, dann ist man nicht dumm überrascht und vor allem wird es beim Bürger akzeptiert. Das ist doch gut, Genossenschaften.

HERMANN PLOPPA: Ja warum, das ist natürlich ein Rätsel. Natürlich gab es auch immer wieder Bestrebungen in den USA. Es hängt ja in Deutschland auch viel zusammen mit der Arbeiterbewegung, vieles ist durch die Arbeiterbewegung gestemmt worden, schon im 19. Jahrhundert, in einer hervorragenden Koalition mit dem Bildungsbürgertum. In den USA wurde die Arbeiterbewegung nie groß toleriert. Allein durch die große Ausdehnung des Landes war es schwierig, landesweit eine Arbeiterbewegung oder überhaupt genossenschaftliche Bewegungen anzuleiern – das hatte also immer nur regionalen Touch. Das haben auch deutsche Revolutionäre nach 1848 immer wieder versucht anzustiften – das ist immer wieder schief gegangen und es wurde meistens auch brutal niedergeschlagen, Haymarket zum Beispiel, in Chicago. Zum anderen ist es auch ein viel härterer Wettbewerb unter den Arbeitern gewesen als bei uns. In Deutschland musste man mit einem gewissen Potential von Arbeitern auskommen, man musste mit ihnen zurechtkommen. In den USA kamen ständig neue Leute an, von überall her und die wollten arbeiten, die wollten überleben.

KenFM:: Das heißt, man konnte jemanden toll ausbeuten und wenn der gesagt hat: Mach ich nicht mehr – dann kam eben der nächste.

HERMANN PLOPPA: Also wenn da Leute gestreikt haben, wenn eine Belegschaft gestreikt hat, dann: Raus! Die Nächsten! – Das hat auch zu fürchterlichen, blutigen Auseinandersetzungen in den USA geführt, weil immer die neue Schicht quasi von den arrivierteren Schichten verdrängt wurden – meinetwegen die Schotten waren schon drin, dann kamen die Italiener, dann wurde auf die eingeprügelt und die Italiener machten den Dreck; dann kamen die Chinesen und haben den Dreck gemacht.

KenFM:: Das System hat sich bewährt, man sieht das ja in den ganzen Freihandelsabkommen, wo man jetzt Nordamerikaner gegen Mexikaner ausspielt oder Kanadier gegen X – also das funktioniert ja, dass man immer jemanden findet, der noch schlimmer dran ist, der das dann macht.

HERMANN PLOPPA: Richtig.

KenFM:: Aber es hat auch einen Impact auf den eigenen Markt, weil wenn auf der anderen Seite der Grenze für den Kurs gearbeitet wird, dann musst du das jetzt auch. Warum lernen Menschen nicht daraus? Gibt es da kein Gedächtnis?

HERMANN PLOPPA: Na die können da ja nichts gegen machen. Der Zustand, den Sie beschreiben, ist ja jetzt durch NAFTA, die Freihandelszone, entstanden.

KenFM:: Ist das eine Freihandelszone?

HERMANN PLOPPA: Das ist die Lizenz zum Töten. Das ist die Lizenz des Stärkeren den Kleineren fertigzumachen. Ganz konkret: Als die Schranken zwischen Mexiko und den USA fielen, hat die Agroindustrie der USA den mexikanischen Lebensmittelmarkt überschwemmt mit ihren Produkten. Die einheimische Wirtschaft ist zusammengebrochen, die bis dahin gut funktioniert hat und die Bauern mussten jetzt als illegale Arbeiter in die USA gehen und dort in eben dieser Agroindustrie arbeiten, zu Sklavenverhältnissen. Das ist jetzt eben auch ein Vorgriff auf TTIP: etliche Regionen werden noch mehr herunterfallen. So kam es, dass diese Solidarisierung durch dieses Teile und herrsche, das seit Cäsar immer wieder zur Anwendung kommt – und die Amerikaner haben es immer besonders gerne betrieben, Gruppen gegeneinander auszuspielen, weil sie jetzt eben auch mal am längeren Hebel saßen. Sie hatten eben ein Land, das groß war, mit Bodenschätzen usw. – wer da rankommen will, der muss sich da schon ein bisschen nach der Decke strecken.

KenFM:: Lassen Sie uns gleich bei TTIP bleiben. Da gibt es ja diese ominösen Schiedsgerichte. Alle reden über das Chlorhuhn oder eben auch nicht. Was hat es denn mit diesen Schiedsgerichten auf sich? Können Sie das mal erklären, dass das wirklich ein Knock-Out sein kann oder ist, wenn das durchkäme?

HERMANN PLOPPA: Also das ist ja jetzt schon allgemein bekannt und kann schon von fast jedem runtergebetet werden: Dass eben unabhängige Schiedsgerichte, die außerhalb der Rechtsprechung der Nationen sind, sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit treffen. Ein Beispiel: Ein Konzern fühlt sich gestört durch strengere Umweltschutzauflagen in einem bestimmten Land. Dann kann der Konzern diesen Staat verklagen, auf Schadensersatz, weil angenommen wird, dass ihm dadurch Gewinne durch die Lappen gegangen sind.

KenFM:: Also Exxon würde theoretisch in Bayern nach Öl bohren wollen. Jetzt sagen die Bayern, dass sie das nicht wollen, weil das direkt vor ihrem schönen Chiemsee sein soll.

HERMANN PLOPPA: Das können sie gerne machen, aber dann müssen sie einige Milliarden an den Konzern ablatzen. Wir haben ja den konkreten Fall mit Vattenfall in Hamburg oder auch mit dem Ausstieg aus der Kernenergie. Ich denke das ist auch so neu nicht: 1959 hat Deutschland bereits einen bilateralen Vertrag mit Indien beschlossen – meines Wissens war es Indien – und auf bilateraler Ebene läuft das schon lange in aller Stille, solche perversen und undemokratischen Regelungen.

KenFM:: Man nennt das Investitionsschutz.

HERMANN PLOPPA: Ja, klingt toll, nicht? Man »schützt« etwas: Investitionen. Ich meine, Investoren sind ja jetzt sowieso göttliche Wesen, die wir auf keinen Fall verkretzen dürfen. Ich würde aber sagen, das ist auch nur ein Teil – nach dem Chlorhühnchen hat man jetzt das mit dem »investor-state dispute settlement«, aber es geht ja viel weiter. Es gibt eben die Tendenz des Kapitals alles um sich herum zu zentralisieren und dann in der Peripherie – also Metropole und Peripherie – intakte Strukturen zu zerschmettern, zu zerstören. So wie ich das beschrieben habe mit NAFTA, so ist es mit der DDR gelaufen nach der Wende. Und wir wiederum, werden auch auf der Strecke bleiben, wenn es jetzt zu diesem TTIP-Abkommen kommt, dann werden die USA, die viel besser aufgestellt sind als wir mit unseren 27 zerstrittenen Nationalregierungen – altes Europa gegen neues Europa als Stichwort – dann werden wir zur enthaupteten, verlängerten Werkbank der USA.

KenFM:: Sie haben eben nochmal ein neues Feld aufgemacht: die ehemalige DDR. Sie schreiben in Ihrem Buch auch darüber, wie dort Banken raubrittermäßig durchs Land gefahren sind und Firmen nur deswegen aufgekauft haben, weil die subventioniert wurden von der DDR und da hat man später gesagt: das sind offene Kredite, das kriegen wir doch von euch. Also da haben wir schon Erfahrungen, wie wir das im Land selbst machen können, wie so etwas abläuft.

HERMANN PLOPPA: Ja, ja. Also es war so, es gab die Kombinate in der DDR, das waren also volkseigene Konzerne, Industrieeinheiten usw. Die haben ihre Gewinne an den Staat DDR abgeführt, das war ein wichtigerer Einkommensanteil als die Steuern. Der Staat hat wiederum, weil ja Kombinate alles Mögliche zu tun hatten – sie mussten Kindertagesstätten finanzieren, Ärzte usw., hatten einen sehr umfassenden Service für ihre Mitarbeiter – sie brauchten Geld. Sie bekamen einen Teil dieser Gewinne als Gewinnrückführung zurück, aber über DDR-Banken. Diese DDR-Banken wiederum haben – leider Gottes, muss man im Nachhinein sagen – diese Rückführungen als Kredite in ihren Büchern gehabt. Das waren aber keine kapitalistischen Kredite, das waren Subventionen. Als nun die DDR zusammenbrach, haben die Westbanken entdeckt: Aha, da gibt es was: Kredittitel. Und haben für n Appel und n Ei über die Treuhand diese DDR-Banken gekauft

KenFM:: Nur wegen der Titel?

HERMANN PLOPPA: Naja, es gibt vielleicht noch mehr. Natürlich auch die ganzen Kundenkarteien usw. – so hat man dann im Schnellverfahren einen neuen Markt aufgetan. Dann haben sie diese DDR-Banken eben aufgekauft und haben dann wieder diese angeblichen Kredittitel, die keine Kredittitel waren, bei den Kombinaten eingefordert, plus 10% Zinsen. Da sind selbst funktionstüchtige Kombinate zusammengebrochen und mussten Insolvenz anmelden.

KenFM:: Dann hat man so auch den Markt bereinigt.

HERMANN PLOPPA: Auch das. Allerdings gab es dafür auch noch andere Techniken. Aber das war eben auch eine Möglichkeit.

KenFM:: Das Geld floss vom armen Osten in den reichen Westen.

HERMANN PLOPPA: Nein nicht so. Also die Bundesregierung hatte diesen Fall – seltsamerweise – vorweggedacht und hatte einen Erblastentilgungsfond eingerichtet. Allein schon dieser Name – eine Frechheit, die DDR und ihre Bevölkerung als Erblast und Erblastentilgungsfall zu diffamieren. Der Erblastentilgungsfond war angesiedelt im Bundesfinanzministerium unter Theo Weigel. Dort konnten diese westlichen Banken das, was sie aufgekaut hatten an verlierenden Unternehmen im Osten, quasi die Verluste, diese verlorenen Kredittitel, der von ihnen selber in den Ruin getriebenen Kombinate, einfordern. Haben also gesagt: Leute, wir haben da ein Kombinat gekauft und wir haben auch eine Bank und einen Kredittitel für ein Kombinat; das Kombinat ist zusammengebrochen, wir wollen das Geld von euch haben. Über den Erblastentilgungsfond wurde dieses Geld dann den Banken überwiesen – aus den Steuermitteln von West und Ost.

KenFM:: Interessante Aufbauhilfe …

HERMANN PLOPPA: Ja, für wen? Cui bono? Und das führte dazu, dass allein über diesen Weg 200 Milliarden DM aus Steuerzahlermitteln den Banken einfach geschenkt wurden, für angebliche Kredittitel. Der Herr, der das als verantwortlicher Staatssekretär im Finanzministerium Weigel bewerkstelligt hat, heißt: Horst Köhler – und ist zur Belohnung Chef des IWF geworden und dann Bundespräsident. Sein verantwortlicher Referatsleiter – meine Damen und Herren, man höre und staune – der das genau im Detail ausgearbeitet hat, diesen Raub am deutschen Volk, ist kein geringerer als Thilo Sarrazin!

KenFM:: Ich möchte noch einmal Ihr Buch in die Kamera halten, »Die Macher hinter den Kulissen«, weil wir haben gerade wieder gesehen, wo die Drehtüren überall eingebaut sind – und deswegen wird einem vielleicht auch schwindlig, weil das so viele Drehtüren sind. Ich möchte auf etwas kommen, was ich im Buch gelesen habe, was ich sehr spannend fand. Sie sprechen dort über Planwirtschaft und da denkt man ja sofort an die UDSSR, die Landwirtschaft, wie das alles danebengegangen ist. Dann schreiben Sie aber über Roosevelt und den New Deal, was eine Art Planwirtschaft ist oder war.

HERMANN PLOPPA: Ja, naja, das geht noch weiter zurück – und zwar im Ersten Weltkrieg. Als man merkte, dass man jetzt ganz schnell die US-Gesellschaft formieren musste für den Sieg im europäischen Krieg, da hatte man es sehr eilig, die Unternehmer der USA zu formieren. Es wurden Kammern eingerichtet, in denen Vorgaben für die Wirtschaft gemacht wurden. Das ging hin bis zu den Schuhformaten: alle Schuh-Firmen mussten vier verschiedene Schuhformate produzieren. Der billigste hieß »Liberty-Schuh«. Da konnte sich die Schuhwirtschaft aber nochmal gegen wehren. Aber es wurde damals bereits festgelegt, wer kriegswichtige Rohstoffe bekommt und wer nicht. Und da haben die Kartelle in den USA wiederum kleinen, mittelständischen Unternehmen das Licht ausgeblasen.

KenFM:: Die haben also damit argumentiert: Sorry, Privatwirtschaft war ja immer super, aber in so einer Situation muss alles für den Krieg arbeiten. Und dann sind die knappen Rohstoffe den Industrien zuzuführen, die auch was für den Krieg tun …

HERMANN PLOPPA: Ja.

KenFM: Ich möchte nochmal Ihr Buch in die Kamera halten: ‚Die Macher hinter den Kulissen‘. Weil wir haben gerade noch einmal gesehen, wo die Drehtüren überall eingebaut sind. Deswegen wird einem vielleicht auch schwindlig, weil dort so viele Drehtüren sind. Ich möchte auf etwas kommen, was ich im Buch gelesen habe; was ich sehr spannend fand: Sie sprechen dort über Planwirtschaft. Und da denkt man ja sofort an die UdSSR und die Landwirtschaft und wie das alles daneben ist und dann schreiben Sie aber über Roosevelt und den New Deal, der eine Art Planwirtschaft ist oder war.

Hermann Ploppa: (zögerlich)Ja. Nein. Also es geht noch weiter zurück. Und zwar im ersten Weltkrieg als man merkte, dass man jetzt ganz schnell die US-Gesellschaft formieren musste für den Sieg im europäischen Krieg. Da hatte man es sehr eilig, die Unternehmer der USA zu formieren. Es wurden Kammern eingerichtet, in denen Vorgaben zur Wirtschaft gemacht wurden. Es ging bis hin zu Schuhformaten. Alle Firmen mussten bestimmte, 4 verschiedene Schuhformate produzieren. Der billigste hieß ‚liberty shoe‘ (lacht)- der Freiheitsschuh. Da konnte sich die Schuhwirtschaft aber nochmal gegen wehren. Aber es wurde damals bereits festgelegt, wer kriegswichtige Rohstoffe bekommt und wer nicht. Und da haben Kartelle in den USA kleinen, mittelständischen Unternehmen das Licht ausgeblasen.

KenFM: Die haben dann also damit argumentiert: ‚Sorry, Privatwirtschaft war immer super, aber in so einer Situation muss alles für den Krieg arbeiten. Deswegen sind die knappen Rohstoffe den Industrien zuzuführen, die auch etwas für den Krieg tun?‘

Hermann Ploppa: Ja.

KenFM: Marktbereinigung?

Hermann Ploppa: Ja. Und zwar durch Kartelle. Man weiß ja, dass Lenin bekanntlich ein großer USA- Fan war und er hat ja dann diese Technik übernommen für die Sowjetunion; jetzt mal sehr shortcut-mäßig gesagt.

KenFM: Lassen Sie uns über ein Wort reden, das in Ihrem Buch sehr oft fällt, aber geschichtlich anders aufgearbeitet wird. Da habe ich etwas gelernt, das muss ich auch sagen. Neoliberalismus. Es gibt jemanden in diesem Buch, der hat bereut, nicht Copyright auf dieses Wort angemeldet zu haben. Der Erfinder des Neoliberalismus, der aber anders gemeint war?

Hermann Ploppa: Ja. Also kurz zur Geschichte des Neoliberalismus, oder des Marktradikalismus, der sich dann davon abgetrennt hat: Franklin Delano Roosevelt war ja ein gänzlich anderer Präsident als alle anderen. Er versuchte die USA ein bisschen deutscher, ein bisschen europäischer zu machen. Die Rechte der kleinen Leute zu stärken, auch eben das öffentlich-rechtliche Wirtschaftsleben zu fördern und das genossenschaftliche Leben zu fördern. Natürlich, die Unternehmer und die Banker in den USA haben erst einmal gesagt: ‚Prima; die haben uns jetzt aus der Krise von ‚29 herausgeholt. Es läuft wieder alles. Wir brauchen keine Angst zu haben. Es geht weiter. Er hat den Kapitalismus quasi vor sich selbst gerettet indem er eben ein bisschen sozialistischer gewirtschaftet hat.‘ (lacht) Der große Schock brach aus als Roosevelt 1936 in einem Erdrutschsieg seine Macht befestigen konnte und dann ankündigte, jetzt erst richtig loszulegen mit dem New Deal. New Deal heißt, die Karten neu mischen. Das war ein Schock für die Oligarchen. Ich sage immer, es war eine ähnliche Situation wie unter Hugo Chávez in Venezuela. Dass jemand durch ein populistisches Mandat den Mächtigen, den Konzernen, dem Establishment Kontra geben konnte. Das war der Punkt, wo die gesagt haben: ‚So, wir wollen jetzt aber das Heft wieder in die Hand bekommen. Wir wollen jetzt wieder zurück zu dem liberalen Wirtschaftswesen, also Staat weg usw.‘ Sie wussten aber ganz genau, sie konnten jetzt nicht wieder ankommen und sagen: ‚Wir wollen jetzt hier wieder Liberalismus haben!‘ Da hätten die Leute sie ausgelacht. Es gab dann 1938 ein Seminar, Walter Lippmann, in Paris. Wo Walter Lippmann, einer der Chefideologen des Council on Foreign  Relations [später CFR].

KenFM: Mitbegründer.

Hermann Ploppa: Ja. Auch Mitbegründer, genau. Da eben ein neues Selbstverständnis des Liberalismus verkündete wurde. Es wurde dort diskutiert: Wie soll man das Ding nennen? Es gab verschiedene Vorschläge und der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Alexander Rüstow sagte dann: ‚Das nennen wir Neoliberalismus.‘ Und dann wurde es übernommen, dieser Name. Man versuchte jetzt es zurückzurollen, dieses Ganze, die Entwicklung und die Macht der Konzerne wieder herzustellen.

KenFM: Unter einem neuen Namen, der nicht irgendwie in Verruf geraten war?

Hermann Ploppa: Erstens das und zweitens auch ein neues Verständnis. Also es kam sozusagen der Konsumismus. Im Film ‚ The Century of the Self‘ von Adam Curtis kann man das wunderbar sehen in der ersten Folge. Dann gab es eine Weltausstellung 1939, auf  der der Kapitalismus sich ganz neu definierte als Konsum, als Konsumerismus.

KenFM: Also Konsum als Selbstzweck, als Ziel?

Hermann Ploppa: Als Selbstzweck und für alle. Man wollte nicht zurück zu dem Armutskapitalismus.

KenFM: Damit wurde aber auch eine Attraktivität erzeugt? Wenn jeder ein Auto hat, jeder kann telefonieren, es ist mehr als genug für alle da; Konsum macht Spaß. So wurde es damals verkauft?

Hermann Ploppa: Für jeden ein Auto! Unvorstellbar! Und Edward Bernays hat das dann auch ideologisch aufbereitet. Der ist ja jetzt gerade mit seinem Buch ‚Cristalizing Public Opinion‘ in den Charts.

KenFM: Wichtiger wäre vielleicht noch das Buch von 1928 ‚Propaganda‘.

Hermann Ploppa: Ja. Dann war ja erst einmal der zweite Weltkrieg und da war dann erst einmal Schluss mit diesen ganzen Überlegungen. 1949 ging es dann weiter, oder ‚48, mit der ‚Mont Pelerine Gesellschaft‘. Dort saßen dann zusammen alle Neoliberalen. Und da waren auf deutscher Seite Alexander Rüstow, Wilhelm Röpke, Harnack, Ludwig Erhard, Müller- Armack. Und auf der anderen Seite eben das, was später die Marktradikalen wurden und die sich durchgesetzt haben, nämlich Milton Friedman und seine Leute, die wirklich sagen: ‚Der Staat soll sich aus Allem heraushalten. Der Staat soll wirklich nur für die freien Handelswege sorgen, für die Sicherheit des Vertrages und die Sicherheit des Eigentums.‘ Während die Neoliberalen der deutschen Schule; nicht zu verwechseln mit der österreichischen Schule; haben gesagt: ‚Das Volk muss etwas davon haben. Es muss sozial ausgewogen sein.‘ Deswegen ging es uns ja auch so gut nach dem zweiten Weltkrieg mit Ludwig Erhard.

KenFM: Die soziale Marktwirtschaft?

Hermann Ploppa: Die soziale Marktwirtschaft. Natürlich hatte Ludwig Erhard auch daran gedacht, dass die Wirtschaft alles steuern soll usw., aber es wäre ihm nie eingefallen, diese Dreiteilung der Wirtschaft, die ich benannt habe; öffentlich-rechtlich staatlich, genossenschaftlich und privat anzutasten. Während die Marktradikalen eben wirklich ganz brutal durchgegriffen haben. Es ging dann ja zu diesem nationenweiten Versuch in Chile 1973 als am 11. September 1973 Allende in einem Putsch ermordet wurde und dann 30.000 Menschen sofort im KZ verschwanden, und dann Pinochet das chilenische Volk duldungsstarr gehalten hatte für die marktradikalen Rezepte von Milton Friedmann.

KenFM: Das war ein Test später für Reagan und Thatcher?

Hermann Ploppa: Das war ein Test. Geht das? Funktioniert das? Zum Beispiel das Umlageprinzip wurde abgeschafft, was man aus Deutschland übernommen hatte; durch ein risikobasiertes Rentensystem ersetzt. Man merkte, es ist zwar schwierig, vielleicht gibt es auch erst einmal Stagnation oder Rückgang…

KenFM: Oder Revolution, ein bisschen?

Hermann Ploppa: Revolution schon mal gar nicht. Die hat man vorher alle umgebracht. Als man gemerkt hat, irgendwie geht es schon, da hat man es in den USA durchgedrückt unter Ronald Reagan und mit Maggi Thatcher in Großbritannien, aber in Deutschland – Helmut Kohl hätte sicherlich auch gern den deutschen Ronald Reagan gemacht, aber er konnte es nicht. Weil eben die von den Marktradikalen belächelte Konsensgesellschaft einfach dies nicht möglich machte.

KenFM: Lassen Sie uns mal über Walter Lippmann sprechen. Es gibt ja ein ganz berühmtes Buch von ihm, nämlich ‚Die öffentliche Meinung‘. Das kennen gar nicht so viele Leute bei den Medien, was mich immer ein bisschen verwundert. Aber auch sein Buch ‚Good Society‘, was sehr früh geschrieben wurde.

Hermann Ploppa: Das war das Manifest des Neoliberalismus.

KenFM: Ganz genau! Wissen Sie, wann das geschrieben wurde? 19..?

Hermann Ploppa: ‚38.

KenFM: ‚38. Das wirkt ja nach bis heute. Man muss diese riesigen Dekaden sehen, wo das nachwirkt.

Hermann Ploppa: Das ist jetzt erst richtig aktuell, sozusagen.

KenFM: Der hat beschrieben, wie er es gerne hätte, so wie wir es gerade haben. Der ist ja der Gründer des CFR und der hat ja damals in diesem Buch ‚Good Society‘ die Auflösung der Nationalstaaten als Zukunftsvision gepredigt. Was macht denn bei Lippmann die ‚good society‘, die gute Gesellschaft eigentlich aus? Was ist das denn für den, die gute Gesellschaft?

Hermann Ploppa: Das ist die, wo man frei konsumieren kann und wo man frei unternehmerisch tätig sein kann. Wobei er damals unter dem starken Eindruck von Roosevelt eben auch ganz klar gesagt hat: ‚Soziale Standards müssen erhalten bleiben‘.

KenFM: Also es gibt Grenzen?

Hermann Ploppa: Es gibt Grenzen und es muss Bildung auf jeden Fall gewährleistet sein. Aber er schreibt ganz deutlich, die innere Ausstattung des Menschen für den komplexen Kapitalismus müsse massiv umgeschrieben werden.

KenFM: Wie meint er das?

Hermann Ploppa: Sowohl durch Bildungsprogramme wie auch eugenisch. Das Witzige ist, er schreibt eben auch ‚Eugenik‘, obwohl er in den 20er Jahren noch ein Gegner der Eugenik war. Und jetzt plötzlich sagt er: ‚Es läuft darauf hinaus, dass der Mensch sowohl in seiner Software wie in seiner Hardware umgeschrieben werden muss.‘

KenFM: Also ein Rassenprogramm, ein Züchtungsprogramm?

Hermann Ploppa: Das ist übertrieben jetzt, aber er möchte auf jeden Fall, dass der Mensch umfassend umstrukturiert und umgeschrieben wird für die Erfordernisse einer Bildungsgesellschaft, einer Lerngesellschaft, einer Gesellschaft, wo man ständig umlernt, ständig komplexere kapitalistische Wirtschaftstätigkeiten vollziehen muss.

KenFM: Amerika, die Vereinigten Staaten waren damals ein sehr modernes Land, dahingehend, dass man viele Dinge neu gedacht und neu gemacht hat, sozusagen ein Experimentierfeld. Weil Sie von Eugenik sprechen, also die Vision, um eine neue Gesellschaft zu schaffen, brauchen wir einen neuen Menschen und zwar physisch brauchen wir den. Das war ja auch etwas, was die Nationalsozialisten in Amerika beobachtet haben und dort sich eigentlich abgeguckt haben?

Hermann Ploppa: Ja.

KenFM: Neue Menschen, eine neue Rasse formen. Warum war das in dieser Zeit so modern?

Hermann Ploppa: Naja, das war eben das ‚state of the art‘ in der Forschung. So ungefähr von 1900 bis 1920 war der Königsweg um soziale Probleme zu lösen, um Kriminalität abzuschaffen endgültig, war einfach die Umprogrammierung des Menschen. Wobei Galton, der Erfinder der Eugenik, ja auch daran gedacht hatte, die Leute positiv zu fördern, verfiel aber die amerikanische Eugenik darauf, nur die negativen, also die unteren Teile der Bevölkerung abzukappen.

KenFM: Es wurden ja auch tausende Menschen zwangssterilisiert.

Hermann Ploppa: Ja, ja. Das war Gesetz in US- Bundesstaaten.

KenFM: Sie haben ja auch ein Buch geschrieben über die amerikanischen Eliten, die quasi auch Ideengeber waren und Steigbügelhalter für die Nationalsozialisten. Können Sie das Buch mal nennen?

Hermann Ploppa: ‚Hitlers amerikanische Lehrer‘.

KenFM: Dieses Buch [‚Die Macher hinter den Kulissen‘] baut ja auch ein Stück weit darauf auf. Was sind denn Ihre Erkenntnisse, wenn man es sich anschaut in ‚Hitlers amerikanische Lehrer‘. Wer waren denn diese Lehrer?

Hermann Ploppa: Ich habe das dort ja gegliedert: Einmal das, was man vorfand durch die eugenischen Stiftungen in den USA, die sehr mächtig waren, die Einfluss gemacht haben schon seit Ende des 19. Jahrhunderts, minderwertige Menschen, ‚inferior‘ Menschen zu sterilisieren, zu kastrieren oder zu internieren, also ein Leben lang daran zu hindern, ein Wesen des anderen Geschlechts zu befruchten. Und zum anderen Denker. Also es gibt Lothrop Studdard, Madison Grant und Henry Ford. Henry Ford, das hat sich schon ein bisschen herumgesprochen, im Braunen Haus war ja bekanntlich ein riesiges Poster von Henry Ford hinter dem Arbeitstisch von Hitler und er hat ja Vieles übernommen.

KenFM: Das Braune Haus wurde ja auch von Prescott Bush, also dem Großvater, der war ja in einer großen Bank ansässig, finanziert. Das wissen die Leute ja auch nicht.

Hermann Ploppa: Nein, ich weiß das auch nicht.

KenFM: Da gab es immer Verbindungen, dass man sich gegenseitig mochte. Ich meine, wenn man sich ‚Mein Kampf‘ durchgelesen hat, stellt man fest, dass man eigentlich hätte Adolf Hitler auch wegen Copyright- Verletzungen drankriegen müssen. Weil viele der Teile, die ich dort gelesen habe, habe ich schon vorher gelesen in Teil 1 und Teil 2 von Henry Ford ‚Der internationale Jude‘. Das war auch so etwas, darüber wird auch nicht gesprochen: Das war damals der Geist. Der war zwar sehr unangenehm, der war zwar braun, aber der herrschte in vielen hohen Gesellschaften vor.

Hermann Ploppa: Natürlich. Das war absolut der Glaube der US-amerikanischen Eliten in diesen Jahren. Man nahm Abstand davon, das muss man auch differenziert ganz klar sagen, in den 30er Jahren. Also die Rockefeller-Stiftung hat bereits 1928 ihre eugenischen Programme eingestellt und die Carnegie-Stiftung hat 1938 die Programme eingestellt. Nichtsdestoweniger hat die Rockefeller-Stiftung noch von den eugenischen Experimenten von Mengele profitiert, war mit Millionen in dem deutschen eugenischen Projekt mit drin. Für sich selber hatte man längst erkannt, durch die Erkenntnisse des Biologen Thomas Hunt Morgan, dass es viel komplexer ist, die Materie, als man es sich bis dahin vorgestellt hatte. Aber die Deutschen ließ man quasi mit den abgetragenen Kleidern des großen Bruders weiterlaufen.

KenFM: Ich möchte noch einmal auf die Aussage von Walter Lippmann kommen, die Sie angedeutet haben, und zwar was die innere Ausstattung eines Menschen angeht, die verändert werden müsste. Sie haben ein Zitat von Angela Merkel, das da ganz gut dazu passt. Es bezieht sich auf die Wirtschaft. Das ist auch eine Art von Ausstattung. Können Sie das mal bringen?

Hermann Ploppa: Sie meinen jetzt wahrscheinlich jenes Treffen im März 2013, wo Frau Merkel den französischen Präsidenten François Hollande und den damaligen EU-Ratspräsidenten Barroso zu sich ins Kanzleramt zitiert hat und dort saßen bereits 15 ehrenwerte Herren vom ‚European Round Table of Industrialists‘. Alle sprechen von Barroso, der EU-Bürokratie, aber immer noch, selbst bei Gruppen wie Attac wird wenig gesprochen über Gruppen wie  den ‚European Round Table of Industrialists‘ oder diese wirklich mächtigen Unternehmerverbände auf euro-amerikanischer Ebene wie zum Beispiel ‚Transatlantic Business Council‘. Da ist nämlich TTIP schon Realität. Da sind die Unternehmerverbände von Europa und USA bereits in einer Kammer vereinigt. Jedenfalls der ‚European Round Table of Industrialists‘ rühmt sich selber, die Lissabon Agenda von 2000 geschrieben zu haben, die dann eins zu eins von den Regierungschefs umgesetzt wurde. Ebenso haben sie eben viele andere Sachen noch vorgegeben. Das ist kein Geheimnis. Dazu stehen die selber auf ihrer Website. Und sie haben sich getroffen, wie gesagt, im Kanzleramt und dort hat sich dann sofort; also die Herren vom ‚European Round Table of Industrialists‘ hatten rein zufällig einen Wunschkatalog dabei (lacht), der dann auch spontan eins zu eins umgesetzt wurde.

KenFM: Von wem? Von Angela Merkel?

Hermann Ploppa: Ja, Angela Merkel und François Hollande beschlossen dann eine ‚Franco-German Working Group on Competitiveness and Growth‘ einzurichten, wo also die beiden Leithammel der EU, also Deutschland und Frankreich, sich jetzt noch einmal ein bisschen positionieren wollen, aufstellen wollen für den weltweiten Kampf. Und dort; es ist nichts weiter als ein reines marktradikales Bekenntnis; da heißt es in diesem Arbeitspapier, was dann regierungsamtlich ist, geschrieben: ‚Die Europäische Union soll davon absehen, neue Gesetzesvorschläge einzubringen, die für Investitionen schädlich sind.‘ Oder; übrigens noch nebenbei bemerkt, es war damals 2013 der Text noch im Internet. Der ist heute nur noch schwer irgendwo zu beschaffen. ‚Die Wirksamkeit öffentlicher Ausgaben muss zu jeder Zeit strenger Überprüfung unterliegen. Das Angebot an öffentlichen Dienstleistungen muss dem Wettbewerb durch Initiativen und Vorschlägen aus dem Privatsektor ausgesetzt werden‘ Und noch ein Ding: ‚Es muss ein erstrangiges Ziel werden, öffentliche Ausgaben in Frankreich und in Deutschland zu verringern.‘ Warum? ‚Öffentliche Ausgaben und öffentliche Regulierungen müssen solche Investitionen bevorzugen, die Wachstum erzeugen. Die Erweiterung der öffentlich-privaten Partnerschaften kann die Effizienz im Bereich der Verkehrsplanung beträchtlich vergrößern.‘

KenFM: Das klingt ja erst einmal alles so, dass man mehr Möglichkeiten haben soll.

Hermann Ploppa: Es ist ja schon heftig. Warum soll man denn öffentliche Ausgaben senken?

KenFM: Weil da Beamte sitzen, die gar keine Ahnung von der Materie haben und einfach nur das Geld loswerden müssen. Und jemand, der sich privat damit beschäftigt, der hat einen ganz anderen Zugang, einen ganz anderen Elan entwickelt. Ich mache jetzt mal einen Runden-Tisch-Mitarbeiter.

Hermann Ploppa: Sie sind jetzt der ‚advocatus diaboli‘, schon klar. (lacht)

KenFM: Ich möchte jetzt mal eine Frage stellen: Wie kann man denn eine dynamische Wirtschaft; die  Wirtschaft ist ja dynamisch, die Weltwirtschaft sowieso; so steuern, dass sie nicht durch staatliche Bürokratie erstickt wird? Also es muss ja eine Bürokratie geben, aber die kann ja auf dem globalen Markt- also man kann ja nicht mit deutschen Gesetzen in China arbeiten auf der einen Seite. Auf der anderen Seite aber soll parallel verhindert werden, dass diese dynamische Wirtschaft sich wie eine Krebszelle verhält. Sie soll also dynamisch sein. Es soll aber auch Grenzen geben. Und sie darf nicht zu stark sein. Wie geht das? Geht das überhaupt? Geht Freiheit in Grenzen?

Hermann Ploppa: Ich sage mal so: Es hat längst eine Dimension angenommen, die ja von der Bevölkerung nicht mehr kontrollierbar ist und wo die Bevölkerung eigentlich nur noch das passive Schlachtvieh ist. Es kann nur die Antwort sein: Zurück zu einer Regionalisierung. Das mag jetzt provinziell klingen, ist aber sicher nicht abwegig.

KenFM: Überschaubarkeit schaffen?

Hermann Ploppa: (nickt) Überschaubarkeit schaffen. Warum muss denn jetzt in einem entfesselten Markt unbedingt Schweinehälften aus Bulgarien hierher gefahren werden mit gigantischem Dreck? Das ist mit Sicherheit nicht wirtschaftlicher wie die vorherige regionalisierte Version, dass eben der Bauer aus dem Nachbardorf entsprechend liefert.

KenFM: Man muss sich auch einmal anschauen, wie heute Lebensmittel, die ja designt werden, zusammengebaut werden; wo die Produkte herkommen. Also von A nach B wird gefahren um dort das zu fertigen und dann geht das zusammen dorthin und wird verpackt. Dann geht es aber dorthin und wird verschickt. Also wie viele Kilometer ein Joghurt hinter sich hat bis wir es überhaupt essen.

Hermann Ploppa: Es wird doch auch vieles subventioniert, was gar nicht wirtschaftlich ist. Es ist doch ein Mythos, dass diese Art von globalisierter Wirtschaft in irgendeiner Weise wirtschaftlich oder ökonomisch ist. Das ist sie doch gar nicht. Das wird uns doch nur durch die Medien so vorgegaukelt.

KenFM: Das hat natürlich auch damit zu tun, dass Energie zu billig ist. Weil solang Benzin so billig ist…

Hermann Ploppa: Es wird doch auch subventioniert.

KenFM: Ja, ..und subventioniert wird. Aber Wasser ist in Tankstellen teurer als Benzin. Solange das so ist, was würden Sie denn vorschlagen um da mal eine Realität hineinzubringen? Dass sich das nicht mehr lohnt? Was könnte man da machen? Den Benzinpreis auf 5€ setzen je Liter? Oder was würden Sie tun?

Hermann Ploppa: Da haben wir kleinen Leute eh keinen Einfluss darauf. Aber wir können ja nur versuchen aus der Basis her, aus dem Bereich in dem wir leben, zu verändern. Da kann man dann aber auch nicht immer sagen: ‚Hannemann, geh du voran – Du hast die Salamander an!‘ Da sind wir alle verantwortlich.

KenFM: Das heißt, wir können durch unseren Konsum sagen: ‚Ich kaufe regionale Produkte, dann vermeide ich Wege.‘ Das kann ich schon tun.

Hermann Ploppa: Zum Beispiel. Was natürlich für Leute aus ärmeren Schichten schwierig bis undurchführbar ist. Es sind natürlich jetzt gerade die neureichen Grünen, die dann auf den Markt gehen und spitzfingrig greifen und fragen: ‚Ist das jetzt auch wirklich biologisch und dynamisch?‘

KenFM: Die, die besser verdienen als die FDP?

Hermann Ploppa: (lacht) Ja, so wie ich das geschrieben habe. Das muss natürlich auch demokratisiert und sozialisiert werden.

KenFM: Welche Rolle spielen bei diesem ganzen Spiel, bei diesen Machern, die hinter den Kulissen wirken, welche Rolle spielen denn die Medien?

Hermann Ploppa: (atmet tief) Die Medien? Ja ganz gewaltig. Ich bin da jetzt nicht der primäre Experte. Es gibt ja Uwe Krüger, der diese Doktorarbeit geschrieben hat, wo er zum ersten Mal wissenschaftlich empirisch nachgewiesen hat…

KenFM: Alphajournalismus!

Hermann Ploppa: (nickt) Alphajournalismus. Er hat ja genommen vier Zeitungen: Süddeutsche, die Welt, die Zeit und die FAZ. Und da wissen wir ja: Zwei davon sind eher rechts anzusiedeln und zwei angeblich eher links.

KenFM: Was immer das heute heißt.

Hermann Ploppa: Ja, ja, aber dann hat er erst einmal geguckt, Quellenanalyse: Was steht denn da eigentlich in der Süddeutschen? Das klingt doch genauso was der Stefan Cornelius schreibt wie das, was der Herr Frankenberger in der Frankfurter Allgemeinen schreibt. Dann fragt er als nächstes: Wie kommt denn das? Und dann sieht er: Aha, die sind alle in den selben transatlantischen Seilschaften drin, in den selben Organisationen.

KenFM: Zum Beispiel die Atlantikbrücke als wichtigste.

Hermann Ploppa: (nickt) Atlantikbrücke, Aspen Institute, Stiftung Wissenschaft und Politik, German Marshall Fund of the US.

KenFM: Es gibt bei Ihnen zwei Ausnahmen, die ich bei Ihnen im Buch gefunden habe. Eine ist schon tot – Scholl-Latour und Caren Miosga sind nicht in der Atlantikbrücke.

Hermann Ploppa: (lacht) Wer weiß. Sie ist mir noch nicht aufgefallen. Sie wird vielleicht schmunzeln, wenn sie das Buch liest und sagt ‚hehe‘. Keine Ahnung. Bei Scholl-Latour wissen wir es ja. Der ist ein alter Gaullist gewesen. Eben auch nicht gerade ein Menschenfreund, der sich sozusagen das ganze imperiale Modell von Frankreich aus gedacht hat.

KenFM: Das Elend also eher als lokal begrenzt gesehen hat, also die Machtausübung. Aber lassen Sie uns doch einmal bei den Medien bleiben. Das heißt also, diese Alphajournalisten stellen ja die öffentliche Meinung her. Das hat ja Herr Bröckers an diesem Schreibtisch auch schon gesagt. Der Mitbegründer der taz; zitiert: „Wenn ich gewusst hätte, was aus der taz wird, dann hätte ich sie nie gegründet.“ So das Zitat. Der hat ja auch schon gesagt: „Die Medien bilden die Realität nicht ab, sie schaffen sie.“ Also das ist ja der Beruf dieser Menschen inzwischen geworden. Aber wenn man sie darauf anspricht; die Anstalt hat das ja in einer sehr provokativen Art und Weise getan, dass sie gezeigt hat, wer da überall ist, das waren dann ja nur noch weiße Fäden von A nach B;

Hermann Ploppa: Das waren die Diagramme von Uwe Krüger.

KenFM: Da wurde ja dann mal von Joffe von der Zeit geklagt. Jetzt, wo das offen daliegt, ist das in das Gedächtnis der Menschen eingedrungen? Bleibt es dort oder machen die einfach so weiter, weil die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird?

Hermann Ploppa: Das ist ja immer diese Immunisierungsstrategie, nicht? So kleine Häppchen von Schock, von Wahrheit; man gewöhnt sich daran. ‚Aha, NSA! Die hört eh alles ab. Gut, dann kann ich ja eh die Hüllen fallen lassen.‘ Klar das ist die Methode – ich komme jetzt nicht darauf – Roland Barthes hat darüber mal etwas geschrieben; dass das eben so eine Art von…

KenFM: Impfung?

Hermann Ploppa: Impfung! Serum-Methode nennt er das – genau, jetzt habe ich es – Serum-Methode! Also kleine, ein bisschen Pocken hinein, dann ist man immun.

KenFM: Dann kommt es zu einer Reaktion erst einmal und dann klingt die ab. Und dann geht das.

Hermann Ploppa: So funktioniert das mit diesen ganzen Enthüllungen. Klar, die haben keine andere Funktion als die Leute sanft daran zu gewöhnen.

KenFM: Also das, was da an Verpackungsmaterial von der Enthüllung wegkommt, das wird dann dem Bürger, der wird praktisch damit umhüllt. Dann sieht er auch nichts mehr. So sehe ich es zumindest. Oder er will es nicht mehr sehen. Er verfängt sich in der Verpackung und sieht dann das Objekt nicht mehr. Aber, ich meine, wir brauchen ja eine Presse. Wir brauchen ja eine öffentliche Presse. Was passiert denn, wenn es so weitergeht?

Hermann Ploppa: Tja, also man sieht ja, dass sich irgendwie eine neue Presse, eine neue Öffentlichkeit entwickelt, die langsam auch mehr Gehör findet. Das heißt, es war noch – und da bin ich auch ganz froh darüber; deswegen habe ich das Buch auch jetzt veröffentlicht. Ich hätte es auch schon vor zehn Jahren veröffentlichen können, aber damals wäre ich sofort erstickt worden als Verschwörungstheoretiker – bis vor zwei Jahren hätte man den Leuten noch sagen können: ‚Aber der Spiegel hat doch gesagt!‘ ‚Aber die Zeit ist doch so seriös und hat gesagt!‘ Aber jetzt bei der Ukraine ist der Druck anscheinend so groß, da jetzt die Kriegstrommeln zu betätigen, dass sie sich da jetzt in so ein Spannungsfeld  begeben haben. Jetzt sind sie geoutet für viele Leute erkennbar. Und dann gibt es ja diese lustigen Foren. Der Spiegel macht ein Forum auf ‚Ist Putin noch zu stoppen?‘ und nach zwei Stunden müssen sie wieder schließen, weil sie nicht das gewünschte Ergebnis bekommen haben. Also es ist mittlerweile ziemlich offensichtlich für einen großen Teil der Bevölkerung, dass man sich darauf nicht mehr verlassen kann, sondern dass man sich sein eigenes Bild bauen muss. Und ich mache das ja schon seit zehn Jahren so, dass ich, seitdem ich quasi richtig im Internet aktiv bin, dass ich dann gucke: ‚Ja gut, der und der haut vielleicht ein bisschen über die Stränge, aber 50% der Dinge, die er sagt, sind vielleicht glaubwürdig.‘ Meinetwegen ‚Information Clearing House‘ oder ‚Global Research‘. Dann gibt’s andere Quellen bei denen man sagt: ‚Das könnte jetzt aber auch wieder eine Desinformationsquelle vom CIA sein.‘ So etwas, wo jetzt wieder so ein Quatsch drin steht. Das fängt ganz plausibel an und auf einmal kommt dann heraus, dass es Aliens waren. Und wo ganz klar ist, die Leute sollen da ins Bockshorn gejagt werden.

KenFM: Das machen ja ganz oft Geheimdienste, dass sie Zeitungen herausgeben ganz offiziell. Die sind dann beteiligt an Verlagen und geben Zeitungen heraus. Dass man dann oft gar nicht weiß, die Redakteure werden da mit Material gefüttert, die kommen dann letztendlich von den Diensten. Das ist dann oft, dass man sagt: ‚Das ist so eine seriöse Zeitung.‘ Also das kann man ja heute mit den ‚seriösen Zeitungen‘ gar nicht mehr sagen. Eigentlich müsste man ja mal letztendlich fragen: ‚Wo arbeiten Sie denn noch? Sie sind zwar Redakteur bei der Zeitung XY, aber wo arbeiten Sie denn hauptberuflich?‘ (lacht) Das müsste man doch heute eigentlich so fragen. Da müsste man Claus Kleber fragen: ‚Wenn Sie nicht beim Heute Journal tätig sind, wo sind Sie sonst tätig? Wo machen Sie denn sonst so mit?‘ Warum haben so viele Journalisten – wenn man sich die Atlantikbrücke anschaut; das kann man mal eingeben bei Google, Bing oder Yahoo: ‚Journalisten in der Atlantikbrücke‘. Wenn man das mal eingibt, dann stellt man fest: Huch! Das ist das ‚Who-is-who‘ von allen Medien, die da dabei sind. Warum machen die das alle? Wird man dafür bezahlt, wenn man da mitmacht? Kriegt man da Geld?

Hermann Ploppa:   Ein kleines Outing: Theo Koll, Werner Sonne, Tom Buhrow, Gerd Ruge, Ulrich Wickert, Thomas Roth – das überrascht keinen – Ulrich Wilhelm, Rolf Clement – das ist der, der mit der stählernen Stimme beim Deutschlandfunk berät -.

KenFM: Er berät in Wehrfragen, oder?

Hermann Ploppa: Jawohl! (lacht)

KenFM: Wo die gar nicht wissen, für wen der eigentlich spricht.

Hermann Ploppa: Er ist von der ‚Deutschen atlantischen Gesellschaft‘.

KenFM: Das sagt der aber nie!

Hermann Ploppa: Nein! Peter Frey, Elmar Theveßen, Michael Kolz, Matthias Na?, Claus Kleber. Mittlerweise ist Claus Kleber schon fast berüchtigt, aber Theo Koll hat lange Zeit ‚Frontal 21‘ gemacht. Und nun kann man das ganz wunderbar betrachten, wie die Bevölkerung da eingepackt wird. Das ist ein Magazin, das im sozialen Bereich unglaublich aggressiv ist und unglaublich kämpferisch. Man glaubt es kaum und dann kommt plötzlich ein Beitrag, wo irgendwelche jungen Russen aus Königsberg, dem ehemaligen Königsberg, jetzt Kaliningrad, sagen: ‚Wir wollen gerne zur Bundesrepublik angeschlossen werden.‘ Da fragt man sich: ‚Was ist das jetzt für eine komische Themenkombination?‘ Das heißt aber: Die haben erst einmal die ‚street credibility‘ bei linksgewirkten Lehrern, durch all den Sozialblust, der da gespielt wird. Und dann kommt plötzlich die Keule, die transatlantische Keule. Dann wird über Russland fantasiert was das Zeug hält.

KenFM: Das heißt, es wird erst einmal die Glaubwürdigkeit geschaffen. Und über diese Strecke kann man erst einmal infiltrieren, weil man dann eben kritiklos…

Hermann Ploppa: Genau! Weil man sich sagt: ‚Wenn die auf dem einen Sektor Recht haben, dann muss das auch richtig sein.‘ Genauso macht man das. Sie wollten wissen, warum die jetzt alle dabei sind? Es funktioniert grundsätzlich so: Die Leute werden kooptiert. Das heißt, diese vielen Stiftungen, also ‚Atlantikbrücke‘ oder ‚German Marshall Fund of the US‘, haben also sozusagen Talentscouts, die gucken, wo sind hier vielversprechende junge Leute. Die können wir fördern. Zum Beispiel ‚Berlin Policy‘ hat einen Aufsatzwettbewerb oder die Körber-Stiftung. Der Juror ist kein anderer als Cem Özdemir gewesen über viele Jahre. Da wird geguckt; Aufsatzwettbewerbe, Fotowettbewerbe zu bestimmten Themen. Man erkennt dann schon, wer etwas in der ‚Grütze‘ hat und wer eher nicht so zu gebrauchen ist. Das geht weiter mit den Stipendien für USA- Aufenthalte und es ist auch für diese angloamerikanische Schiene das Sozializing das Bindemittel schlechthin – die persönlichen Bindungen, die Patenschaften sozusagen. Dann übernehmen genau wie in Burschenschaften, wo die Füchse, also die jungen Studenten, von den alten Herren protegiert werden. Und das wissen die Füchse eben auch und verhalten sich entsprechend konform.

KenFM: Man muss dazu sagen; die Art und Weise, die Taktik, die dort gefahren wird in diesen Think Tanks und die, die diese Thinks Tanks sich erdacht haben; die Taktik ist schon: Der Erfolg gibt ihnen Recht. Man kann sich anschauen, wer heute in Führungsetagen für Krieg ist, ist ein Grüner. Weil die ganz früh erkannt haben: Da passiert etwas in Deutschland – vor 30 Jahren schon – da kommt etwas. Die könnten also mit all den Themen wie Umwelt; das könnte mal ein Trend werden. Lass uns von Anfang an mal ein bisschen dort intervenieren. Und haben langfristig aufgebaut. Weil bei diesen runden Tische in Deutschland war von den ersten zwei, drei Generationen nicht so richtig etwas zu holen. Die Saat ist spätestens mit Joschka Fischer und Co. aufgegangen. Wir sehen, wenn Sie von Özdemir…

Hermann Ploppa: Die ist schon mit Brandt und Scheel aufgegangen. Da war man schon dominierend.

KenFM: O.K. Aber bei den Grünen hat man ja eigentlich gedacht; das war ja am Anfang so ein Laden – so ging es mir – die sind ein bisschen antiamerikanisch, die wollen keine Rüstung.

Hermann Ploppa: Natürlich!

KenFM: Das hat man gesehen. Und wie werden wir dem Herr? Da langsam infiltrieren. Als Otto-Normalbürger haben sie doch nicht die Zeit, das über Jahrzehnte zu beobachten. Ist das durchschaubar für den normalen Menschen? Das ist ja praktisch so als wenn sie dem Gras beim Wachsen zusehen. Das sehen sie ja nicht. Da müssen sie ja erst einmal wegfahren um es mitzubekommen.

Hermann Ploppa: Aber eben so gewisse Töne, nicht wahr? Das Paradigma: ‚Ohne die Amerikaner können wir einfach gar nichts!‘

KenFM: Ist das so?

Hermann Ploppa: (lacht) Sie meinen, ob das objektiv so ist?

KenFM: Ja.

Hermann Ploppa: (lacht) Ich denke nicht, dass es so ist. Wahrscheinlich würde es uns ohne den gütigen Hegemon viel besser gehen.

KenFM: Sind Sie denn antiamerikanisch?

Hermann Ploppa: (lacht)  Nein, überhaupt nicht. Ich habe einen amerikanischen Enkel, der sich auch ganz toll entwickelt. Das ist überhaupt nicht der Fall. Es geht ja auch nicht um die Menschen in Amerika. Es geht ja um diese anmaßende 1%, die ja auch bei Occupy in den USA von den 99% aufgespießt worden sind. Und es ist eine unglaubliche Anmaßung. Nein, nein, überhaupt nicht antiamerikanisch. Es ist einfach so: Ich denke, wir in Europa fahren am besten, wenn wir uns halt ein paar Optionen offen halten. Also auch mit den BRICS- Staaten. Die sind sehr interessiert daran, mit uns zusammen zu arbeiten. Das ist ein sehr interessanter Weg. Viel interessanter als als Juniorpartner für die US- Oligarchen quasi zu knechten.

KenFM: Wenn Sie sich anschauen, welche Taktik Amerika im Moment fährt, da erkenne ich ja, dass Amerika, also die Eliten Amerikas sehen ja, dass ihr eigenes Land immer maroder wird. Man muss sich auch einmal angucken, wo Landwirtschaft einmal exzessiv betrieben wurde, wie das gepflegt wurde, das sind ja dann heute die Sandbüchsen der Vereinigten Staaten.

Hermann Ploppa: Ja, Oklahoma zum Beispiel.

KenFM: Da sieht man schon: Das ist, wenn Monsanto überall sein Werk vollendet hat, dann muss man wegziehen. Ist die Taktik, die ich erkenne – vielleicht erkenne ich es richtig – wenn Amerika zusammenbricht, weil bei der Verschuldung, die die haben; das ist ja Wahnsinn! Das ist ja das am meisten verschuldete Land. Dann müssen wir uns selbst retten. Deswegen brauchen wir überall so kleine Satellitenstaaten, die dann den ‚American Way of Life‘ für uns weitermachen, wo wir uns hinretten können. Ist das die Taktik?

Hermann Ploppa: Ja, ja. Es ist ja so dass Zbigniew Brzeziński – er ist ja ein brillanter Denker; es ist auch ein intellektuelles Vergnügen, seine Bücher zu lesen; er ist kein Blödkopf.

KenFM: Er mag nur keine Russen.

Hermann Ploppa: Ja. Es ist ja noch ein Glaube, noch aus erster Generation aus Polen eingewanderter Mitbürger in die USA, und in der Tat er hat aus Polen noch diesen geradezu pathologischen Hass gegen die Russen mitgebracht. Und es ist ja nun so, da haben wir ja noch wenig bis jetzt darüber gesprochen: Das Sozializing, das sagte ich ja schon, so die Eliten; es müssen die Eliten von Europa und Amerika persönlich zusammengebracht werden.

KenFM: Familienbande?

Hermann Ploppa: Familienbande, Freundschaften. Arend Oetker hat gesagt: „Die USA werden von den 200 reichsten Familien beherrscht. Wir wollen mit diesen 200 Familien einen guten Draht haben, guten Kontakt haben.“

KenFM: Also: Wir wollen am Geschäft beteiligt werden?

Hermann Ploppa: Dass dann bei den Bilderberger-Konferenzen, dann kann sich der – was weiß ich – luxemburgische Regierungschef gebauchpinselt fühlen, wenn er dann am Tresen neben David Rockefeller steht, einem der mächtigsten Männer der Welt. So funktioniert das. Und man hat ja auch gesehen, wie der Gabriel da auf dem Davos-Forum hergezogen hat über die Deutschen: „Sehr reich, aber ein bisschen hysterisch.“ Und sich da unglaublich geschmeichelt gefühlt hat, in diesem Kreis der Superreichen sitzen zu dürfen. Zum anderen gibt es dann die ‚Trilateral Comision‘, die wiederum die politischen Bande zwischen den Eliten der USA; von David Rockefeller gegründet; und Ostasien. Da sind mittlerweile auch Leute der Volksrepublik China mit vertreten. Und da war eben der erste Geschäftsführer Zbigniew Brzeziński. Ein kluger Mann, der gesagt hat; und nicht nur er, auch anderen Chefdenkern des ‚Council on Foreign Relations‘ ist klar, die USA werden irgendwann implodieren. (lacht) Wie alle anderen Großreiche auch. Also wie das Chinesische Reich, wie das Russische Reich, wie England und das Römische Reich. Und wenn dann, wenn das zusammenbricht, dann muss diese bestimmte amerikanisch, dieses Betriebssystem Finanzkapitalismus – wie ich es immer genannt habe – muss weiterhin auf allen Geräten laufen, in allen Ländern. Das heißt, es müssen die Menschen, die Eliten in den jeweiligen anderen Ländern intrinsisch motiviert dieses System weitertragen. Und es müssen Institutionen da sein, die dieses System weitertragen, auch wenn es vielleicht keine Staaten mehr gibt. Ein Netzwerk. Es gibt ein geschichtliches Vorbild: Im Römischen Reich hatte sich die katholische Kirche zum Beispiel ein Netzwerk ausgebaut. Als das Römische Reich implodiert war, existierte dieses Netzwerk immer noch. Es existiert bis auf den heutigen Tag und bestimmt wesentliche Denkinhalte unserer Gesellschaft bis heute. Und unsere Köpfe sind sozusagen programmiert mit der Software des ehemaligen Römischen Reiches und so hat sich auch Zbigniew Brzeziński den Zweck dieser Netzwerkorganisationen vorgestellt.

KenFM: Man muss wissen, dass das, was wir heute denken, dass das gar nicht von uns stammt. Ich möchte hier John Maynard Keynes zitieren; in Ihrem Buch auch habe ich das gefunden: „Die Praktiken der Jetzt-Zeit sind die Sklaven längst verstorbener Professoren.“ Also all die Urteile, die wir fällen, basieren auf dem Know-how, das aus der Vergangenheit stammt.

Hermann Ploppa: Genau. Das wird jetzt umgesetzt. Und das war der Punkt, wo eben genau Friedrich von Hayek, der Chefdenker der Marktradikalen neben Milton Friedmann, angesetzt hat mit dem Generationen übergreifenden Projekt Marktradikalismus seit 1949.

KenFM: Herr Ploppa, lassen Sie uns über die Zukunft reden, weil dieses Buch beschäftigt sich über zwei Drittel mit dem Stand der Dinge und wird auch zum Teil sehr zynisch, kann man sagen, aber auch mit einem Witz darüber geschrieben, also ‚positiver Zynismus‘ nenne ich das jetzt mal.

Hermann Ploppa: Naja, man muss ja irgendwie darüber hinwegkommen.

KenFM: (lacht) Monty Python Style.

Hermann Ploppa: Dieses Ohnmachtsgefühl kann man ja nicht aushalten, wenn man sich mal ein bisschen darüber hinwegsetzt.

KenFM: Das Buch endet mit einem Satz: „Das Leben muss ein Ponyhof sein, denn wir arbeiten nicht um zu arbeiten, sondern wir arbeiten um zu leben.“ Das Leben sollte so sein. Können Sie skizzieren, wie sieht Ihrer Meinung nach die einzig mögliche oder die Zukunft aus, die lebenswert ist?

Hermann Ploppa: Ja, also ich denke; wie ich schon vorhin angedeutet hab; Regionalisierung.

KenFM: Also Rückkehr zum natürlich Gleichgewicht?

Hermann Ploppa: Ja. Wir müssen wegkommen von diesem Profitprinzip und wir haben die Möglichkeit. Wir haben in Deutschland die Möglichkeit, wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Wir haben gerade in Deutschland eine starke genossenschaftliche Bewegung. Wir haben sehr starke öffentlich-rechtliche Sachen und die sind auch alle unkaputtbar. Wenn die kaputt gegangen sind, dann lag das daran, dass transatlantische Seilschaften in die Leitungsfunktionen gegangen sind und diese Institutionen an die Wand gefahren haben, mehr oder minder wissentlich.

KenFM: Das liegt vielleicht auch daran, wenn zukünftige kaputt gehen, dass wir passiv sind, weil wir nichts davon wissen?

Hermann Ploppa: Ja.

KenFM: Wir müssen diese Passivität aufgeben, indem wir uns selbst informieren, weil die Medien tun es nicht.

Hermann Ploppa: Die Menschen sind gehirngewaschen mittlerweile. Die wissen es nicht mehr. Unsere Altvorderen haben dafür gekämpft. Die haben auch noch die Genossenschaftsversammlung besucht. Wir kriegen die Genossenschaften, die wir verdienen. Das heißt, wenn wir nicht hingehen und die in Stand besetzen; wenn wir Mitglied sind in einer Sparda- Kasse, aber nicht hingehen zu den Versammlungen, dann sind wir selber Schuld.

KenFM: Das heißt, Sie fordern mehr aktive Demokratie?

Hermann Ploppa: Ja, ja. Eine aktive. Und einfach mal seinen eigenen Besitzstand, mal zu wissen, was wir besitzen. Wir besitzen als Deutsche unglaublich viel oder als Schweizer oder als Österreicher, Dänen oder als Norweger. Und wir müssen; das ist ja Gehirnwäsche, es wird uns ja gesagt: ‚Es sind zum Beispiel die Landesbanken. Das sind ja nun überflüssige Blinddärme. Die können wir doch entfernen.‘

KenFM: Da gibt es ja auch Studien: Die halten eh nicht durch bis 2018.

Hermann Ploppa: Ja, ja. Es wird ja natürlich von EU-Seite auch garstiger Weise gegen die Genossenschaftsbanken entsprechend gestänkert und nicht nur gestänkert. Es werden auch Gesetzeswerke auf den Weg gebracht um sie irgendwann zu Fall zu bringen. Mit den selben strengen Dokumentationsauflagen versieht man sie – Stichwort Basel 3 – mit denen auch Privatbanken berechtigterweise belegt werden. Nun ist es aber bei den Genossenschaftsbanken und den öffentlich-rechtlichen völlig fehl am Platze, weil dort sind Kontrollinstanzen. Die Besitzerschaft ist nicht so, dass ein Einzelner in einem Wahnsinnsgalopp durchziehen kann und alles kaputt machen kann. Ich sehe, wenn man diese Dreifaltigkeit (lacht), so sage ich mal, wir müssen das in Stand besetzen, aber auch kombinieren mit den weltweiten Bewegungen. Heute sind bereits 800 Millionen Menschen beschäftigt weltweit in Genossenschaften. Das heißt, es ist nicht die Spielwiese von irgendwelchen durchgeknallten Intellektuellen, es ist kein Nischenphänomen, sondern das kommende System. Ich denke, wir können gerade auch von den lateinamerikanischen Ländern viel lernen. Was in Argentinien zum Beispiel…   

KenFM: Regionalgeld.

Hermann Ploppa: Das ist das eine. Aber es sind zum Beispiel auch in Argentinien viele Industriebetriebe und Textilfabriken usw. einfach stillgelegt worden, weil die Gewinnmarge nicht mehr groß genug war. Daraufhin haben die Mitarbeiter das selber übernommen als Genossenschaft und produzieren jetzt wieder für den ganz realen Bedarf der Menschen draußen im Lande. Das funktioniert wunderbar und das können wir hier auch machen. Es gibt weiterhin, wie Sie sagen, Regionalgeld. Das ist eine Möglichkeit. Und was wir haben müssen, sind Stiftungen. Wir müssen in der Tat immer dann, wenn man von der Gegenseite überwältigt worden ist, muss man gucken: Warum haben sie uns überwältigt? Gibt es da irgendwelche Sachen, die wir übernehmen können? Wir können gewiss übernehmen, dass wir Stiftungen machen in denen meinetwegen das Wissen transferiert wird. Wenn irgendwo im Allgäu jemand eine Regionalwährung aufmacht, dann kann jemand in Schleswig-Holstein diese Erkenntnisse ja auch für sich beziehen. Er muss ja nicht wieder für sich das Rad neu erfinden. Ein Wissenstransfer in dieser Richtung ist sehr wichtig und ich habe 2006 mal einen ‚Kongress für solidarische Ökonomie‘ besucht. Der wird jetzt auch im Herbst hier in Berlin an der Technischen Universität wieder stattfinden zum zweiten Mal. Und es hatte mich sehr beeindruckt zu sehen, die Möglichkeiten des Wissenstransfers. Zu wissen: Wir haben Leute in Venezuela, in Argentinien auf Situationen…

KenFM: Also auch Netzwerke bilden?

Hermann Ploppa: Ja. – reagiert, die für uns wahrscheinlich; Gott verhüte, aber es kann dahin kommen; wo wir dann auch hinein kommen in diese Situation. Und wie kommt man da wieder heraus? Wie kann man aus ‚Schiete‘ wieder Rosinen machen?

KenFM: Es gab ja 2014 einen Kongress, die ‚Degrowth-Konferenz‘. Da geht es, so sage ich es mal, um Minuswachstum. Wenn wir weiter so wachsen, unsere Wirtschaft, unser kapitalistisches System funktioniert ja wie eine Krebszelle. Sie ist immer weiter wachsend, aber dann ist ja auch mal irgendwann Schluss. Muss man denn immer alles; kann man nicht mit dem, was wir alles haben; kann man das nicht auch reparieren? Da gibt es auch diese ‚Repair-Cafés‘. Es gibt immer wieder kleine Initiativen, wo Leute sich Gedanken machen usw. Wie schaffen wir es, das breiter zu kommunizieren, dass Leute Lust bekommen da mitzumachen? Das die nicht denken: ach, das sind alles solche Verrückte, unfortschrittlich, nenne ich das jetzt mal. Die wollen ja ins Mittelalter zurück, weil das will ja keiner von denen.

Hermann Ploppa: Das ist nicht cool, ja?

KenFM: (lacht) Ja, das ist nicht cool. Wie schaffen wir das, dass das sexy ist?

Hermann Ploppa: Genau. (lacht) Im Grunde das Modell, das Ihre Firma auch aufbaut ist durch Crowdfunding. Es gibt die ‚Bewegungsakademie‘ in Verden an der Aller, gegründet von Sven Giegold. Das finanziert sich durch viele, viele kleine Geldspenden und Zugaben. Wir müssen einfach auch, wenn wir das große Geld nicht kriegen können und uns reich gewordene APO- Omas und -Opas nicht helfen wollen, dann müssen wir eben kleine Gaben zusammenbringen und eine Stiftung machen, oder viele Stiftungen, die eben genau das machen: Das Wissen vermitteln, also Wissenstransfer, Wissensentwicklung, Wissensevaluation. Ich weiß, dass viele Professoren auch, vielleicht viele auch im Ruhestand oder so, gerne bei solchen Projekten mitmachen würden oder Ökonomieprofessoren gerne ein Gegenmodell präsentieren würden zum Marktradikalismus.  

KenFM: Es gibt in Deutschland eine riesige Bereitschaft, auch ehrenamtlich zu arbeiten; ganz viele Menschen.

Hermann Ploppa: Gut, das kann man eben auch missbrauchen. Die Konzerne missbrauchen das. Man kann es aber eben auch positiv einsetzen, also das denke ich schon. Leute, die im Ruhestand sind, die aber noch gesettled  genug sind um nicht noch Geld verdienen zu müssen, die können; Ingenieure oder so; sich ja da einbringen und ihr Wissen weitergeben. Ich denke, wir haben Möglichkeiten. Das Einzige ist, dass sozusagen unsere Software immer wieder vergiftet wird durch ein Gefühl der Ohnmacht, durch ‚Ach, wir können ja doch nichts machen!‘ Wir sind ja so isoliert. Dass die Menschen so isoliert sind, ist natürlich ein wichtiges Instrument damit die Elite wirklich die irrsinnigsten Dinge durchziehen kann.

KenFM: Was ich nur so interessant finde; ich möchte noch mal kurz auf das ‚digitale Feuer‘ zu sprechen kommen, auf das Fernsehen. Dass wir jahrelang, 20 Jahre lang glaube ich, eine erfolgreiche Sendung hatten nämlich ‚Wetten dass?‘, wo Menschen dazu gebracht wurden, etwas Verrücktes umzusetzen. Da konnte man sehen: Ja ich schaffe es mit einem Gabelstapler einen Faden in die Nadel einzufädeln. Also so einen Quatsch. Die Leute entwickeln dann eine Motivation. Es ist durchaus möglich, Menschen zu Dingen zu motivieren, die ihnen irgendwie auch Spaß machen. Das ist der Beweis, dass Menschen motiviert werden können. Das heißt, wir sollten es schaffen, und so verstehe ich auch dieses Buch, wie wir aus diesem Schlamassel, in das wir hineingeraten sind, was aber noch schlimmer, wie wir da wieder herauskommen indem es schick ist durch neue Innovation zu finden oder alte Innovationen wiederzuentdecken und sich zusammenzutun. War das das Motiv, dieses Buch zu schreiben?

Hermann Ploppa: Auf jeden Fall. Ich meine: Gut, das sehe ich auch bei den Buchpräsentationen, die ich jetzt mache. Klar, die Leute sind erst einmal erschlagen. Hängen erst einmal in den Sesseln, aber wenn man dann darauf kommt, welche Alternativen, dann kommt man auch ins Gespräch. Auf einmal ist die Stimmung wieder gut und alle; nicht alle, aber viele; steuern etwas bei, Ideen usw. Ich denke, wir sind dazu verurteilt, so zu handeln. Es gibt keine Alternative. (lacht) Diesmal wirklich nicht. There is no alternative.

KenFM: Herr Ploppa, ich bedanke mich ganz herzlich für Ihr Kommen. Das Buch, das Sie geschrieben haben, kann ich nur dringendst empfehlen. Es ist jetzt auch nicht so ultra dick. Ich glaube es sind knapp 200 Seiten. 170 Seiten sind das. ‚Die Macher hinter den Kulissen – Wie transatlantische Netzwerke heimlich die Demokratie unterwandern‘. Aber es ist ja jetzt nicht mehr so heimlich, weil Sie sind hier. Und jetzt reden wir darüber. Ich gehe davon aus, dass dieses Buch in die Charts geht und Leute das lesen und sich dann bemüßigt sehen, das vielleicht auch als einen Startpunkt sehen. O.K. Das beleidigt auch so ein bisschen, was man mit uns treibt, was da so hinter den Kulissen passiert. Dass man sagt: ‚Das lasse ich mir nicht mehr gefallen. Ich lasse mir ja nicht von außerhalb meine Demokratie kaputt machen. Ich habe ja dann unter dem Zustand zu leiden.‘

Das Leben sollte ein Ponyhof sein – das ist, glaube ich, einer Ihrer letzten Sätze und ich denke, das ist ein super Schlusswort, dass das Leben ein Ponyhof sein sollte. Gut, vielen Dank fürs Kommen. Ich denke, dass wir auf das Buch neugierig gemacht haben. Also es ist ein schwerer Stoff, aber so präsentiert, dass man wirklich für sich lachen muss. Ich musste wirklich manchmal lachen, da sah ich Szenen von Monty Python und das ‚Leben des Brian‘ vor mir. Was sich da alles an verrückten Sachen abspielt. Man lernt eine ganze Menge und vor allem: Sie zeigen, dass diese Eliten gar nicht so übermächtig sind. Im Grunde ist das; und nicht nur im Grunde, eine überschaubare Gruppe, einige 1000, die sich über Netzwerke connected haben, die man aber auch mal ausgewählt hat. Das sind aber auch nicht Hunderte, es sind nur ein paar, die dann ständig tauschen. Und wenn man das einmal verstanden hat, dann weiß man immer sofort, wenn man eine Meldung liest und nachguckt, von wem ist das, weiß man, wer eigentlich der Auftraggeber ist und kann das ad acta legen. Sie sind ja, glaube ich, vor langer Zeit dazu übergegangen, Ihre Zeit auch nicht mehr zu verschwenden und Sie haben Ihren Fernseher weggeworfen. Also sie haben gar keinen mehr.

Hermann Ploppa: (lacht) Ich habe ihn nicht weggeworfen. Der ist einfach verkauft worden für 30€.

KenFM: Vielen Dank fürs Kommen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Ich hoffe, Sie gehen auf Lesetour und dass dieses Buch in die Charts geht. Ich glaube, das kann man jetzt schon sagen.

Hermann Ploppa: Ja, danke.

KenFM: Das war eine weitere Ausgabe von ‚KenFM: im Gespräch‘ und unser Gast war Hermann Ploppa. Ich Halte das Buch noch einmal in die Kamera: ‚Die Macher hinter den Kulissen‘. Ich rate dringend dazu, dieses Buch zu kaufen, es zu diskutieren und sich zu überlegen, wie man sich einbringen kann um ja selbst Teil einer Genossenschaft zu sein. Weil das gehört ja zur Demokratie, sich einzubringen und das kann man auch tun. Dieses Buch törnt nicht ab, sondern im Gegenteil, es stachelt an zu ‚Ey, ich mache jetzt mal etwas!‘ Und das sollte auch die Botschaft sein.