Memorandum an Merkel

Von Published On: 31. März 2015Kategorien: Allgemein

Memorandum an: Angela Merkel, Bundeskanzlerin Deutschlands – Von: Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS) – Betreff: Ukraine und die NATO

Original Article published August 2014 as an open letter to Angela Merkel

“Wir, die Unterzeichner, sind langjährige Mitarbeiter von US-Geheimdiensten gewesen. Wir gehen den ungewöhnlichen Schritt, Ihnen diesen offenen Brief zu schreiben, um sicher zu stellen, dass Sie eine Möglichkeit haben, noch vor dem NATO-Gipfel am 4./5. September unsere Ansichten zu erfahren.

Sie müssen beispielsweise wissen, dass die Anschuldigungen einer großen russischen “Invasion” scheinbar nicht von zuverlässigen Geheimdienstinformationen unterstützt werden. Vielmehr scheinen die “Geheimdienstinformationen” genauso dubios und politisch “aufbereitet” zu sein, wie diejenigen, die vor 12 Jahren den US-geführten Angriff auf den Irak “rechtfertigen” sollten. Wir haben seitdem keine glaubwürdigen Beweise für Massenvernichtungswaffen im Irak gesehen; wir sehen auch jetzt keine glaubwürdigen Beweise für eine russische Invasion. Vor 12 Jahren weigerte sich der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder, aufgrund der dürftigen Beweislage zu den irakischen Massenvernichtungswaffen, an einem Angriff gegen den Irak teilzunehmen. Unserer Meinung nach sollten sie entsprechend argwöhnisch sein, was die vom US-Außenministerium und der NATO-Offiziellen gemachten Anschuldigungen über eine russische Invasion in der Ukraine betrifft.

Präsident Barack Obama versuchte gestern die Rhetorik seiner eigenen hochrangigen Diplomaten und der Konzernmedien zu entschärfen, als er öffentlich die aktuellen Aktivitäten in der Ukraine als “eine Fortsetzung von dem, was seit Monaten stattfindet… es ist nicht wirklich etwas Neues.” bezeichnete.

Obama besitzt jedoch nur wenig Kontrolle über die Politiker in seiner Regierung – die, trauriger Weise, wenig Gespür für die Geschichte haben, wenig vom Krieg wissen, und Politik durch anti-russische Schmähungen ersetzen. Vor einem Jahr hatten die Falken im Außenministerium und ihre Freunde in den Medien Mr. Obama fast so weit, einen großen Angriff auf Syrien zu starten, wieder einmal basierend auf “Geheimdienstinformationen”, die bestenfalls dubios waren.

Vor allem aufgrund der wachsenden Bedeutung der und das scheinbare Vertrauen in die Geheimdienstinformationen, die wir für unecht halten, glauben wir, dass die Möglichkeit der Eskalation der Feinseligkeiten – über die ukrainische Grenze hinaus – in den letzten Tagen signifikant zugenommen hat. Weit wichtiger ist, dass wir glauben, dass diese Wahrscheinlichkeit vermieden werden kann – in Abhängigkeit des Grades einer vernünftigen Skepsis, die Sie und andere europäische Regierungschefs auf dem NATO-Gipfel nächste Woche mitbringen sollten.

Erfahrungen mit der Unwahrheit

Hoffentlich haben Ihre Berater Sie an die Glaubwürdigkeit des NATO-Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen erinnert. Für uns scheint es so zu sein, dass Rasmussens Reden weiterhin von Washington ausgearbeitet werden. Das war mehr als deutlich am Tag vor der US-geführten Invasion im Irak, als er, in seiner Funktion als dänischer Premierminister, vor seinem Parlament sagte: „Der Irak hat Massenvernichtungswaffen. Das ist nicht nur etwas, was wir glauben. Wir wissen es.“

Fotos sagen mehr als tausend Worte; sie können auch täuschen. Wir haben viel Erfahrung darin gesammelt, zu analysieren, und Berichte anhand von Satelliten- und anderen Bildern zu erstellen, wie auch bei der Analyse anderer Geheimdienstinformationen. Es genügt zu sagen, dass die Bilder, die von der NATO am 28. August veröffentlicht wurden, eine sehr fadenscheinige Begründung liefern, der zufolge Russland eine Invasion in die Ukraine vornimmt. Leider besitzen sie eine starke Ähnlichkeit mit den Bildern, die von Colin Powell bei der UN am 5. Februar 2003 gezeigt wurden, die ebenfalls nichts bewiesen.

Am selben Tag haben wir Präsident Bush davor gewarnt, dass unsere ehemaligen Kollegen “zunehmend über die Politisierung der Geheimdienstinformationen beunruhigt sind” und sagten im rundheraus, dass “Powells Präsentation nicht einmal nahe daran kommt”, einen Krieg zu rechtfertigen. Wir drängten Mr. Bush “die Diskussion… über den Kreis dieser Berater, die ganz klar auf einen Krieg aus waren, für den unserer Meinung nach kein ausreichender Grund vorlag und von dem wir glaubten, dass seine unbeabsichtigten Konsequenzen mehr als katastrophal sein werden, auszuweiten.”

Betrachten Sie den heutigen Irak. Schlimmer als katastrophal. Obwohl Wladimir Putin bis jetzt beträchtliche Zurückhaltung bzgl. des Konflikts in der Ukraine zeigte, obliegt es uns daran zu erinnern, dass Russland ebenfalls die Strategie von “Shock and Awe” (Schock und Ehrfurcht) verfolgen kann. Aus unserer Sicht müssen die klar denkenden Führer dies sehr sorgfältig durchdenken, wenn es nur die geringste Wahrscheinlichkeit einer solchen Strategieumsetzung, bezogen auf Europa und die Ukraine, geben sollte.

Wenn die Fotos, die die NATO und die USA veröffentlicht haben, die bestmöglichen verfügbaren “Beweise” einer Invasion durch Russland sind, erhöht sich unser Verdacht, dass große Anstrengungen unternommen werden, um die Argumente zu stärken und auf dem NATO-Gipfel Aktionen zu genehmigen, die Russland sicher als provokativ betrachten wird. Gewährleistungsausschluss ist sicher ein Begriff mit dem Sie zweifelslos vertraut sind. Es genügt hinzuzufügen, dass man sehr vorsichtig in Bezug auf das, womit Mr. Rasmussen oder auch der Außenminister John Kerry hausieren gehen werden, sein sollte.

Wir vertrauen darauf, dass Ihre Berater Sie in Bezug auf die Krise in der Ukraine seit Anfang 2014 auf dem Laufenden gehalten haben und darauf, dass Ihnen bekannt ist, dass dem Kreml die Möglichkeit einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, ein Dorn im Auge ist. Laut einer Nachricht der US-Botschaft in Moskau vom 1. Februar 2008 (veröffentlicht von Wikileaks) an die Außenministerin Condoleezza Rice, wurde der US-Botschafter William Burns vom Außenminister Sergej Lawrow einberufen, der ihm die starke russische Ablehnung einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine erklärte.

Lawrow warnte pointiert vor “Befürchtungen, dass diese Sache das Land in zwei Teile spalten könnte, was zu Gewalt oder sogar, wie einige behaupten, zu einem Bürgerkrieg führen könnte, der Russland dazu zwingen würde zu entscheiden, ob man interveniert.” Burns gab seiner Nachricht den ungewöhnlichen Titel “NYET MEANS NYET: RUSSIA’S NATO ENLARGEMENT REDLINES” (“Nein bedeutet Nein: NATO-Erweiterung ist Russlands rote Linie”), und schickte es mit höchster Priorität versehen nach Washington. Zwei Monate später gaben die Führer der NATO beim Gipfel in Bukarest eine formelle Erklärung ab, dass “Georgien und die Ukraine in die NATO kommen sollen”.

Erst gestern nutzte der ukrainische Premierminister Arsenij Jazenjuk seine Facebook-Seite, um zu behaupten, dass, mit der von ihm eingeforderten Genehmigung des Parlaments, der Weg zu einer NATO-Mitgliedschaft frei ist. Jazenjuk war natürlich Washingtons favorisierte Wahl, um Premierminister nach dem Staatsputsch am 22. Februar in Kiew zu werden. “Jaz ist unser Mann”, sagte die stellvertretende Außenministerin Victoria Nuland ein paar Wochen vor dem Putsch in einem abgefangenen Telefongespräch mit dem US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt. Sie erinnern sich vielleicht, dass ist die gleiche Konversation in der Nuland sagte, “Fuck the EU”.

Zeitpunkt der russischen “Invasion”

Die klassische Stellungnahme, die Kiew vor ein paar Wochen noch abgab, war, dass die ukrainischen Streitkräfte die Oberhand im Kampf mit den Föderalisten und Anti-Coup-Gegner im Südosten der Ukraine haben, in einem Kampf der weithin als Mop-Up (Säuberungsaktion) dargestellt wurde. Aber dieses Bild der Offensive stammt fast ausschließlich aus offiziellen Regierungsquellen in Kiew. Es gab nur wenige Berichte aus dem Südosten der Ukraine. Es gab einen, der den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zitierte, der die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Darstellung der Regierung erhöhte.

Laut der “Presseabteilung des Präsidenten der Ukraine” rief Poroschenko am 18. August zu einer “Umgruppierung der ukrainischen Militäreinheiten, die im Machtkampf im Osten des Landes tätig sind” auf. “Heute müssen wir die Neuordnung der Streitkräfte, die unser Gebiet verteidigen, und die Weiterführung der Offensive der Armee vornehmen”, sagte Poroschenko und fügte hinzu “wir müssen eine neue militärische Operation angesichts der neuen Umstände in Betracht ziehen.”

Wenn die “neuen Umstände” erfolgreiche Kampfhandlungen der ukrainischen Regierungstruppen bedeutet hätten, warum ist es dann notwendig die Streitkräfte “neu zu formieren”, “neu zu ordnen”? Etwa zu dieser Zeit begannen Vor-Ort-Quellen über eine Reihe von erfolgreichen Angriffen der Föderalisten gegen Regierungstruppen zu berichten. Diesen Quellen zufolge war es die Regierungsarmee, die hohe Verluste hinnehmen musste und Gebiete verlor – vor allem aufgrund Unfähigkeit und schlechter Führung.

Zehn Tage später, als sie umzingelt wurden und/oder sich zurückzogen, fand man in der “russischen Invasion” eine fertige Entschuldigung. Das ist genau der Zeitpunkt, als die NATO lächerliche Fotos veröffentlichten und Reporter, wie Michael Gordon von der New York Times, losgelassen wurden, um die Worte “der Russe kommt” in die Welt zu tragen. (Michael Gordon war einer der krassesten Propagandisten, die einen Krieg im Irak forderten.)

Kein Invasion – aber eine Vielzahl an anderer russischer Unterstützung

Die Föderalisten im Südosten der Ukraine genießen eine erheblich lokale Unterstützung, teilweise als Folge der Artillerieangriffe der Regierung auf Ballungszentren. Und wir glauben, dass russische Unterstützung wahrscheinlich durch die Grenze sickert und das beinhaltet auch, ganz deutlich, ausgezeichnete Informationen des [russischen] Geheimdienstes. Aber es ist keineswegs klar, dass die Unterstützung zurzeit Panzer und Artillerie umfasst – vor allem, weil die Föderalisten besser geführt wurden und überraschend erfolgreich im Festsetzen der Regierungskräfte sind.

Zur gleichen Zeit haben wir wenig Zweifel daran, dass, falls und wenn die Föderalisten sie benötigen, russische Panzer kommen werden.

Gerade deshalb erfordert die Situation eine gemeinsame Anstrengung für eine Waffenruhe, die, wie Sie wissen, Kiew bisher verzögert hat. Was muss an dieser Stelle getan werden? Unserer Meinung nach muss Poroschenko und Jazenjuk gesagt werden, dass die NATO-Mitgliedschaft keine Option ist – und dass die NATO keine Absicht hat, einen Stellvertreterkrieg mit Russland zu führen – und vor allem nicht als Unterstützung für die bunt zusammengewürfelte Armee der Ukraine. Anderen NATO-Mitgliedern muss das gleiche gesagt werden.

Für den Lenkungsausschuss des Veteran Intelligence Professionals for SanityFor the Steering Group, Veteran Intelligence Professionals for Sanity

 

William Binney, former Technical Director, World Geopolitical & Military Analysis, NSA; co-founder, SIGINT Automation Research Center (ret.)

David MacMichael, National Intelligence Council (ret.)

Ray McGovern, former US Army infantry/intelligence officer & CIA analyst (ret.)

Elizabeth Murray, Deputy National Intelligence Officer for Middle East (ret.)

Todd E. Pierce, MAJ, US Army Judge Advocate (Ret.)

Coleen Rowley, Division Counsel & Special Agent, FBI (ret.)

Ann Wright, Col., US Army (ret.); Foreign Service Officer (resigned)

Memorandum an Merkel

Von Published On: 31. März 2015Kategorien: Allgemein

Memorandum an: Angela Merkel, Bundeskanzlerin Deutschlands – Von: Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS) – Betreff: Ukraine und die NATO

Original Article published August 2014 as an open letter to Angela Merkel

“Wir, die Unterzeichner, sind langjährige Mitarbeiter von US-Geheimdiensten gewesen. Wir gehen den ungewöhnlichen Schritt, Ihnen diesen offenen Brief zu schreiben, um sicher zu stellen, dass Sie eine Möglichkeit haben, noch vor dem NATO-Gipfel am 4./5. September unsere Ansichten zu erfahren.

Sie müssen beispielsweise wissen, dass die Anschuldigungen einer großen russischen “Invasion” scheinbar nicht von zuverlässigen Geheimdienstinformationen unterstützt werden. Vielmehr scheinen die “Geheimdienstinformationen” genauso dubios und politisch “aufbereitet” zu sein, wie diejenigen, die vor 12 Jahren den US-geführten Angriff auf den Irak “rechtfertigen” sollten. Wir haben seitdem keine glaubwürdigen Beweise für Massenvernichtungswaffen im Irak gesehen; wir sehen auch jetzt keine glaubwürdigen Beweise für eine russische Invasion. Vor 12 Jahren weigerte sich der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder, aufgrund der dürftigen Beweislage zu den irakischen Massenvernichtungswaffen, an einem Angriff gegen den Irak teilzunehmen. Unserer Meinung nach sollten sie entsprechend argwöhnisch sein, was die vom US-Außenministerium und der NATO-Offiziellen gemachten Anschuldigungen über eine russische Invasion in der Ukraine betrifft.

Präsident Barack Obama versuchte gestern die Rhetorik seiner eigenen hochrangigen Diplomaten und der Konzernmedien zu entschärfen, als er öffentlich die aktuellen Aktivitäten in der Ukraine als “eine Fortsetzung von dem, was seit Monaten stattfindet… es ist nicht wirklich etwas Neues.” bezeichnete.

Obama besitzt jedoch nur wenig Kontrolle über die Politiker in seiner Regierung – die, trauriger Weise, wenig Gespür für die Geschichte haben, wenig vom Krieg wissen, und Politik durch anti-russische Schmähungen ersetzen. Vor einem Jahr hatten die Falken im Außenministerium und ihre Freunde in den Medien Mr. Obama fast so weit, einen großen Angriff auf Syrien zu starten, wieder einmal basierend auf “Geheimdienstinformationen”, die bestenfalls dubios waren.

Vor allem aufgrund der wachsenden Bedeutung der und das scheinbare Vertrauen in die Geheimdienstinformationen, die wir für unecht halten, glauben wir, dass die Möglichkeit der Eskalation der Feinseligkeiten – über die ukrainische Grenze hinaus – in den letzten Tagen signifikant zugenommen hat. Weit wichtiger ist, dass wir glauben, dass diese Wahrscheinlichkeit vermieden werden kann – in Abhängigkeit des Grades einer vernünftigen Skepsis, die Sie und andere europäische Regierungschefs auf dem NATO-Gipfel nächste Woche mitbringen sollten.

Erfahrungen mit der Unwahrheit

Hoffentlich haben Ihre Berater Sie an die Glaubwürdigkeit des NATO-Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen erinnert. Für uns scheint es so zu sein, dass Rasmussens Reden weiterhin von Washington ausgearbeitet werden. Das war mehr als deutlich am Tag vor der US-geführten Invasion im Irak, als er, in seiner Funktion als dänischer Premierminister, vor seinem Parlament sagte: „Der Irak hat Massenvernichtungswaffen. Das ist nicht nur etwas, was wir glauben. Wir wissen es.“

Fotos sagen mehr als tausend Worte; sie können auch täuschen. Wir haben viel Erfahrung darin gesammelt, zu analysieren, und Berichte anhand von Satelliten- und anderen Bildern zu erstellen, wie auch bei der Analyse anderer Geheimdienstinformationen. Es genügt zu sagen, dass die Bilder, die von der NATO am 28. August veröffentlicht wurden, eine sehr fadenscheinige Begründung liefern, der zufolge Russland eine Invasion in die Ukraine vornimmt. Leider besitzen sie eine starke Ähnlichkeit mit den Bildern, die von Colin Powell bei der UN am 5. Februar 2003 gezeigt wurden, die ebenfalls nichts bewiesen.

Am selben Tag haben wir Präsident Bush davor gewarnt, dass unsere ehemaligen Kollegen “zunehmend über die Politisierung der Geheimdienstinformationen beunruhigt sind” und sagten im rundheraus, dass “Powells Präsentation nicht einmal nahe daran kommt”, einen Krieg zu rechtfertigen. Wir drängten Mr. Bush “die Diskussion… über den Kreis dieser Berater, die ganz klar auf einen Krieg aus waren, für den unserer Meinung nach kein ausreichender Grund vorlag und von dem wir glaubten, dass seine unbeabsichtigten Konsequenzen mehr als katastrophal sein werden, auszuweiten.”

Betrachten Sie den heutigen Irak. Schlimmer als katastrophal. Obwohl Wladimir Putin bis jetzt beträchtliche Zurückhaltung bzgl. des Konflikts in der Ukraine zeigte, obliegt es uns daran zu erinnern, dass Russland ebenfalls die Strategie von “Shock and Awe” (Schock und Ehrfurcht) verfolgen kann. Aus unserer Sicht müssen die klar denkenden Führer dies sehr sorgfältig durchdenken, wenn es nur die geringste Wahrscheinlichkeit einer solchen Strategieumsetzung, bezogen auf Europa und die Ukraine, geben sollte.

Wenn die Fotos, die die NATO und die USA veröffentlicht haben, die bestmöglichen verfügbaren “Beweise” einer Invasion durch Russland sind, erhöht sich unser Verdacht, dass große Anstrengungen unternommen werden, um die Argumente zu stärken und auf dem NATO-Gipfel Aktionen zu genehmigen, die Russland sicher als provokativ betrachten wird. Gewährleistungsausschluss ist sicher ein Begriff mit dem Sie zweifelslos vertraut sind. Es genügt hinzuzufügen, dass man sehr vorsichtig in Bezug auf das, womit Mr. Rasmussen oder auch der Außenminister John Kerry hausieren gehen werden, sein sollte.

Wir vertrauen darauf, dass Ihre Berater Sie in Bezug auf die Krise in der Ukraine seit Anfang 2014 auf dem Laufenden gehalten haben und darauf, dass Ihnen bekannt ist, dass dem Kreml die Möglichkeit einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, ein Dorn im Auge ist. Laut einer Nachricht der US-Botschaft in Moskau vom 1. Februar 2008 (veröffentlicht von Wikileaks) an die Außenministerin Condoleezza Rice, wurde der US-Botschafter William Burns vom Außenminister Sergej Lawrow einberufen, der ihm die starke russische Ablehnung einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine erklärte.

Lawrow warnte pointiert vor “Befürchtungen, dass diese Sache das Land in zwei Teile spalten könnte, was zu Gewalt oder sogar, wie einige behaupten, zu einem Bürgerkrieg führen könnte, der Russland dazu zwingen würde zu entscheiden, ob man interveniert.” Burns gab seiner Nachricht den ungewöhnlichen Titel “NYET MEANS NYET: RUSSIA’S NATO ENLARGEMENT REDLINES” (“Nein bedeutet Nein: NATO-Erweiterung ist Russlands rote Linie”), und schickte es mit höchster Priorität versehen nach Washington. Zwei Monate später gaben die Führer der NATO beim Gipfel in Bukarest eine formelle Erklärung ab, dass “Georgien und die Ukraine in die NATO kommen sollen”.

Erst gestern nutzte der ukrainische Premierminister Arsenij Jazenjuk seine Facebook-Seite, um zu behaupten, dass, mit der von ihm eingeforderten Genehmigung des Parlaments, der Weg zu einer NATO-Mitgliedschaft frei ist. Jazenjuk war natürlich Washingtons favorisierte Wahl, um Premierminister nach dem Staatsputsch am 22. Februar in Kiew zu werden. “Jaz ist unser Mann”, sagte die stellvertretende Außenministerin Victoria Nuland ein paar Wochen vor dem Putsch in einem abgefangenen Telefongespräch mit dem US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt. Sie erinnern sich vielleicht, dass ist die gleiche Konversation in der Nuland sagte, “Fuck the EU”.

Zeitpunkt der russischen “Invasion”

Die klassische Stellungnahme, die Kiew vor ein paar Wochen noch abgab, war, dass die ukrainischen Streitkräfte die Oberhand im Kampf mit den Föderalisten und Anti-Coup-Gegner im Südosten der Ukraine haben, in einem Kampf der weithin als Mop-Up (Säuberungsaktion) dargestellt wurde. Aber dieses Bild der Offensive stammt fast ausschließlich aus offiziellen Regierungsquellen in Kiew. Es gab nur wenige Berichte aus dem Südosten der Ukraine. Es gab einen, der den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zitierte, der die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Darstellung der Regierung erhöhte.

Laut der “Presseabteilung des Präsidenten der Ukraine” rief Poroschenko am 18. August zu einer “Umgruppierung der ukrainischen Militäreinheiten, die im Machtkampf im Osten des Landes tätig sind” auf. “Heute müssen wir die Neuordnung der Streitkräfte, die unser Gebiet verteidigen, und die Weiterführung der Offensive der Armee vornehmen”, sagte Poroschenko und fügte hinzu “wir müssen eine neue militärische Operation angesichts der neuen Umstände in Betracht ziehen.”

Wenn die “neuen Umstände” erfolgreiche Kampfhandlungen der ukrainischen Regierungstruppen bedeutet hätten, warum ist es dann notwendig die Streitkräfte “neu zu formieren”, “neu zu ordnen”? Etwa zu dieser Zeit begannen Vor-Ort-Quellen über eine Reihe von erfolgreichen Angriffen der Föderalisten gegen Regierungstruppen zu berichten. Diesen Quellen zufolge war es die Regierungsarmee, die hohe Verluste hinnehmen musste und Gebiete verlor – vor allem aufgrund Unfähigkeit und schlechter Führung.

Zehn Tage später, als sie umzingelt wurden und/oder sich zurückzogen, fand man in der “russischen Invasion” eine fertige Entschuldigung. Das ist genau der Zeitpunkt, als die NATO lächerliche Fotos veröffentlichten und Reporter, wie Michael Gordon von der New York Times, losgelassen wurden, um die Worte “der Russe kommt” in die Welt zu tragen. (Michael Gordon war einer der krassesten Propagandisten, die einen Krieg im Irak forderten.)

Kein Invasion – aber eine Vielzahl an anderer russischer Unterstützung

Die Föderalisten im Südosten der Ukraine genießen eine erheblich lokale Unterstützung, teilweise als Folge der Artillerieangriffe der Regierung auf Ballungszentren. Und wir glauben, dass russische Unterstützung wahrscheinlich durch die Grenze sickert und das beinhaltet auch, ganz deutlich, ausgezeichnete Informationen des [russischen] Geheimdienstes. Aber es ist keineswegs klar, dass die Unterstützung zurzeit Panzer und Artillerie umfasst – vor allem, weil die Föderalisten besser geführt wurden und überraschend erfolgreich im Festsetzen der Regierungskräfte sind.

Zur gleichen Zeit haben wir wenig Zweifel daran, dass, falls und wenn die Föderalisten sie benötigen, russische Panzer kommen werden.

Gerade deshalb erfordert die Situation eine gemeinsame Anstrengung für eine Waffenruhe, die, wie Sie wissen, Kiew bisher verzögert hat. Was muss an dieser Stelle getan werden? Unserer Meinung nach muss Poroschenko und Jazenjuk gesagt werden, dass die NATO-Mitgliedschaft keine Option ist – und dass die NATO keine Absicht hat, einen Stellvertreterkrieg mit Russland zu führen – und vor allem nicht als Unterstützung für die bunt zusammengewürfelte Armee der Ukraine. Anderen NATO-Mitgliedern muss das gleiche gesagt werden.

Für den Lenkungsausschuss des Veteran Intelligence Professionals for SanityFor the Steering Group, Veteran Intelligence Professionals for Sanity

 

William Binney, former Technical Director, World Geopolitical & Military Analysis, NSA; co-founder, SIGINT Automation Research Center (ret.)

David MacMichael, National Intelligence Council (ret.)

Ray McGovern, former US Army infantry/intelligence officer & CIA analyst (ret.)

Elizabeth Murray, Deputy National Intelligence Officer for Middle East (ret.)

Todd E. Pierce, MAJ, US Army Judge Advocate (Ret.)

Coleen Rowley, Division Counsel & Special Agent, FBI (ret.)

Ann Wright, Col., US Army (ret.); Foreign Service Officer (resigned)