Wir sind Frieden

Von Published On: 12. August 2018Kategorien: Allgemein

Zwei Menschen, die auf den ersten Blick so rein gar nichts verbindet, stellen wir heute in unserer Serie vor. Beide haben jedoch durch ihr Tun Einfluss auf die alte und neue Friedensbewegung und gehören zu den Menschen, die sich voll und ganz für eine andere, eine friedlichere Welt einbringen.

Lukas Puchalski

geboren 1984 in Legnica in Polen, wohnhaft in Köln, Beruf: Kfz-Mechaniker und Fachkraft für Lagerlogistik, Firma für Vertrieb von Free21. Seine Hobbys: Dart, Sport, Musik ist wichtig für ihn – doch er hat kaum Zeit für Hobbys, denn er beschäftigt sich mit einer Haussanierung für ein autarkes Leben.  

Andrea Drescher: Das ist ein guter Einstieg, warum autark?

Lukas Puchalski: Ein Aspekt ist, ein Zeichen zu setzen. Den Menschen zu zeigen, dass mir das wichtig ist. Jeder, der uns besucht, soll mitbekommen, dass wir Autarkie anstreben. So kommt man ins Gespräch, aus welchen Gründen wir das tun. Ein zweiter Aspekt ist meine Erwartung, dass die gewohnten logistischen Ketten – Supermarkt, derzeitige gesellschaftliche Zusammenarbeit – früher oder später ins Stocken geraten oder zusammenbrechen. Ob Wirtschaftskrise oder kriegerische Auseinandersetzung, beides kann dazu führen, dass die Energieversorgung ausfällt. Davor will ich uns schützen, bzw. mit eigener Energie das Leben weiterführen können.

Andrea Drescher: Was hast Du vor?

Lukas Puchalski: Ich will die Photovoltaik zusammen mit einem Speicher betreiben, bei möglichst geringer Netzeinspeisung. 10 kW peak am Dach mit entsprechender Speicherleistung im Keller – wobei die Batterie-Technologie noch offen ist. Die Heizung sollte neben Gas über Infrarot laufen. Das zieht enorme Leistung, da braucht man ein gutes Speichersystem. Wenn alles mögliche ausfällt, verfügt man über eigenen Strom und Heizung über Infrarot – so dass ein Notbetrieb da ist, der ein halbwegs vernünftiges Leben erlaubt.

Andrea Drescher: Seid Ihr auch beim Essen selbstversorgt?

Lukas Puchalski: Wir haben einen Schrebergarten, den wir zusammen mit meiner Mutter bewirtschaften. Das ist noch keine Vollversorgung, die streben wir aber an. Als Kinder unserer Zeit kaufen wir viel im Supermarkt – Alnatura, Fairtrade und biologisch –, aber immer mit dem Bewusstsein, dass das von heute auf morgen enden kann. Wir haben die Möglichkeiten, auszuweichen, mit eigener Mühle und Brotbackmaschine. Die Selbstversorgung bauen wir sukzessive aus. Das Ganze machen wir stressfrei; was möglich ist, nehmen wir gerne an. Wir lassen uns nicht von Worst-Case-Szenarien treiben, sondern bauen einfach konsequent aus. Das eigene Häuschen, dass wir Anfang 2018 gekauft haben, eröffnet uns viele neue Chancen zur alternativen Lebensgestaltung. Durch die Verwendung von Lehm, Hanf und anderen recycelbaren Materialien kann das Haus leben und atmen und ein tolles Raumklima entwickeln. Das ist mir ganz ganz wichtig. Das ist ja auch gelebte Politik.

Andrea Drescher: Seit wann bist Du politisch aktiv?

Lukas Puchalski: Begonnen hat das 2006/2007, als ich freiwillig Dienender mit verlängerter Wehrdienstzeit bei der Bundeswehr war. Ich fing an, Sachen zu hinterfragen. Auslöser waren 9/11 und der Film „Loose Change“. Mir wurde klar, dass viele Fragen seitens der Regierungen nicht beantwortet werden. Dann habe ich mich gefragt: Was ist mit den Kriegen, die darauf aufbauen? Was ist dann in Deutschland wirklich die Wahrheit? Warum macht man da mit? So wurde ich immer kritischer, habe Themen hinterfragt, recherchiert und mein Leben weitergelebt. Ab 2011 beschäftigte ich mich dann mit dem Finanz- und Wirtschaftssystem, habe gleichzeitig nach Lösungen gesucht. Was kann man tun, wenn alles schief läuft? Es muss doch Auswege geben. Heute würde ich aus ethischen Gründen nicht mehr zum Bund gehen, auch wenn die Zeit schön war. Wir haben Gott sei Dank nur Krieg gespielt, aber für mich ist alles andere jenseits einer Verteidigungsarmee nicht akzeptabel. Und Deutschland führt sehr viele Kriege, Bündnisfälle, bei denen noch nicht mal klar ist, warum es zum Krieg gekommen ist. Die Kriegsgründe bzw. Kriegseintritte haben sich ja immer als Lügen erwiesen. Richtig aktiv wurde ich 2014.

Andrea Drescher: Aufgrund der Mahnwachen?

Lukas Puchalski: Nein. Schon früher. Ich wollte mich mehr engagieren, ein Thema war Monsanto und das  genmanipulierte Saatgut. 2013 fuhr ich zu einer Demo wegen des bedingungslosen Grundeinkommens nach Berlin. Zufällig bin ich dort auf Menschen gestoßen, die das Thema der Souveränität Deutschlands massiv in Frage stellten, und habe auch Leute kennengelernt, die Geo-Engineering kritisieren. Da wurde mir klar, dass ich mich mit Menschen aller Gruppen auseinandersetzen sollte, um Impulse aus allen Bereichen zu bekommen. Man muss sich breit informieren, um eine fundierte Basis für Diskussionen zu haben. Dann kam es in Berlin zur Mahnwachen-Bewegung, die auch Köln erreichte. Noch vor „Stop Monsanto“ entstand in Köln eine kleine Gruppe, in der ich mich einbringen konnte. Seitdem gehe ich regelmässig auf die Straße, um ein Zeichen zu setzen.

Andrea Drescher: Aber Du gehst nicht nur auf Demos?

Lukas Puchalski: Nein. Relativ schnell begann meine Arbeit für Free21. Tommy Hansen hatte Ende 2014 das Portal free21.org ins Leben gerufen. Ich war begeistert von seiner Idee. Ich sah das Potential: Munition für die ganzen Mahnwachen – für Menschen auf der Straße, die andere informieren wollen. PDF sind besser als ein Flugblatt. Sie waren zwar qualitativ hochwertiger, aber auf schlechtem Papier, mit schlechtem Drucker gedruckt, konnte es wieder ein schlechter erster Eindruck werden. Das gefiel mir nicht.

Andrea Drescher: Darum wurdest Du Verleger?

Lukas Puchalski: Eigentlich war es eine zornige Rede von Ken Jebsen auf einer Berliner Mahnwache, die mich zum Handeln brachte. Ken meinte: „Leute, Tommy hat seine Idee mit dem Portal realisiert, er liefert Euch alles fertig, Ihr könnt drucken und verteilen. Das Einzige, was Ihr tun müsst, Ihr müsst es machen. Werdet eure eigenen Verleger!“ Er war zornig, weil es zu wenig Interesse, zu wenige Nutzer gab, dabei war es schon Monate online. Eigentlich hätte das ganze ein Vertriebsprofi oder ein Verleger in die Hand nehmen müssen. Als ich den Frust von Ken auf der Mahnwache sah, da dachte ich: Wenn es keinen gibt, muss ich es selbst machen.

Daraufhin habe ich Tommy angeschrieben – und dann kam eines zum anderen …

Andrea Drescher: Hattest Du irgendeine Qualifikation für Verlagswesen?

Lukas Puchalski: Nein. Ich war noch in der Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik, im Februar hatte ich Abschlussprüfung, die erste Ausgabe erschien im März. Ich habe alles daran gesetzt, das Magazin erfolgreich an den Start zu bringen. Es war zudem wichtig, dass ich ins Handeln gekommen bin. Die Umsetzung erfolgte ohne große Unkosten und es hat funktioniert.

Andrea Drescher: War das nicht riskant?

Lukas Puchalski: Ich habe immer geglaubt, dass es ein Erfolg wird. In diesem Glauben bin ich daran gegangen. Bei der ersten Ausgabe war noch ein hohes finanzielles Risiko dabei, aber das gesamte Geld kam wieder rein. Und jetzt sorge ich bundesweit für die Distribution. Neben den Abos bin ich auf allen wichtigen Veranstaltungen – Ramstein, Pax Terra Musica, Demos – aber auch bei Vorträgen von namhaften Sprechern wie Dr. Ganser oder Hermann Ploppa mit dem Auto und Zelt dabei, wenn es sich irgendwie zeitlich machen lässt.

Andrea Drescher: Was ist weiter wichtig für Dich, was treibt Dich an?

Lukas Puchalski: Mir sind auch andere Projekte ein Anliegen, die sich um die Gestaltung einer besseren Welt drehen. Wenn Zeit verfügbar ist, engagiere ich mich. Als Mensch ohne Kinder, nur mit Partnerin, kann ich mich engagieren, aber das wird 2018 zwangsläufig weniger. Ich möchte Human Connection und Pax Terra Musica weiter nach vorn bringen. Beides ist mir sehr wichtig, z.B. bin ich bei den Kamingesprächen für Human Connection aktiv dabei. Denn was mich motiviert, sind positive Dinge; davon braucht es unbedingt mehr, damit es zur Veränderung kommt.

Andrea Drescher: Wie meinst Du das?

Lukas Puchalski: Was momentan in der Friedensbewegung und auch in anderen Organisationen passiert, ist Spaltung – also Negatives. Darum möchte ich jedem sagen: Arbeitet nicht gegeneinander, seht nicht alles so eng. Natürlich muss man gegen offensichtliche Hetze und offensichtlichen Rassismus den Mund aufmachen, das versteht sich von selbst. Aber man sollte sich hauptsächlich auf das Positive konzentrieren und Positives mit eigener Energie unterstützen. Ein System wird man dadurch los, dass man neue Systeme ins Leben ruft, die das alte obsolet machen. Darauf sollten wir alle unseren Fokus legen. Statt die Unterschiede zu kultivieren, die es zwischen Individuen natürlich immer gibt, sollten wir die Gemeinsamkeiten suchen und Solidarität zwischen Menschen und Initiativen fördern. Dann entsteht Neues.

Andrea Drescher: Ein positiver Satz zum Abschluss – danke dafür!

 

Fee Strieffler

geboren 1954, wohnhaft in Kaiserslautern, verheiratet mit Wolfgang Jung, Grund- und Hauptschullehrerin bis 2002, 10 Jahre Glasperlen- und Schmuckgestaltung, seit 2017 in Rente. Ihre Hobbys: Kunst & Gestaltung, Fahrten mit dem WoMo.

Andrea Drescher: Du bist ein Urgestein der Friedensbewegung – seit wann gehörst Du dazu?

Fee Strieffler: Seit 1979. Der NATO-Doppelbeschluss war der äußere Anlass. Ich war aber schon immer friedensbewegt, da ich aus einem durch Krieg traumatisierten Haushalt stamme. Mein Vater hat 1944 als 12-jähriger die ganze Familie durch Bombenangriff verloren, die Familie meiner Mutter wurde am gleichen Tag zum zweiten Mal ausgebombt. Krieg war immer ein Familienthema – etwas, das nicht noch mal passieren darf. Waffen und Krieg führen nur zu unendlichem Leid. Mit dem Doppelbeschluss mitten im Kalten Krieg wurde die Bedrohungslage sehr konkret.

Andrea Drescher: Und Du wurdest aktiv?

Fee Strieffler: Ja. Pfarrer Oeffler hat die Initiative „Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit in Kaiserslautern“ mit aus der Taufe gehoben, und ich wurde schnell zu seiner rechten Hand. Ich habe Demos angemeldet und Veranstaltungen organisiert. Es gab eine rasante Entwicklung und eine vielfältige Friedensbewegung entstand. Jeder, der in Kaiserlautern und der Region etwas für den Frieden tun wollte, war z.B. donnerstags beim KOFAZ dabei.

Andrea Drescher: Wer gehörte zu „Jeder“?

Fee Strieffler: SPD-ler, JuSos, Jungdemokraten, anfangs der KBW, Grüne, die DKP, VVN-BdA, SDAJ, DGB und lokale Gruppen aus der Umgebung. Das KOFAZ Kaiserslautern war eine Institution. Es war richtig was los, ein breit angelegtes Bündnis von Friedenswilligen. Das war Bündnisarbeit, wie wir sie uns heute wünschen, wie ich sie seit Jahren anmahne. Die Friedensbewegung gehört keiner Partei. Frieden gehört allen, alle sind dafür verantwortlich. Eine Abgrenzung ist nur notwendig, wenn es um Nazis, Neo-Nazis oder Rassisten geht. Aber die haben ja eh nichts mit Frieden im Sinn, da trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Derart breite Bündnisse scheinen heute aber nicht mehr gewollt zu sein. Und Menschen wie Oeffler und Niemöller fehlen.    

Andrea Drescher: Du hast Niemöller persönlich kennengelernt?

Fee Strieffler: Ich hatte das Glück, ihn mehrmals treffen zu dürfen. Neben anderen Persönlichkeiten war er einer der Redner bei der ersten großen überregionalen Friedens-Demo im Zusammenhang mit dem NATO-Doppelbeschluss in Kaiserslautern, der Internationalen Manifestation für den Frieden, 1980. Bei einem der Vorgespräche in Wiesbaden, zu dem mich Hans-Joachim Oeffler mitnahm, sagte Martin Niemöller, ich sei eine mutige junge Frau. Er  gehört zu meinen Vorbildern. Neben dem bekannten Zitat, „Als die Nazis die Kommunisten holten…“, das aus einem Gespräch mit Pfarrer Oeffler stammt, hat mich sein Lebensmotto „Was würde Jesus dazu sagen?“ sehr beeindruckt, obwohl ich Agnostikerin bin. Es schadet auch nicht, öfters mal innezuhalten und sich die Frage zu stellen. Leider hat sich seit damals viel verändert.

Andrea Drescher: Sind die Unterschiede zu heute sehr groß?

Fee Strieffler: Oh ja. Damals gab es eine richtig große Friedensbewegung in Rheinland-Pfalz, die von der Pfalz über den Hunsrück bis in die Eifel reichte. Überall, wo es Standorte der USA und der NATO gab, war in Rheinland Pfalz richtig was los. Man arbeitete zusammen, ordnete sich dem gemeinsamen Ziel „Keine neuen Atomraketen“ unter, bildete breite Bündnisse. Heute gibt es viele kleine Grüppchen, die sich abschotten, und das Agieren in die Breite fehlt. Es gibt kaum noch Infostände, kaum Information auf der Straße. Wenn sich Friedensinitiativen  z.B. in Parteibüros treffen, statt an öffentlich zugänglichen Orten, fühlen sich viele ausgeschlossen. Die Friedensbewegung ist zersplittert, zerstritten, und man schreckt nicht vor Diffamierung zurück. Es drängt sich der Eindruck auf, dass von interessierter Seite bewusst Misstrauen gestreut wird. Wie so was funktioniert und welche Folgen das hat, hat man beim Ramsteiner Appell gesehen.

Andrea Drescher: Was ist da passiert?

Fee Strieffler: Der Ramsteiner Appell ging im Mai 2006 fulminant los. Bei den ersten Treffen waren 25 und mehr Menschen dabei, nach vier Wochen hatten mehrere 1000 Menschen unterschrieben. Man hatte den Eindruck, es gibt eine Lawine, die weit über die Region hinausgeht. Dann wurde auf einer NPD-nahen Website dazu aufgefordert, den Appell zu unterschreiben. So entstand das bewusst gestreute Gerücht, der Ramsteiner Appell sei rechts unterwandert. Dass mein Mann als DKP-Mitglied jahrelang von einem Berufsverbot bedroht war – und ich auch Schwierigkeiten hatte – spielte keine Rolle dabei. So arbeiten die Spalter jedes Mal. So wurden auch die Montagsmahnwachen zerstört. Es ist immer das gleiche Prinzip. Bis zur Wende war der Vorwurf „DKP-unterwandert“ oder „kommunistisch infiltriert“, heute lautet er „rechts“ oder „rechtsoffen“.

Andrea Drescher: Du machst aber trotzdem weiter?

Fee Strieffler: Natürlich. Über Jahre habe ich die Klage meines Mannes Wolfgang Jung gegen die verfassungs- und völkerrechtswidrige Nutzung der US-Airbase Ramstein für den Drohnenkrieg unterstützt. Durch das Verfahren, das bis vor das Bundesverwaltungsgericht ging, ist es uns gelungen – und da bin ich stolz drauf, dass ich mithelfen konnte – dieses Morden aus dem Hinterhalt an die Öffentlichkeit zu bringen. Der Prozess hat wesentlich dazu beigetragen, dass Medien darüber berichtet haben.

Wolfgang und ich geben gemeinsam die Luftpost http://luftpost-kl.de/ heraus. Darin verbreiteten wir übersetzte Originalquellen, die sich meist auf die US-Militär-Politik beziehen. Wer sich informiert, kann wissen, was passiert. Man muss nur die vielfältigen Informationsmöglichkeiten nutzen. Auch vor 1933 stand das meiste in der Zeitung, was dann kam – auch damals konnte man es wissen. Es wird alles berichtet, man muss es nur wissen wollen. Alles andere sind billige Ausreden, um vor sich selbst eine Entschuldigung für die eigene Passivität zu haben.

Da ich ein kommunikativer Mensch bin und leicht mit anderen ins Gespräch komme, versuche ich auch Menschen und Gruppen zu vernetzen, pflege Kontakte zu linken Abgeordneten und versuche Menschen durch traditionelle Bündnisarbeit zusammenzubringen – z.B. zu den Veranstaltungen der Kampagne Stopp Air Base Ramstein. Ich engagiere mich für die Themen, die mir wichtig sind –   auch durch die Verbreitung wichtiger Informationen im Internet. Was mich traurig macht, ist die Tatsache, dass es immer schwieriger wird, Menschen zu finden, mit denen man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann.

Andrea Drescher: Warum ist das so?

Fee Strieffler: Man muss sich darüber im klaren sein, dass die Bundesrepublik eine Schlüsselrolle in den strategischen Überlegungen der USA und der NATO spielt. In keinem anderen Land sind so viele ausländische Truppen stationiert. Jeder größere Protest dagegen wird schon im Ansatz behindert. Wie in den 80-er Jahren sind auch heute überall Spitzel zugange. Mittlerweile werden wichtige Positionen in den Initiativen und Organisationen von Anfang an mit den „richtigen Leuten“  besetzt, die dafür sorgen, dass nichts aus dem Ruder läuft. Es werden sogar Bewegungen gekapert. Ein Beispiel: Die Veranstaltung „We are 99%“ 2011 wurde durch Blockupy abgelöst und ab 2012 zunehmend mit der sogenannten „Antifa“ und anderen aggressiven Typen durchsetzt. Darauf hin blieben viele bürgerliche Teilnehmer weg, da sie sich nicht zusammenschlagen lassen wollen. Ich bin überzeugt, dass die Pegida als Gegengewicht zu den Mahnwachen gezielt aufgebaut wurde. Da  stellt sich immer die Frage: Wem nutzt es? Alles, was passiert, nutzt irgendwem, und wir, die normalen Menschen, haben den Schaden. Trotz alledem – wir müssen uns wehren.

Andrea Drescher: Ist das nicht sehr belastend?

Fee Strieffler: Ja, seit 1979 war nicht nur die emotionale Belastung sehr hoch. In meiner Familie z.B. war ich das „schwarze Schaf“.  Bei Wolfgangs Berufsverbotsverfahren, das 5 Jahre dauerte, hat uns hauptsächlich die Solidarität von wildfremden Leuten aus fast ganz Europa getragen. Ich fand in der Zeit keine feste Anstellung, wurde nicht verbeamtet, bekam immer nur Zeitverträge, wobei mir nahe gelegt wurde, mich von meinem Partner zu trennen. Es hieß: „Wenn Sie sich heute Mittag von diesem Mann trennen, bekommen Sie morgen eine Planstelle“. Alles das zehrt natürlich an den Nerven. Der „aufrechte Gang“ erfordert viel Kraft und Durchhaltevermögen, und es hilft sehr,  wenn andere Menschen auf einen zukommen und sagen: Wir schätzen, was Ihr tut. – Es wäre gut, wenn all diese Leute auch mitmachen würden.  

Andrea Drescher: Also gilt für Euch: Aufgeben tut man einen Brief?

Fee Strieffler: Richtig. Bange machen gilt nicht. Solange die Kraft reicht, mache ich zusammen mit Wolfgang weiter.

Andrea Drescher: Danke dafür, liebe Fee! Euch beiden!

Wir sind Frieden

Von Published On: 12. August 2018Kategorien: Allgemein

Zwei Menschen, die auf den ersten Blick so rein gar nichts verbindet, stellen wir heute in unserer Serie vor. Beide haben jedoch durch ihr Tun Einfluss auf die alte und neue Friedensbewegung und gehören zu den Menschen, die sich voll und ganz für eine andere, eine friedlichere Welt einbringen.

Lukas Puchalski

geboren 1984 in Legnica in Polen, wohnhaft in Köln, Beruf: Kfz-Mechaniker und Fachkraft für Lagerlogistik, Firma für Vertrieb von Free21. Seine Hobbys: Dart, Sport, Musik ist wichtig für ihn – doch er hat kaum Zeit für Hobbys, denn er beschäftigt sich mit einer Haussanierung für ein autarkes Leben.  

Andrea Drescher: Das ist ein guter Einstieg, warum autark?

Lukas Puchalski: Ein Aspekt ist, ein Zeichen zu setzen. Den Menschen zu zeigen, dass mir das wichtig ist. Jeder, der uns besucht, soll mitbekommen, dass wir Autarkie anstreben. So kommt man ins Gespräch, aus welchen Gründen wir das tun. Ein zweiter Aspekt ist meine Erwartung, dass die gewohnten logistischen Ketten – Supermarkt, derzeitige gesellschaftliche Zusammenarbeit – früher oder später ins Stocken geraten oder zusammenbrechen. Ob Wirtschaftskrise oder kriegerische Auseinandersetzung, beides kann dazu führen, dass die Energieversorgung ausfällt. Davor will ich uns schützen, bzw. mit eigener Energie das Leben weiterführen können.

Andrea Drescher: Was hast Du vor?

Lukas Puchalski: Ich will die Photovoltaik zusammen mit einem Speicher betreiben, bei möglichst geringer Netzeinspeisung. 10 kW peak am Dach mit entsprechender Speicherleistung im Keller – wobei die Batterie-Technologie noch offen ist. Die Heizung sollte neben Gas über Infrarot laufen. Das zieht enorme Leistung, da braucht man ein gutes Speichersystem. Wenn alles mögliche ausfällt, verfügt man über eigenen Strom und Heizung über Infrarot – so dass ein Notbetrieb da ist, der ein halbwegs vernünftiges Leben erlaubt.

Andrea Drescher: Seid Ihr auch beim Essen selbstversorgt?

Lukas Puchalski: Wir haben einen Schrebergarten, den wir zusammen mit meiner Mutter bewirtschaften. Das ist noch keine Vollversorgung, die streben wir aber an. Als Kinder unserer Zeit kaufen wir viel im Supermarkt – Alnatura, Fairtrade und biologisch –, aber immer mit dem Bewusstsein, dass das von heute auf morgen enden kann. Wir haben die Möglichkeiten, auszuweichen, mit eigener Mühle und Brotbackmaschine. Die Selbstversorgung bauen wir sukzessive aus. Das Ganze machen wir stressfrei; was möglich ist, nehmen wir gerne an. Wir lassen uns nicht von Worst-Case-Szenarien treiben, sondern bauen einfach konsequent aus. Das eigene Häuschen, dass wir Anfang 2018 gekauft haben, eröffnet uns viele neue Chancen zur alternativen Lebensgestaltung. Durch die Verwendung von Lehm, Hanf und anderen recycelbaren Materialien kann das Haus leben und atmen und ein tolles Raumklima entwickeln. Das ist mir ganz ganz wichtig. Das ist ja auch gelebte Politik.

Andrea Drescher: Seit wann bist Du politisch aktiv?

Lukas Puchalski: Begonnen hat das 2006/2007, als ich freiwillig Dienender mit verlängerter Wehrdienstzeit bei der Bundeswehr war. Ich fing an, Sachen zu hinterfragen. Auslöser waren 9/11 und der Film „Loose Change“. Mir wurde klar, dass viele Fragen seitens der Regierungen nicht beantwortet werden. Dann habe ich mich gefragt: Was ist mit den Kriegen, die darauf aufbauen? Was ist dann in Deutschland wirklich die Wahrheit? Warum macht man da mit? So wurde ich immer kritischer, habe Themen hinterfragt, recherchiert und mein Leben weitergelebt. Ab 2011 beschäftigte ich mich dann mit dem Finanz- und Wirtschaftssystem, habe gleichzeitig nach Lösungen gesucht. Was kann man tun, wenn alles schief läuft? Es muss doch Auswege geben. Heute würde ich aus ethischen Gründen nicht mehr zum Bund gehen, auch wenn die Zeit schön war. Wir haben Gott sei Dank nur Krieg gespielt, aber für mich ist alles andere jenseits einer Verteidigungsarmee nicht akzeptabel. Und Deutschland führt sehr viele Kriege, Bündnisfälle, bei denen noch nicht mal klar ist, warum es zum Krieg gekommen ist. Die Kriegsgründe bzw. Kriegseintritte haben sich ja immer als Lügen erwiesen. Richtig aktiv wurde ich 2014.

Andrea Drescher: Aufgrund der Mahnwachen?

Lukas Puchalski: Nein. Schon früher. Ich wollte mich mehr engagieren, ein Thema war Monsanto und das  genmanipulierte Saatgut. 2013 fuhr ich zu einer Demo wegen des bedingungslosen Grundeinkommens nach Berlin. Zufällig bin ich dort auf Menschen gestoßen, die das Thema der Souveränität Deutschlands massiv in Frage stellten, und habe auch Leute kennengelernt, die Geo-Engineering kritisieren. Da wurde mir klar, dass ich mich mit Menschen aller Gruppen auseinandersetzen sollte, um Impulse aus allen Bereichen zu bekommen. Man muss sich breit informieren, um eine fundierte Basis für Diskussionen zu haben. Dann kam es in Berlin zur Mahnwachen-Bewegung, die auch Köln erreichte. Noch vor „Stop Monsanto“ entstand in Köln eine kleine Gruppe, in der ich mich einbringen konnte. Seitdem gehe ich regelmässig auf die Straße, um ein Zeichen zu setzen.

Andrea Drescher: Aber Du gehst nicht nur auf Demos?

Lukas Puchalski: Nein. Relativ schnell begann meine Arbeit für Free21. Tommy Hansen hatte Ende 2014 das Portal free21.org ins Leben gerufen. Ich war begeistert von seiner Idee. Ich sah das Potential: Munition für die ganzen Mahnwachen – für Menschen auf der Straße, die andere informieren wollen. PDF sind besser als ein Flugblatt. Sie waren zwar qualitativ hochwertiger, aber auf schlechtem Papier, mit schlechtem Drucker gedruckt, konnte es wieder ein schlechter erster Eindruck werden. Das gefiel mir nicht.

Andrea Drescher: Darum wurdest Du Verleger?

Lukas Puchalski: Eigentlich war es eine zornige Rede von Ken Jebsen auf einer Berliner Mahnwache, die mich zum Handeln brachte. Ken meinte: „Leute, Tommy hat seine Idee mit dem Portal realisiert, er liefert Euch alles fertig, Ihr könnt drucken und verteilen. Das Einzige, was Ihr tun müsst, Ihr müsst es machen. Werdet eure eigenen Verleger!“ Er war zornig, weil es zu wenig Interesse, zu wenige Nutzer gab, dabei war es schon Monate online. Eigentlich hätte das ganze ein Vertriebsprofi oder ein Verleger in die Hand nehmen müssen. Als ich den Frust von Ken auf der Mahnwache sah, da dachte ich: Wenn es keinen gibt, muss ich es selbst machen.

Daraufhin habe ich Tommy angeschrieben – und dann kam eines zum anderen …

Andrea Drescher: Hattest Du irgendeine Qualifikation für Verlagswesen?

Lukas Puchalski: Nein. Ich war noch in der Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik, im Februar hatte ich Abschlussprüfung, die erste Ausgabe erschien im März. Ich habe alles daran gesetzt, das Magazin erfolgreich an den Start zu bringen. Es war zudem wichtig, dass ich ins Handeln gekommen bin. Die Umsetzung erfolgte ohne große Unkosten und es hat funktioniert.

Andrea Drescher: War das nicht riskant?

Lukas Puchalski: Ich habe immer geglaubt, dass es ein Erfolg wird. In diesem Glauben bin ich daran gegangen. Bei der ersten Ausgabe war noch ein hohes finanzielles Risiko dabei, aber das gesamte Geld kam wieder rein. Und jetzt sorge ich bundesweit für die Distribution. Neben den Abos bin ich auf allen wichtigen Veranstaltungen – Ramstein, Pax Terra Musica, Demos – aber auch bei Vorträgen von namhaften Sprechern wie Dr. Ganser oder Hermann Ploppa mit dem Auto und Zelt dabei, wenn es sich irgendwie zeitlich machen lässt.

Andrea Drescher: Was ist weiter wichtig für Dich, was treibt Dich an?

Lukas Puchalski: Mir sind auch andere Projekte ein Anliegen, die sich um die Gestaltung einer besseren Welt drehen. Wenn Zeit verfügbar ist, engagiere ich mich. Als Mensch ohne Kinder, nur mit Partnerin, kann ich mich engagieren, aber das wird 2018 zwangsläufig weniger. Ich möchte Human Connection und Pax Terra Musica weiter nach vorn bringen. Beides ist mir sehr wichtig, z.B. bin ich bei den Kamingesprächen für Human Connection aktiv dabei. Denn was mich motiviert, sind positive Dinge; davon braucht es unbedingt mehr, damit es zur Veränderung kommt.

Andrea Drescher: Wie meinst Du das?

Lukas Puchalski: Was momentan in der Friedensbewegung und auch in anderen Organisationen passiert, ist Spaltung – also Negatives. Darum möchte ich jedem sagen: Arbeitet nicht gegeneinander, seht nicht alles so eng. Natürlich muss man gegen offensichtliche Hetze und offensichtlichen Rassismus den Mund aufmachen, das versteht sich von selbst. Aber man sollte sich hauptsächlich auf das Positive konzentrieren und Positives mit eigener Energie unterstützen. Ein System wird man dadurch los, dass man neue Systeme ins Leben ruft, die das alte obsolet machen. Darauf sollten wir alle unseren Fokus legen. Statt die Unterschiede zu kultivieren, die es zwischen Individuen natürlich immer gibt, sollten wir die Gemeinsamkeiten suchen und Solidarität zwischen Menschen und Initiativen fördern. Dann entsteht Neues.

Andrea Drescher: Ein positiver Satz zum Abschluss – danke dafür!

 

Fee Strieffler

geboren 1954, wohnhaft in Kaiserslautern, verheiratet mit Wolfgang Jung, Grund- und Hauptschullehrerin bis 2002, 10 Jahre Glasperlen- und Schmuckgestaltung, seit 2017 in Rente. Ihre Hobbys: Kunst & Gestaltung, Fahrten mit dem WoMo.

Andrea Drescher: Du bist ein Urgestein der Friedensbewegung – seit wann gehörst Du dazu?

Fee Strieffler: Seit 1979. Der NATO-Doppelbeschluss war der äußere Anlass. Ich war aber schon immer friedensbewegt, da ich aus einem durch Krieg traumatisierten Haushalt stamme. Mein Vater hat 1944 als 12-jähriger die ganze Familie durch Bombenangriff verloren, die Familie meiner Mutter wurde am gleichen Tag zum zweiten Mal ausgebombt. Krieg war immer ein Familienthema – etwas, das nicht noch mal passieren darf. Waffen und Krieg führen nur zu unendlichem Leid. Mit dem Doppelbeschluss mitten im Kalten Krieg wurde die Bedrohungslage sehr konkret.

Andrea Drescher: Und Du wurdest aktiv?

Fee Strieffler: Ja. Pfarrer Oeffler hat die Initiative „Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit in Kaiserslautern“ mit aus der Taufe gehoben, und ich wurde schnell zu seiner rechten Hand. Ich habe Demos angemeldet und Veranstaltungen organisiert. Es gab eine rasante Entwicklung und eine vielfältige Friedensbewegung entstand. Jeder, der in Kaiserlautern und der Region etwas für den Frieden tun wollte, war z.B. donnerstags beim KOFAZ dabei.

Andrea Drescher: Wer gehörte zu „Jeder“?

Fee Strieffler: SPD-ler, JuSos, Jungdemokraten, anfangs der KBW, Grüne, die DKP, VVN-BdA, SDAJ, DGB und lokale Gruppen aus der Umgebung. Das KOFAZ Kaiserslautern war eine Institution. Es war richtig was los, ein breit angelegtes Bündnis von Friedenswilligen. Das war Bündnisarbeit, wie wir sie uns heute wünschen, wie ich sie seit Jahren anmahne. Die Friedensbewegung gehört keiner Partei. Frieden gehört allen, alle sind dafür verantwortlich. Eine Abgrenzung ist nur notwendig, wenn es um Nazis, Neo-Nazis oder Rassisten geht. Aber die haben ja eh nichts mit Frieden im Sinn, da trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Derart breite Bündnisse scheinen heute aber nicht mehr gewollt zu sein. Und Menschen wie Oeffler und Niemöller fehlen.    

Andrea Drescher: Du hast Niemöller persönlich kennengelernt?

Fee Strieffler: Ich hatte das Glück, ihn mehrmals treffen zu dürfen. Neben anderen Persönlichkeiten war er einer der Redner bei der ersten großen überregionalen Friedens-Demo im Zusammenhang mit dem NATO-Doppelbeschluss in Kaiserslautern, der Internationalen Manifestation für den Frieden, 1980. Bei einem der Vorgespräche in Wiesbaden, zu dem mich Hans-Joachim Oeffler mitnahm, sagte Martin Niemöller, ich sei eine mutige junge Frau. Er  gehört zu meinen Vorbildern. Neben dem bekannten Zitat, „Als die Nazis die Kommunisten holten…“, das aus einem Gespräch mit Pfarrer Oeffler stammt, hat mich sein Lebensmotto „Was würde Jesus dazu sagen?“ sehr beeindruckt, obwohl ich Agnostikerin bin. Es schadet auch nicht, öfters mal innezuhalten und sich die Frage zu stellen. Leider hat sich seit damals viel verändert.

Andrea Drescher: Sind die Unterschiede zu heute sehr groß?

Fee Strieffler: Oh ja. Damals gab es eine richtig große Friedensbewegung in Rheinland-Pfalz, die von der Pfalz über den Hunsrück bis in die Eifel reichte. Überall, wo es Standorte der USA und der NATO gab, war in Rheinland Pfalz richtig was los. Man arbeitete zusammen, ordnete sich dem gemeinsamen Ziel „Keine neuen Atomraketen“ unter, bildete breite Bündnisse. Heute gibt es viele kleine Grüppchen, die sich abschotten, und das Agieren in die Breite fehlt. Es gibt kaum noch Infostände, kaum Information auf der Straße. Wenn sich Friedensinitiativen  z.B. in Parteibüros treffen, statt an öffentlich zugänglichen Orten, fühlen sich viele ausgeschlossen. Die Friedensbewegung ist zersplittert, zerstritten, und man schreckt nicht vor Diffamierung zurück. Es drängt sich der Eindruck auf, dass von interessierter Seite bewusst Misstrauen gestreut wird. Wie so was funktioniert und welche Folgen das hat, hat man beim Ramsteiner Appell gesehen.

Andrea Drescher: Was ist da passiert?

Fee Strieffler: Der Ramsteiner Appell ging im Mai 2006 fulminant los. Bei den ersten Treffen waren 25 und mehr Menschen dabei, nach vier Wochen hatten mehrere 1000 Menschen unterschrieben. Man hatte den Eindruck, es gibt eine Lawine, die weit über die Region hinausgeht. Dann wurde auf einer NPD-nahen Website dazu aufgefordert, den Appell zu unterschreiben. So entstand das bewusst gestreute Gerücht, der Ramsteiner Appell sei rechts unterwandert. Dass mein Mann als DKP-Mitglied jahrelang von einem Berufsverbot bedroht war – und ich auch Schwierigkeiten hatte – spielte keine Rolle dabei. So arbeiten die Spalter jedes Mal. So wurden auch die Montagsmahnwachen zerstört. Es ist immer das gleiche Prinzip. Bis zur Wende war der Vorwurf „DKP-unterwandert“ oder „kommunistisch infiltriert“, heute lautet er „rechts“ oder „rechtsoffen“.

Andrea Drescher: Du machst aber trotzdem weiter?

Fee Strieffler: Natürlich. Über Jahre habe ich die Klage meines Mannes Wolfgang Jung gegen die verfassungs- und völkerrechtswidrige Nutzung der US-Airbase Ramstein für den Drohnenkrieg unterstützt. Durch das Verfahren, das bis vor das Bundesverwaltungsgericht ging, ist es uns gelungen – und da bin ich stolz drauf, dass ich mithelfen konnte – dieses Morden aus dem Hinterhalt an die Öffentlichkeit zu bringen. Der Prozess hat wesentlich dazu beigetragen, dass Medien darüber berichtet haben.

Wolfgang und ich geben gemeinsam die Luftpost http://luftpost-kl.de/ heraus. Darin verbreiteten wir übersetzte Originalquellen, die sich meist auf die US-Militär-Politik beziehen. Wer sich informiert, kann wissen, was passiert. Man muss nur die vielfältigen Informationsmöglichkeiten nutzen. Auch vor 1933 stand das meiste in der Zeitung, was dann kam – auch damals konnte man es wissen. Es wird alles berichtet, man muss es nur wissen wollen. Alles andere sind billige Ausreden, um vor sich selbst eine Entschuldigung für die eigene Passivität zu haben.

Da ich ein kommunikativer Mensch bin und leicht mit anderen ins Gespräch komme, versuche ich auch Menschen und Gruppen zu vernetzen, pflege Kontakte zu linken Abgeordneten und versuche Menschen durch traditionelle Bündnisarbeit zusammenzubringen – z.B. zu den Veranstaltungen der Kampagne Stopp Air Base Ramstein. Ich engagiere mich für die Themen, die mir wichtig sind –   auch durch die Verbreitung wichtiger Informationen im Internet. Was mich traurig macht, ist die Tatsache, dass es immer schwieriger wird, Menschen zu finden, mit denen man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann.

Andrea Drescher: Warum ist das so?

Fee Strieffler: Man muss sich darüber im klaren sein, dass die Bundesrepublik eine Schlüsselrolle in den strategischen Überlegungen der USA und der NATO spielt. In keinem anderen Land sind so viele ausländische Truppen stationiert. Jeder größere Protest dagegen wird schon im Ansatz behindert. Wie in den 80-er Jahren sind auch heute überall Spitzel zugange. Mittlerweile werden wichtige Positionen in den Initiativen und Organisationen von Anfang an mit den „richtigen Leuten“  besetzt, die dafür sorgen, dass nichts aus dem Ruder läuft. Es werden sogar Bewegungen gekapert. Ein Beispiel: Die Veranstaltung „We are 99%“ 2011 wurde durch Blockupy abgelöst und ab 2012 zunehmend mit der sogenannten „Antifa“ und anderen aggressiven Typen durchsetzt. Darauf hin blieben viele bürgerliche Teilnehmer weg, da sie sich nicht zusammenschlagen lassen wollen. Ich bin überzeugt, dass die Pegida als Gegengewicht zu den Mahnwachen gezielt aufgebaut wurde. Da  stellt sich immer die Frage: Wem nutzt es? Alles, was passiert, nutzt irgendwem, und wir, die normalen Menschen, haben den Schaden. Trotz alledem – wir müssen uns wehren.

Andrea Drescher: Ist das nicht sehr belastend?

Fee Strieffler: Ja, seit 1979 war nicht nur die emotionale Belastung sehr hoch. In meiner Familie z.B. war ich das „schwarze Schaf“.  Bei Wolfgangs Berufsverbotsverfahren, das 5 Jahre dauerte, hat uns hauptsächlich die Solidarität von wildfremden Leuten aus fast ganz Europa getragen. Ich fand in der Zeit keine feste Anstellung, wurde nicht verbeamtet, bekam immer nur Zeitverträge, wobei mir nahe gelegt wurde, mich von meinem Partner zu trennen. Es hieß: „Wenn Sie sich heute Mittag von diesem Mann trennen, bekommen Sie morgen eine Planstelle“. Alles das zehrt natürlich an den Nerven. Der „aufrechte Gang“ erfordert viel Kraft und Durchhaltevermögen, und es hilft sehr,  wenn andere Menschen auf einen zukommen und sagen: Wir schätzen, was Ihr tut. – Es wäre gut, wenn all diese Leute auch mitmachen würden.  

Andrea Drescher: Also gilt für Euch: Aufgeben tut man einen Brief?

Fee Strieffler: Richtig. Bange machen gilt nicht. Solange die Kraft reicht, mache ich zusammen mit Wolfgang weiter.

Andrea Drescher: Danke dafür, liebe Fee! Euch beiden!